Valentino Rossi (Yamaha). «Besser kanns nicht werden»
Sieger Valentino Rossi
Als Casey Stoner im Jahr 2012 beim Le-Mans-GP seinen Rücktritt per Saisonende ankündigte, betonte Repsol-Honda-Teamprinzipal Livio Suppo, Valentino Rossi gehöre nicht zu den Kandidaten für die Stoner-Nachfolge.
«Denn die Nachfolgerin der Schauspielerin Sharon Stone ist nicht Sharon Stone», meinte der Italiener damals.
Klar, Honda suchte einen jüngeren Siegfahrer und fand ihn mit Moto2-Weltmeister Marc Márquez.
Aber Rossi ist immer noch Weltklasse, wie der Vizeweltmeister von 2014 und 2015 mit der Pole-Position und dem unantastbaren Sieg in Jerez unter Beweis stellte, in seiner 21. GP-Saison!
Rossi zeigte sich vergnügt, er polierte mit dem weissen Handtuch seinen Pokal, bevor er den Journalisten Red und Antwort stand.
Den neben ihm sitzenden Marc Márquez schenkte er absolut keine Beachtung, der Spanier hat für ihn aufgehört zu existieren.
Der Jerez-GP 2016 liess für den Movistar-Yamaha-Werkspiloten keine Wünsche offen. Es war ein perfektes Wochenende für den jetzt 113-fachen GP-Sieger.
«Man kann nichts Besseres erwarten», freute sich Valentino. «Wir haben schon am Freitag hier stark begonnen. Ich fühlte mich gut mit dem Motorrad. Ich war gestern in zwei Trainings an erster Stelle, besonders wichtig war natürlich die Pole-Position. Das war grossartig. Aber das allerbeste Ende kam heute. Ich habe von Anfang an einen hohen Speed gehabt. Als ich auf dem Startplatz stand, wusste ich, dass ich eine gute Pace haben kann. Aber das Rennen ist immer schwer einzuschätzen... Mein Mechaniker Brent sagte am Grid zu mir: 'Du musst versuchen, von der ersten bis zur letzten Kurve vorne zu sein.' Da dachte ich: 'Vielleicht ist das eine gute Idee. Ich werde es probieren.'»
«Mir ist ein guter Start gelungen», schilderte der neunfache Weltmeister. «Ich habe mich von Beginn an auf dem Bike wohl gefühlt, ich hatte guten Grip. Dann habe ich plötzlich gehört, dass die Motorgeräusche meines Verfolgers etwas leiser werden. Da dachte ich, anscheinend habe ich den Vorsprung vergrössert, ich muss weiter pushen. Bald habe ich kapiert, dass ich von Runde zu Runde weiter wegkomme. Das war das beste Feeling, das man sich vorstellen kann.»
Valentino Rossi berichtete von sehr starkem Wheelspin auf den Geraden. «Das war ein sehr merkwürdiger Zustand. Ich habe das gestern schon im Training gespürt, aber heute war es stärker. In den letzten zehn, zwölf Runden war das Spinning sehr arg, besonders auf den Geraden. Das machte mir Sorgen, also habe ich das Gas etwas zugedreht. Ich hatte Angst, dass der Hinterreifen überhitzt und mich dann mit Vibrationen zu nerven beginnt. Ich bin also mit Halbgas über die Geraden getuckert, um den Wheelspin zu limitieren. Ich habe tatsächlich das Tempo reduziert. Aber das Gute war, dass das Motorrad und die Reifen in den Kurven gut funktioniert haben. Ich konnte also Zeiten um 1:40,8 und 1:40,9 min fahren. Und ich habe erkannt, dass diese Performance reicht, um auf Platz 1 zu bleiben.»
Rossi gelang ein grossartiger Start, dann wurde er trotzdem von Lorenzo heftig attackiert. Rossi: «Ja, der Start und die ersten Kurven waren fantastisch, eigentlich die gesamte erste Runde. Ich habe sofort einen kleinen Vorteil gespürt. Aber in der zweiten Runde war ich nicht perfekt, da bin ich nur 1:40,6 min gefahren. Denn ich hatte nicht genug Vertrauen in meine Situation. Deshalb hat mich Lorenzo überholt. Aber ich wusste, dass ich eine gute Pace habe. Deshalb habe ich gekontert und mir Platz 1 zurückgeholt. Nachher bin ich davon gefahren.»
Rossi macht in Jerez neun Punkte auf WM-Leader Marc Márquez wett. «Es ist eine Schande, dass ich in Austin gestürzt bin. Das war ein Fehler. Ich hätte dort viele Punkte mitnehmen können. Durch diesen Nuller sieht es in der Meisterschaft nicht so rosig aus. Ich werde mich deshalb einfach von einem Rennen auf das nächste konzentrieren und versuchen, an jedem Rennsonntag stark zu sein. Ich werde alles tun, um auch in Le Mans konkurrenzfähig zu sein.»
«Le Mans ist eine Yamaha-Strecke, der Circuit gefällt mir. Aber dieser Erfolg heute in Jerez war bedeutungsvoll. Denn normalerweise ist es so: Wenn du in Jerez erfolgreich bist, bist auch auf den restlichen Strecken in Europa schnell. Jerez ist ein wichtiger Gradmesser. Wir kennen jetzt unseren Level. Manchmal bewahrheitet sich, dass der Jerez-Sieger auch weiterhin stark ist. Aber eine Garantie gibt es nicht. Ich mag Le Mans. Die Piste passt zur M1. Doch die Wetterverhältnisse können uns dort jederzeit einen Streich spielen. Wir müssen dort einfach von Freitag weg wieder so gut arbeiten wie hier.»
Übrigens: Es war das erste Mal in Rossis Karriere in der Königsklasse, dass er von der ersten bis zur letzten Runde immmer vorne lag. Es war Rossis 274. Grand Prix in der Königsklasse. Es ist nie zu spät, noch ein bisschen dazu zu lernen.
Rossi ist auf dem besten Weg, sein eigener Nachfolger zu werden.