Kritik von Tom Sykes: «Ein Piss ins Freudenfeuer»
«Verwerft die Regel», verlangt Tom Sykes
Seit dem Beginn der Saison 2016 sehen wir überwiegend die Werksfahrer von Kawasaki und Ducati auf dem Podium. Von 48 Podestplätzen vor der Sommerpause gingen 2017 erdrückende 46 an diese beiden Hersteller.
Dabei hat WM-Vermarkter Dorna für 2017 eine geänderte Startaufstellung für das zweite Rennen am Sonntagnachmittag eingeführt; sie ist ein Mix aus dem Resultat von Rennen 1 und dem Ergebnis der Superpole. So sollten die Rennen spannender werden.
Wie sich zeigte, ändert die neue Startaufstellung aber nichts am finalen Ergebnis. Deshalb wird bereits darüber nachgedacht, die Regelung für 2018 wieder abzuschaffen. Nach den Rennen in Donington Park Ende Mai sind die Diskussionen über die Sinnhaftigkeit der neuen Regel heftig entbrannt: Weltmeister Jonathan Rea (Kawasaki) stürmte im zweiten Rennen von Startplatz 10 aus innerhalb einer Runde an die Spitze.
«Wir haben etwas anderes von diesem System erwartet – wahrscheinlich ist der Abstand der Top-Piloten zum Rest einfach zu groß», analysierte Dorna-Manager Daniel Carrera. «Wäre das nicht der Fall, würde das System einen anderen Rennverlauf ermöglichen. Wir wollten durch diese Änderung etwas anderes anbieten und zudem anderen Piloten die Gelegenheit geben, an der Spitze zu fahren. Dann würden mehr Piloten um die Weltmeisterschaft kämpfen. Wir schauen uns das zum Ende der Saison genauer an und entscheiden dann, wie wir weitermachen.»
Sykes: «Verwerft die Regel!»
Klar gegen die Regelung spricht sich der WM-Zweite Tom Sykes aus. «Es braucht keine veränderte Startaufstellung», hielt der Engländer im Gespräch mit SPEEDWEEK.com fest. «Als Profi sage ich: Verwerft die Idee. Es gibt zu viele Unfälle, einige Fahrer sind jetzt zu verbissen und übertreiben es. In der ersten Runde gibt es ein riesiges Durcheinander, insgesamt ändert sich aber nicht viel. Die veränderte Startaufstellung kreiert mehr Spannungsfelder und mehr Gefahr – so sieht es aus. Die Leute werden durch die veränderte Startaufstellung um große Kämpfe gebracht – das ist ein Piss ins Freudenfeuer. So oder so, nach einer Runde ist einer der Top-Jungs vorne. Verbessert das die Show? Ich glaube nicht. Ich meine sogar, dass es die Show zerstört.»
Sein Landsmann Leon Camier, dieses Jahr auf seiner MV Agusta mehrfach Profiteur des neuen Systems, stimmt ihm zu: «Ob ich aus der ersten oder dritten Startreihe komme, hat keine Auswirkung auf das Ergebnis. Meine Chancen erhöhen sich dadurch zwar. Aber wenn die schnellen Jungs keine Fehler machen und nicht hängen bleiben, während sie durch das Feld pflügen, das ändert sich für uns nichts. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie mich überholen.»
Max Biaggi gehört zu den Befürwortern
Auch wenn sich am Endergebnis nichts ändert, so ist doch in den ersten Runden für viel Aktion gesorgt, es gibt zahlreiche spektakuläre Überholmanöver. So schilderte das auch Max Biaggi. «Es ist spannend für all’ diejenigen, welche die Rennen verfolgen», bewertete der Superbike-Weltmeister von 2010 und 2012 die Regeländerung aus seiner Zuschauerrolle. «Für die Fahrer macht es das Rennen noch einmal schwieriger, denn wenn sie gewinnen, müssen sie von hinten starten. Das kann natürlich einige Schwierigkeiten mit sich bringen, doch sind es gute Fahrer, bewältigen sie die Situation.»