Lukas Tulovic: Mit kaputten Knochen auf das Podium
Im portugiesischen Estoril, südlich der Hauptstadt Lissabon, trafen die Piloten der Moto3-Junior-WM und der Moto2-Europameisterschaft zum Auftakt der CEV-Repsol-Saison 2018 erstmals aufeinander. Lukas Tulovic geht in diesem Jahr erneut in der Moto2-EM auf Punktejagd und trat mit neuem Vertrag erstmals für das spanische Team WIMU CNS an. Für den Teenager aus Eberbach hieß es allerdings beim Saisonauftakt, ordentlich die Zähne zusammenzubeißen.
Optimal vorbereitet war Tulovic an die knapp 2000 Kilometer entfernte Rennstrecke nach Estoril gereist. Mit seinem Tech 3 Mistral 610 Moto2-Bike und seiner neuen Crew konnte sich der EM-Pilot, der im vergangenen Jahr den achten Gesamtrang belegte, bei Testfahrten bereits bestens anfreunden. Während am Freitag zum ersten freien Training auf der östlichen Seite der iberischen Halbinsel die Sonne strahlte, war im direkt am Atlantik gelegenen Estoril Regen angesagt und Tulovic kam bei den fiesen Bedingungen nicht weit.
«Es war ein Tag zum Vergessen», resümierte er anschließend. Nach einem heftigen Highsider war in Session 1 bereits früh Feierabend für den Baden-Württemberger. Mit frisch gerichtetem Bike ging es zum nächsten freien Training. Doch da machte dem 17-Jährigen die Technik einen Strich durch die Rechnung und nichts wurde es mit schnellen Runden. Die Crew des Teams WIMU CNS hatte den Motor für das Qualifying am Samstag getauscht und Tulovic hatte sein durch den Ausrutscher vom Vortag in Mitleidenschaft gezogenes rechtes Handgelenk gut gekühlt.
«In seiner Bewegungsfreiheit war Lukas durch die extreme Prellung an seiner Gashand stark eingeschränkt», erklärte sein Manager Peter Bales. Doch Tulovic ließ im Training nichts anbrennen und schloss die beiden Qualifyings als Achter ab. Nach einem erneuten Check im Medical Center und im örtlichen Krankenhaus konnte allerdings ein Bruch des Handgelenks nicht mehr ganz sicher ausgeschlossen werden. Die endgültige Diagnose musste allerdings bis Montag warten, denn Tulovic hatte am Sonntag noch zwei anstrengende Rennen über je 18 Runden vor sich.
Im ersten Lauf sah Tulovic die Zielflagge nicht. Nach einem harten und schmerzhaften Rennen, auf zum Teil noch feuchter Strecke, schied er nach 14 Runden aus. «Ich hatte es aufgrund der schwierigen Bedingungen langsam angehen lassen», erzählte er anschließend. «Wir sind ja alle auf Slicks gestartet. Ich war vorsichtig und habe auch ein paar Plätze verloren. Aber als ich meinen Rhythmus gefunden hatte, habe ich mich wieder an die Gruppe, die um den sechsten Platz gekämpft hat, vorgearbeitet.»
Als sich Tulovic an die Spitze des Pulks gesetzt hatte, hielt die Freude allerdings nicht sehr lange an. Eine kleine Lücke hatte sich vier Runden vor Schluss bereits aufgetan, als der Moto2-Pilot in der letzten Kurve weit gehen musste, auf einen nassen Fleck geriet und die Kontrolle über das Vorderrad verlor.
Bei sonnigen und endlich trockenen Bedingungen, nur noch wenige feuchte Stellen waren zu sehen, ging es für die EM-Piloten am Sonntagnachmittag ein zweites Mal in die Startaufstellung. Tulovic erwischte einen guten Start und konnte seinen achten Startplatz erfolgreich verteidigen. Doch Ausruhen war nicht angesagt, denn zur Rennmitte fand sich der Tech3-Pilot mitten in der Kampfgruppe um den dritten Platz wieder und keiner der Piloten gab auch nur einen Millimeter nach, kleinere Ausritte neben die Strecke inklusive.
Tulovic schaute sich das Treiben an, mischte trotz Schmerzen fleißig mit und übernahm fünf Runden vor dem Ziel das Kommando bei der wilden Meute. Einmal vorne, ließ sich der 17-Jährige die Butter nicht mehr vom Brot nehmen. Er nahm allen Mut und alle Kräfte zusammen, setzte sich Meter um Meter von den Verfolgern ab und belohnte sich und das Team WIMU CNS mit einem sauberen dritten Rang.
«Ich wusste, dass es bei den trockenen Bedingungen für mich und meine Hand noch schwieriger werden würde», verriet er nach der Siegerehrung. «Bis auf Platz 12 bin ich in der Anfangsphase zurückgefallen. Aber als ich meine Pace gefunden hatte, ging es vor bis Platz 7.» Vor ihm war eine wilde Vierergruppe in Sichtweite. Nach kurzem Rechnen unter dem Helm war schnell klar, da vorne ging es um einen Podestplatz.
«Ich fühlte mich echt gut», berichtet Tulovic. «Einen nach dem anderen habe ich mir geschnappt. Als ich vorne war, konnte ich sogar noch die schnellste Rennrunde fahren und mich ein Stück absetzen. «Ich bin überglücklich nach meinem ersten EM-Podium», versicherte er nach getaner Arbeit. «Danke an mein ganzes Team, wir haben über den Winter alle so hartgearbeitet und ich habe so viel trainiert. Toll, dass sich das jetzt ausgezahlt hat. Wir werden sehen, was noch geht, wenn ich wieder fit bin.»