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Titelthriller in der Europameisterschaft

Von Markus Niegtsch
Positionskämpfe bis aufs Messer, ein geplatzter Motor und eine ausgekugelte Schulter waren die Zutaten für das in dieser Saison spannendste EM-Rennen. Edgardo Borella ist Europameister, seine drei Titelrivalen im Elend.

Gegen das Drehbuch zu den beiden letzten Läufen der Supermoto-EM mutete Alfred Hitchcock wie ein Anfänger an. Vier Fahrer innerhalb von sieben Punkten und das Quartett in umgekehrter Reihenfolge am Start. Mitchel-Thomas konnte wie geplant gut starten und musste nur Asseri Kingelin den Vortritt lassen. Vermeulen lag auf Platz 3, der Meisterschaftsführende Egardo Borella auf 4. Diese Vier fighteten um jeden Platz!

In jeder Runde wurde alles probiert und das Publikum war von den Sitzen gerissen. Zeitweilig lagen die vier in der virtuellen Tabelle innerhalb von drei Punkten! In Runde 7 dann das Aus für TSR-Pilot Kingelin: Mit dem Motor gingen auch seine Meisterschaftsträume in Rauch auf. «Wir hatten gestern schon Probleme am Motor. Es wurde dann das Öl gewechselt, aber anscheinend nicht das Kühlwasser! Ich habe noch extra gefragt, ob alles okay ist und es hieß ‹Ja, mach dir keine Sorgen›. Es ist zum Kotzen! Da stehst du einmal in der ersten Reihe und kannst um den Europameistertitel kämpfen und dann verreckt der Motor», macht der Finne seiner Enttäuschung Luft. Damit war das erste der «vier kleinen Negerlein» aus der Runde ausgeschieden.

Mitchel-Thomas führte inzwischen mit einem sicheren Vorsprung von über 5 Sekunden und konnte den Sieg sicher nach Hause fahren, wenn es nicht anders gekommen wäre… Drei Runden vor Schluss stürzte er in der ersten Kurve nach dem Offroad. «Ich bin recht entspannt gefahren und habe meinen Vorsprung vor den anderen verwaltet. Plötzlich ist mir in der ersten Rechts nach dem Offroad einfach das Hinterrad weggerutscht. Ich habe nicht zu viel Gas gegeben und es war ganz langsam. Ich habe die Kupplung gezogen um den Motor am Laufen zu halten. Dabei habe ich mir den Arm ausgekugelt. Als ich das Motorrad wieder aufheben wollte, ist der Arm wieder reingesprungen, aber ich habe absolut keine Kraft und Kontrolle mehr gehabt. Ich habe mir noch nie eine Schulter ausgekugelt und dachte, ich kann weiter fahren aber das hat nicht funktioniert», ist auch der Brite enttäuscht.

Und da waren es nur noch zwei kleine Negerlein. Vermeulen überholte Borella in der vorletzten Kurve und konnte somit drei wichtige Punkte gutmachen. Vor dem letzten Rennen trennte die beiden letzten verbliebenen Titelaspiranten nur noch ein einziger Punkt!

Somit war klar: Wer als Erster über die Ziellinie fuhr war Europameister.

Borella startete gewohnt gut, zeigte aber auch gleichzeitig für ihn ungewohnte Kämpfereigenschaften gegen Vermeulen. «Borella startete gut und drängte mich nach außen ab. Ich musste stark abbremsen um nicht ganz ins Aus zu schießen und habe dadurch den Anschluss an Edgardo verloren», schilderte Vermeulen den Start zu Lauf 2 aus seiner Sicht. Von Position 6 aus versuchte Vermeulen Borella noch einzuholen, aber erfolglos. Borella konnte den Sieg und damit auch den Europameistertitel erringen. «Ich bin unbeschreiblich glücklich und hätte nicht zu träumen gewagt, dass ich Europameister werde. Das ist einfach ein perfekter Tag nach einem schwierigen Wochenende», sprudelte es aus dem Italiener heraus. «Zu Beginn der Saison hätte ich nie daran gedacht. Er in den letzten zwei, drei Runden habe ich mich getraut, an den Meistertitel zu denken.»

So glücklich der neue Europameister ist, so enttäuscht ist sein Titelrivale Vermeulen. «Ich bin wirklich absolut enttäuscht und deprimiert! Ich war so nahe am Titel» erzählte der Niederländer kopfschüttelnd. «Ich muss mir überlegen, was ich nächstes Jahr mache. Eigentlich wollte ich ja S1 fahren, aber so wie ich mich momentan fühle, weiß ich nicht, ob ich nächstes Jahr überhaupt Supermoto fahren werde.»

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