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Ben Spies: «Nicht jede verrückte Story glauben»

Von Oliver Feldtweg
Pramac-Ducati-Pilot Ben Spies macht seit fast einem Jahr nur durch Verletzungen von sich reden. Er wird 2013 kein Rennen mehr fahren.

Ben Spies, der Superbike-Weltmeister von 2009 (auf Yamaha), sass in dieser Saison noch keine zehn Stunden auf seiner Pramac-Ducati. Er wird für die letzten fünf Rennen vom Kolumbianer Yonny Hernandez ersetzt, weil sein Comebackversuch in Indy kläglich gescheitert ist.

Spies hatte sich beim Sepang-GP im Oktober 2012 an der rechten Schulter verletzt; beim Texas-GP 2013 klagte er über Schmerzen im Brustkorb. Jetzt spricht der Texaner über seine Genesung und seinen endlosen Frust. Und er nimmt zu ein paar üblen Gerüchten Stellung.

Ben, wie fühlst du dich gesundheitlich?

Es geht mir um einiges besser. Indy war ziemlich schmerzvoll. Ich kann gar nicht beschreiben, wie hart diese letzten neun Monate für mich waren. Es war auch für viele andere Menschen frustrierend. Für Ducati, für die Fans, und so weiter. Ich will kein Mitleid erwecken. Aber es wird wohl keiner verstehen, wie frustrierend diese Angelegenheit für mich als Fahrer ist.
Aber das gehört zum Geschäft. Ich habe mich gut gefühlt, als ich in Indy erstmals seit Mugello wieder auf das Motorrad gestiegen bin. Endlich konnte ich das Motorrad mit 100-prozentigem Einsatz fahren. Aber ich kenne das Motorrad immer noch nicht. Als ich im Frühjahr gefahren bin, war ich nicht richtig fit, deshalb verstand ich das Bike nicht zur Gänze.
Es ist in Indy gut gelaufen. Ein einzelner blöder Fehler hat alles zunichte gemacht. Ich bin wieder auf die Schulter gefallen. Der Crash war langsam, aber der Aufprall war hart. Diese «Separation» war schmerzhaft.

Was ging dir durch den Kopf, als du nach dem Crash weggegangen bist?

Ich wusste sofort, dass in meiner linken Schulter etwas kaputt gegangen war. Zuerst dachte ich, das Schlüsselbein sei gebrochen. Aber dann habe ich unter mein Leder gegriffen und gespürt, dass es schlimmer war. Viele Leute meinen heute noch, es habe sich um eine Luxation gehandelt, dass die Schulter ausgerenkt gewesen sei. Aber es war eine «separation», also eine Abspaltung – im fünften Grad. Schlimmer kann es nicht sein. Ich hatte schon Abspaltung im zweiten und dritten Grad an meiner rechten Schulter, vor langer Zeit, das hat mich nicht am Rennfahren gehindert. Aber beim fünften Grad ist nichts mehr zu machen. Da muss man operiert werden.
Was mir damals nach dem Crash alles durch den Kopf ging? Ich war niedergeschlagen. Das war ziemlich schwierig hinzunehmen.

Du kannst momentan nicht trainieren?

Nein, gar nicht. Ich kann mich auf den Ergometer setzen, das ist alles. Als ich in Indy im Medical Centre sass, das war schwer zu ertragen.
Mein Doktor in Dallas ist der Arzt der Dallas Cowboys. Er war gerade bei einem Spiel der National Football League. Aber wir haben sofort telefoniert.

Was tust du jetzt daheim?

Ich verlasse das Haus kaum. Wir haben alle Rennen im Fernsehen verfolgt, von Moto3 über Moto2 bis MotoGP. Ich vertreibe mir die Zeit. Ich schaue mir viele Filme im Fernsehen an.

Wie gefällt dir der Kampf an der Spitze in der MotoGP-WM?

Grossartig. Jorge ist in Silverstone und Misano ausgezeichnet gefahren. Dadurch sind seine WM-Chancen wieder zum Leben erweckt worden. In England hat er in der Zielkurve viel riskiert – und es hat geklappt.
Auch Márqez ist fantastisch unterwegs. Man sieht, er hat eine riesige Menge Talent. Er könnte die Weltmeisterschaft gleich im ersten Jahr gewinnen. Aber Jorge holt auf... Marc macht manchmal Fehler. Aber sie passieren meistens in den Trainings. In den 13 Rennen hat er erst einen Nuller – Sturz in Mugello.
Jetzt wird es spannend. Wenn Jorge weiter so perfekte Leistungen zeigt, könnte es bis zum letzten Rennen offen bleiben. Und wenn Marc einen Fehler in einem Rennen macht, ist wieder alles offen. Dann sind die 34 Punkte Vorsprung rasch verspielt.
Marc macht in den Trainings oft Fehler, er ist also am Limit. Und Jorge weiss das. Wenn Marc aus seinen Fehlern lernt, werden alle andern keine Chance haben. Er sorgt auf jeden Fall für Aufregung.
In Misano haben wir eine Glanzleistung von Jorge gesehen. Er liess den Gegnern keine Chance.

Regst du dich beim Zuschauen auf? Oder ärgerst du dich, weil du nicht dabei sein kannst?

Wenn ich an einem Sonntagmorgen erwache, mache ich mir einen Kaffee und drehe den Fernseher auf. Ich finde die Rennen aufregend, Silverstone war ein Knaller. Ich schaue gern zu. Aber natürlich wäre ich lieber selber dabei.

Wie sehen deine Pläne für 2014 aus?

Zuerst will ich zu 100 Prozent fit werden. Das wird eine Zeit dauern. Demnächst wird meine Reha beginnen. Ich rede regelmässig mit Ducati und dem Team. Ich weiss, was getestet wird und so weiter.

Yonny Hernandez sitzt jetzt auf deinem Motorrad?

Ich wünsche ihm alles Gute. Eine grosse Chance für ihn. Leider auf meine Kosten. Ich warte ab. Ich weiss nicht, wann ich wieder fahren kann. Der Arzt kann mir noch keinen Termin sagen. Ich würde gerne beim Finale in Valencia fahren. Oder zumindest den 3-Tage-Test unmittelbar danach. Oder einen anderen Test im November. Aber das könnte schwierig werden.Wenn ich 2013 nicht mehr fahre, werde ich wenigstens 2014 richtig fit sein.

Es gibt Gerüchte, dass dich Pramac trotz deines 2-Jahres-Vertrags mit Ducati loswerden will?

Mein Verhältnis mit Ducati ist grossartig. Was ich gelesen habe, stimmt nicht. Man darf nicht jede verrückte Story glauben. Und wie gesagt, ich habe keine Luxation, es ist viel schlimmer.

Deine Hoffnungen für 2014?

Ich will einfach wieder 100-prozentig fit sein und dort hinkommen, wo ich hin will. Ich war seit Oktober 2012 nie mehr richtig einsatzfähig. Wenn uns das gelingt, dann weiss ich, wozu ich fähig bin. Das Team weiss das auch. Ich habe in Indy bis zum Sturz eine anständige Leistung gebracht. Aber in diesem Jahr ist alles schiefgelaufen.
Bevor ich mir ein Ziel für 2014 setze, muss ich fit werden. Dann haben wir ausreichend Zeit, um auf das Motorrad zurückzukehren und über neue Ziele nachzudenken.

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