Stefan Bradl: Fährt er so lange wie Valentino Rossi?
Stefan Bradl auf der LCR-Honda
Die Eintönigkeit ist aus der MotoGP-WM verschwunden. Bei den letzten sechs Rennen sahen wir mit Pedrosa, Márquez, Rossi und Lorenzo vier verschiedene Sieger.
Marc Márquez, der die ersten zehn Rennen in dieser Saison in unnachahmlicher Manier gewann, hat in den letzten vier Rennen drei stürzte fabriziert. Und Yamaha hat in Misano und Phillip Island mit Rossi gewonnen, in Aragón und Motegi mit Lorenzo.
Die beiden Yamaha-Stars haben gute Aussichten, Dani Pedrosa bis zum Saisonschluss auf dem vierten WM-Rang zu verdrängen.
SPEEDWEEK.com hat sich mit Stefan Bradl über die aktuelle Situation in der Königsklasse unterhalten.
Stefan, Marc Márquez hat zuletzt einige Male gepatzt.
Ja, es ist jetzt Gott sei Dank nicht der Fall eingetreten, dass er jedes Rennen gewinnt. Das wäre dann schon ausserirdisch gewesen.
Mittlerweise hat er den Titelgewinn sichergestellt. Er fährt jetzt ein bisschen anders auf als vor dem Titelgewinn, was durchaus nachvollziehbar ist. Aber von der Grundschnelligkeit ist er immer dabei.
Vielleicht stimmt es, dass er sich in Australien ein bisschen mit einer neuen Renntaktik beschäftigt hat. Ich verstehe seinen Sturz trotzdem nicht.
Freilich, es war ein kurioses Rennen mit diesen vielen Stürzen. Aber man sieht, dass auch Márquez nicht fehlerlos ist.
Was bedeutet das für 2015? Können Rossi und Lorenzo die Honda-Truppe unter Druck setzen? Lorenzo hatte in diesem Jahr beim ersten Test 7 kg Übergewicht. Das wird ihm kein zweites Mal passieren?
Es war so, dass die Repsol-Werks-Honda am Jahresanfang einen Ticken besser waren als die Yamaha. Yamaha hat jetzt aufgeholt. Das sieht man auch auf den Top-Speed-Listen.
Ich denke, dass sich Yamaha ziemlich angestrengt haben, die Fahrer auch.
Wenn man die letzten Rennen als Basis nimmt, wird Marc Márquez 2015 nicht mehr als haushoher Favorit in die Saison starten?
Das weiss ich nicht. Man muss abwarten, wie die Teams beim ersten Test in die Saison starten und wie gross dann der Unterschied zwischen Honda, Yamaha und Ducati ist.
Was sagst du zu Evergreen Valentino Rossi? Er fährt seit 1996 in der WM, nächstes Jahr bestreitet er seine 20. GP-Saison. Und er ist motiviert wie am ersten Tag?
Ja, er hat so einen Hunger nach Siegen, man sieht, wie er sich nach einem Erfolg wie auf Phillip Island freuen kann, wie emotional er immer noch ist. Für ihn ist MotoGP immer noch eine absolute Leidenschaft. Er hat sehr grossen Biss. Das ist schon faszinierend.
Du wirst im November 25 Jahre alt. Kannst du dir vorstellen, in der MotoGP-Klasse noch mit 35 Jahren mitzufahren?
Das Problem ist, dass mein prozentualer Siegananteil im Vergleich zu Valentino verschwindend gering ist. Rossi hat bei 310 Grand Prix 107 Siege errungen. Er hat also jedes dritte Rennen gewonnen, trotz der beiden erfolglosen Ducati-Jahre, die seine Bilanz verschlechtert haben.
So eine Bilanz kann ich nicht annähernd vorweisen. Aber wenn ich die Aussicht, habe, wieder erfolgreicher zu sein als jetzt, ist es sicher leichter, in diesem Geschäft zu bleiben.
Das ist kein Geheimnis.