KTM-Technik-Chef Sebastian Risse: Effizienz steigern!
Im Sommer 2024 entschied sich KTM innerhalb der MotoGP-Rennabteilung für eine neue Organisation im Bereich «Technik». Seit dem Weggang von Fabiano Sterlacchini (der nun bei Aprilia die RS-GP voranbringen soll) ist die Entwicklungsleitung wieder allein in deutschsprachiger Hand. In Munderfing teilen sich Motorenchef Kurt Trieb und Chassis-Spezialist Wolfgang Felber die Verantwortung – auf der Rennstrecke gibt Ingenieur Sebastian Risse die Richtung vor.
In Sepang stand der Technik-Chef der MotoGP-Mannschaft SPEEDWEEK.com für ein Vieraugengespräch zur Verfügung.
Sebastian, 2024 war KTM nahezu bei jedem Event in Sachen Topspeed vorne. Habt ihr in diesem Bereich die gleichen Prioritäten gesetzt?
Sebastian Risse: «Auf der einen Seite gilt nach wie vor: Power kann man nie genug haben, außer sie erzeugt Probleme. Wichtig ist zu wissen: Der hohe Speed kommt auch durch die Maßnahmen bei der Aerodynamik zustande. Ich denke, wir haben speziell in der ersten Saisonhälfte 2024 einen sehr guten Job gemacht und, konnten hier richtig gute Downforce generieren. Es ist ein großer Vorteil, wenn man die Wheelie-Tendenz früh unterdrückt und die Beschleunigung maximal effektiv gestaltet und bis zum Ende der Geraden ausbaut. Wir haben uns dann entschlossen, die Charakteristik zur Weiterentwicklung anzupassen, und haben die Spitzenleitung zugunsten von mehr Drehmoment und einer besseren Fahrbarkeit leicht zurückgenommen. Was uns in der Praxis aber nicht wehgetan hat.»
Und der Schwerpunkt für die neue Saison?
Wir haben in beiden Bereichen über den Winter etwas getan – und auch etwas erreicht. An der Kernphilosophie haben wir aber festgehalten. Der Motor hat einige kleine Änderungen erfahren. Wir haben uns aber auch alle anderen Bereiche angeschaut. Chassis, Aerodynamik und auch die Ergonomie. Nur alle Disziplinen gemeinsam können die Effizienz des Motorrads steigern.
2024 hatten die Piloten den Wunsch geäußert, dass die RC16 wieder stärker eine herausragende Qualität entwickelt …
Der Punkt ist: Das hängt alles in letzter Konsequenz von den Reifen ab. Man ist immer ein Spielball der Reifenentwicklung und man muss anerkennen, dass Ducati die signifikanten Veränderungen der neuen Reifen zur Saison 2024 am besten für sich genutzt hat.
2025 geht es nun aber mit den identischen Reifentypen weiter?
Das ist korrekt. Alle Hersteller sind weiterhin damit beschäftigt, ihre Bikes am besten auf die jetzige Generation anzupassen. Früher oder später können alle aufschließen und es ist möglich, dass sich das Feld in diesem Punkt noch stärker zusammenschiebt.
Stichwort Aerodynamik. Was gibt es für 2025 zu berichten?
Tatsache ist, insgesamt hat die Arbeit in diesem Bereich stark zugenommen. Die Aerodynamik verschiebt aber nicht die Grenzen der Physik – sie schaltet sich aber in die Fahrzustände ein. Eine gute Aerodynamik ist mit dafür verantwortlich, wie schnell man am Bremspunkt ankommt – und entscheidet mit, wie spät man bremsen kann. Das gilt sowohl für den Kontakt des Hinterrads am Asphalt als auch in der Rollphase in die Kurve hinein. Da geht es vor allem darum, den Vorderreifen nicht zu sehr zu überfordern. Man kann sagen, für alle Aero-Maßnahmen, die man für mehr Beschleunigung einsetzt, bekommt man auf der Bremse die Quittung. Und es geht darum, das gegeneinander abzuwägen. An dieser Steigerung der Effizienz haben wir viel gearbeitet.
Zum Test in Sepang: Beim GP 2024 in Malaysia sind Brad Binder und Jack Miller zu Beginn des Rennens gestürzt. Fehlen euch nun Daten?
Nein. Das ist kein großes Problem. Für die Entwicklung ist es nicht so sehr entscheidend, wer uns Daten liefert. Pedro hatte ein gutes Rennen gefahren und entsprechende Daten geliefert. Wir haben auch eine solide Historie, was Sepang betrifft.
Gab es in der Technik-Mannschaft zur neuen Saison organisatorische Änderungen ?
Massive Veränderungen gab es gar nicht. Alle Kernaufgaben sind unverändert. Wir haben lediglich in unserem Analyseteam einige Mitarbeiter zwischen Werk und Rennteam durchgetauscht. Das ist aber ein normaler Weg, denn es ist in diesem Bereich wichtig, beide Seiten zu kennen.