Honda: Wird es überhaupt eine neue RC213V geben?
Zu Beginn der MotoGP-Saison 2024 waren alle vier Honda-Piloten im sportlichen Nirgendwo unterwegs. Stürze, Erfolglosigkeit und schockierende Zeitrückstände hatten den Weg der RC213V-Piloten gekennzeichnet.
Trotz massiven Einsatzes an der Entwicklungsfront – Tester und Wildcard-Fahrer Stefan Bradl als auch die Stammpiloten spulten etliche Privattests mit unzähligen neuen Einzelkomponenten ab – um der Ergebniskrise 2024 zu entkommen, war es bereits zu spät. Als die technischen Neuerungen ab dem Spätsommer in Misano erstmals auch eine klare Verbesserung auf der Stoppuhr brachten, gelang es aber nur einem Piloten, diese auch im Wettbewerb zu nutzen.
LCR-Pilot Johann Zarco, der wie Marini erst 2024 zu Honda gestoßen war, schaffte es mehrfach ins Q2 und erstmals auch im Rennen in die Top-10. Ergebnisse, über die man bei Honda noch vor nicht allzu langer Zeit geschmunzelt hätte.
Zarco, dessen Zeitabstände zur Ducati-Spitze nun statt 2,5 Sekunden nur noch rund 0,5 bis 0,8 Sekunden betrugen, hatte damit auf seine Art den Entwicklungsschritt bestätigt. Mehrfach attestierte Zarco die Fortschritte bei Motor und Aerodynamik und forderte als letztes Kapitel mehr Traktion über das Fahrgestell.
Die Worte des Franzosen haben offensichtlich mehr Gewicht, als die weniger konstruktiven Klagelieder der Besetzung Mir/Marini. Die Fahrer des offiziellen Werksteams riefen bis heute vergebens nach einem radikalen Neuansatz.
Auch der japanischen Mentalität entsprechend wurden und werden die immensen Energien auf sehr sehr viele Einzelschritte verwendet. Addiert man die Adaptionen der letzten Monate, so entstand nicht nur ein völlig neuer MotoGP-Prototyp.
Dass Honda keine ganzheitlich neue Version der RC213V mehr bringen wird, darauf deuten auch die Aussagen von Alberto Puig hin. Der Teammanager der offiziellen HRC-Mannschaft sagte dazu gegenüber spanischen Medien: «Ich weiß es wirklich noch nicht. Es ist schwierig, sich dazu jetzt zu äußern. Wir werden es wahrscheinlich nächstes Jahr in Thailand beim Abschlusstest sehen.»
Alberto Puig reduziert die Aufgabe auf das Wesentlichste: «Ich möchte, dass wir den Abstand in der ersten Hälfte der neuen Saison weiter verringern, und dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Das Gute am Rennsport ist, dass er mathematisch ist. Man kann den wirklichen Unterschied mit einer Stoppuhr sehen.»
Nicht nur Alberto Puig, auch der frisch als neuer Cheftechniker der Rennabteilung für den japanischen Veteranen Ken Kawauchi eingewechselte Romano Albesiano wird sich der Honda-Philosophie fügen müssen. Das Wissen des Italieners wird sicher mit in die RC213V eingearbeitet werden – doch auch weiterhin nur in vielen kleinen Einzelschritten.
Damit ist auch klar, dass Stefan Bradl und Taka Nakagami Mittwoch und Donnerstag in Malaysia mit einer modifizierten, nicht aber revolutionären Honda ausrückten.
Was Johann Zarco bereits erkannt hat, müssen wohl alle Honda-Piloten als Arbeitsgrundlage akzeptieren. Doch auch das ändert immer noch nichts an dem aktuell bestehenden Rückstand. Erst wenn ein RC213V-Pilot über Platz 1 und nicht über Position 8 jubelt, ist der Entwicklungsplan auch aufgegangen.