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MV Agusta verzweifelt: Es braucht neue Balance-Regel

Von Ivo Schützbach
Das Balance-System in der Superbike-WM regelt nur das Kräfteverhältnis zwischen den Ducati-Twins und den Vierzylindern. Weil nur Kawasaki und Ducati gewinnen, verlangen die anderen Hersteller Änderungen.

Seit 2016 sehen wir in der Superbike-WM ein eintöniges Bild aus Grün und Rot an der Spitze. Vergangene Saison holten Kawasaki und Ducati von 78 Podestplätzen 66! Zehn eroberte Honda, einen jeweils Yamaha und Aprilia.

Honda-Star Nicky Hayden sorgte für den einzigen Sieg, der nicht an Kawasaki oder Ducati ging. Das aber auch nur, weil es in Sepang regnete. Ohne Regen wäre Alex De Angelis für Aprilia auch nicht der fabelhafte zweite Platz auf dem Lausitzring gelungen.

Die monotone Bilanz 2017, bisher gab es kein Regenrennen: Alle bisherigen 30 Podestplätze gingen an die Kawasaki- und Ducati-Werksfahrer Jonathan Rea, Tom Sykes, Chaz Davies und Marco Melandri.

Yamaha, Aprilia und Honda mit der neuen Fireblade sind noch nicht soweit, um an der Spitze mitzuhalten. Für BMW und MV Agusta stellen fünfte Plätze unter normalen Verhältnissen das Maximum dar.

Camier: «Die Regeln müssen kleineren Teams helfen»

Beim letzten WM-Event in Imola machten erstmals diverse Teamchefs und Fahrer ihrem Ärger Luft.

«Kawasaki und Ducati haben ein komplettes Paket, die Teams wissen genau, was sie mit ihren Motorrädern zu tun haben», hielt der einzige MV-Agusta-Pilot im Feld fest, Leon Camier. «Der Unterschied ist massiv – in Imola waren sie eine Sekunde pro Runde vor dem Rest. Das ist lächerlich. Vor allem auf einer Strecke wie Imola, wo es wirklich schwierig ist, weit voraus zu sein.»

Könntest du auf einem dieser Motorräder dasselbe leisten, fragte SPEEDWEEK.com. «Sofort, ja», ist der Engländer überzeugt. «Das sind große Worte, aber ich glaube, dass ich sehr schnell auf dem gleichen Level kämpfen würde. Melandri kam zurück und ist dabei.»

Camier macht das technische Reglement für die Überlegenheit von Kawasaki und Ducati verantwortlich, es wurde die letzten Jahre immer seriennaher. Die Teams dürfen an ihren Maschinen kaum noch etwas ändern – wer im Hintertreffen ist, wird dort auch eine Weile bleiben. Selbst große Hersteller und Teams wie Yamaha und Honda müssen das schmerzlich erfahren.

«Die Regeln in der Superbike-WM verbieten uns, viele Änderungen am Motorrad vorzunehmen», unterstreicht Camier. «Wir haben kaum Möglichkeiten, unser altes Bike zu verbessern. Gleichzeitig bringen Kawasaki und Ducati rennfertige Maschinen auf den Markt. Mit dem was wir haben, erledigen wir einen außerordentlich guten Job. Das hilft uns aber nicht dabei, die Lücke zu schließen. Die Regeln müssen sich so ändern, dass sie Teams wie uns helfen. Imola oder Donington sind gute Strecken für uns. Mit etwas Hilfe könnten wir vielleicht um Podestplätze kämpfen, die Regeln erlauben uns das aber nicht. Sie helfen Teams mit weniger Budget und Ressourcen nicht. Es muss etwas passieren, es braucht eine Balance-Regel zwischen den Herstellern. Es ist nicht gut, wenn ständig eine Kawasaki oder Ducati gewinnt. Wobei, es sind Chaz Davies und Jonathan Rea, die gewinnen. Aber ohne diese zwei würden Sykes und Melandri die Rennen gewinnen.»

Camier weiter: «Yamaha hat einen ordentlichen Schritt gemacht, aber sie sind nicht auf dem Level von Kawasaki und Ducati. In Imola konnte ich um Platz 6 kämpfen, auf anderen Strecken sind wir nirgends. BMW und Honda geht es gleich. Was MV Agusta mit den vorhandenen Ressourcen leistet, ist erstaunlich. Wir könnten so viel mehr erreichen, wenn wir mehr Budget hätten – und wenn es uns die Regeln erlauben würden. In Imola habe ich mich aufgeregt, weil ich hinter Fores Sechster wurde. Aber in Wirklichkeit wurde ich Zweiter, weil die zwei Kawasaki und Ducati in einer anderen Welt fahren, bis zu 1,4 sec schneller pro Runde. Es ist unmöglich, da mitzuhalten.»

Mehrere Vorschläge für neue Regeln

Vorschläge, wie eine Balance-Regel zwischen den Herstellern aussehen könnte, gibt es diverse. Einer ist, Dauersieger mit Zusatzgewichten zu bestrafen, wie es in anderen Rennserien gemacht wird.

Denkbar ist auch ein System wie in MotoGP, dort erhalten erfolglose Hersteller für Podestplätze Punkte (Concession Points). Bleiben sie unter einem definierten Maximum an Punkten, behalten sie ihre Vorteile. Diese können sein: Mehr Motoren oder mehr Testtage.

MV-Agusta-Teameigentümer Andrea Quadranti hatte eine ähnliche Idee: Er würde den erfolglosen Teams «Coins» zusprechen, virtuelle Münzen. Diese könnten dann für Entwicklungen eingesetzt werden, die jetzt laut Reglement nicht erlaubt sind. So will der Italiener erreichen, dass auch kleine Hersteller mit alten Motorrädern eine gewisse Konkurrenzfähigkeit erreichen können.

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