Valentino Rossi sucht das Glück

Nachwuchs im Hause Rast: Erstmal die Freundin fragen

Von Otto Zuber
René Rast

René Rast

René Rast hat sich mit dem DTM-Titelgewinn einen lang gehegten Traum erfüllt. Im Interview lässt der Deutsche seine Stationen im Motosport Revue passieren und beschreibt seine Erlebnisse am finalen Renntag der DTM.
Nach Anfängen im Volkswagen Polo Cup, vielen Rennen in Porsche-Markenpokalen und der WEC feierten Sie nun in der DTM Ihren größten Erfolg. Wie blicken Sie zurück auf die vergangenen Jahre bis zu Ihrem jüngsten Titelgewinn?

Jedes Jahr hatte seine Berechtigung und hat mich wahrscheinlich zu einem besseren Rennfahrer gemacht. All das hat mit dazu beigetragen, dass ich nun den Titel geholt habe. Jede Serie hatte ihre eigenen Facetten: In den Markenpokalen habe ich das Sprintrennen gelernt. Bei den Langstreckenrennen, ob GT3 oder WEC, habe ich vor allem gelernt, wie wichtig es ist, eine Einheit zu bilden – nicht nur mit den anderen Fahrern, sondern vor allem mit den Ingenieuren. Bei Prototypen-Rennen habe ich für die Abstimmung eines Rennautos viel mitgenommen. Das war in den Markenpokalen in dem Umfang nicht möglich. Aber in der LMP1 oder LMP2 ist das richtige Set-up entscheidend. Ich musste mich zunächst reinfuchsen, heute profitiere ich davon auch in der DTM.

Lassen Sie uns den finalen Renntag der DTM-Saison 2017 betrachten. Nach Problemen im Training, der Unterbrechung im Qualifying und einem Schreckmoment in der ersten Rennrunde – wie haben Sie es geschafft, Ihre Konzentration aufrechtzuerhalten?

Es lief in der Tat alles andere als perfekt. Im Training fing es schon bescheiden an. Wir hatten von Samstag auf Sonntag noch Anpassungen vorgenommen. Aber das Set-up ging komplett in die falsche Richtung. Wir waren überhaupt nicht zufrieden mit dem Training und ich habe schon gedacht: „O.K., Chance vertan. Bis zum Qualifying bekommen wir das Auto nicht auf das Niveau, wie wir es brauchen.“ Aber wir haben es wieder einmal geschafft, die richtigen Schritte zu tun, um konkurrenzfähig zu sein. Die Unterbrechung hat mich nicht wirklich aus der Ruhe gebracht. Aber als mir dann im Rennen die LED-Anzeige für die Kupplung entgegenflog – das warf mich im ersten Moment schon aus der Bahn. Drei Positionen habe ich auf der ersten Runde verloren. Anstatt mich auf das Rennen konzentrieren zu können, musste ich mich zunächst mit der losen Technik beschäftigen. Denn immer, wenn ich gelenkt und gebremst habe, schwenkte das Display vor meinem Sichtfeld von links nach rechts oder wickelte sich um meine Hände und um das Lenkrad.

Fühlten Sie sich im Rennen eigentlich mehr als Verfolger oder als Gejagter?

Weiterhin als Verfolger. Ich wusste, dass ich auf dem Podium ankommen muss, um es irgendwie zu schaffen. Das war ganz klar mein Fokus. Als Mattias (Ekström) zwischenzeitlich Fünfter war, sah es zunächst nicht gut aus. Aber ich habe versucht, einen kühlen Kopf zu bewahren. Anschließend konnte ich Position um Position gutmachen und am Ende hat es tatsächlich gereicht. Aber ich habe mich zu keinem Zeitpunkt als der Gejagte gefühlt.

Ab wann haben Sie gewusst, dass Sie den Titel sicher haben?

Nach Rennende in der ersten Kurve. Erst als Mattias im Ziel war, hat mein Team über Funk gejubelt. Natürlich habe ich auch während des Rennens auf die Monitore geschaut, um zu sehen, wo Mattias, Jamie (Green) und Mike (Rockenfeller) gerade stehen. Beim Boxenstopp hat mir mein Ingenieur als Zwischenstand mitgegeben, dass keiner meiner Konkurrenten in den Punkten ist. Zu dem Zeitpunkt lag aber noch knapp die Hälfte des Rennens vor uns und es konnte noch vieles passieren. Schließlich haben ja alle drei noch einige Plätze gutgemacht. Ich wusste, dass Mattias Sechster werden musste, um Meister zu werden, aber auf den Monitoren wurde er immer auf Positionen dahinter geführt. Dennoch war ich selbst nach der Zieldurchfahrt unsicher, da mir mein Team zunächst nur zum Rennergebnis gratulierte.

Sie haben sich in Ihrer ersten kompletten DTM-Saison gegen einige Ihrer Idole auf der Rennstrecke durchgesetzt. Wie ordnen Sie das heute ein?

Das habe ich noch nicht wirklich realisiert. Jeden Tag, jede Stunde wird einem etwas Neues bewusst. Es ist ein bisschen so, als würde man als Kind zu Weihnachten ein Geschenk auspacken und direkt darauf ein neues bekommen. Damit möchte ich sagen: Es geschieht schrittweise. Es gibt nicht einen bestimmten Moment, ab dem man sagen kann, man hat alles verarbeitet, sondern das passiert nach und nach.

Am Abend wurde dann gebührend gefeiert. Waren Sie überrascht, als Ihnen zwei Formel-1-Weltmeister vor Ort gratuliert haben?

Für mich war es vollkommen überraschend. Ich hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass Keke (Rosberg) und auch Nico (Rosberg) mir persönlich gratulieren würden. Es war eine große Ehre, dass die beiden in Hockenheim aufgeschlagen sind und mit uns gefeiert haben – trotz hektischer Anreise, wie ich hörte. Die Gelegenheit bietet sich wahrscheinlich nicht so oft, mit einem ehemaligen und dem amtierenden Formel-1-Weltmeister eine Party zu veranstalten. Auf jeden Fall habe ich mich riesig gefreut.

Nach der Meisterfeier haben Sie sich noch die Übertragung des Sonntagsrennens angesehen. Um abzuschalten oder schon als Vorbereitung das nächste Rennen?

Das stimmt, zurück im Hotel habe ich mir am Handy die Übertragung noch angesehen. In erster Linie, weil ich nicht schlafen konnte, ich war noch zu aufgedreht. Und es hat mich einfach interessiert, den Rennverlauf einmal aus der Zuschauerperspektive zu sehen. Einen Hintergedanken hatte ich dabei aber nicht. Ich wusste zu dem Zeitpunkt nur nicht, was ich sonst machen sollte.

Während der Übertragung wurde berichtet, Ihre Freundin und Sie erwarten ein zweites Kind?

Da ist nichts dran. Es ist schon verrückt. Ich dachte: Habe ich vielleicht was verpasst? Spaßeshalber habe ich bei meiner Freundin nachgefragt. Es ist wirklich lustig, was für Kreise so etwas zieht. Unzählige Leute haben uns schon darauf angesprochen und uns alles Gute gewünscht. Sogar unsere Vermieterin.

Wie hat Ihre Familie das letzte Saisonrennen verfolgt und wie fielen die Glückwünsche aus?

Wie bei den meisten Rennen war mein Vater wieder mit vor Ort. Meine Freundin und meine Mutter haben währenddessen von zu Hause aus die Daumen gedrückt. Glückwünsche kamen auf vielen verschiedenen Wegen bei mir an. Erstaunlicherweise war es erst ab Dienstag eine richtige Nachrichtenflut, das meiste kam per Handy und über die sozialen Medien. Mittlerweile habe ich keine Chance mehr, auf alle zu reagieren.

Sie gelten als ein sehr selbstkritischer Rennfahrer. Hätte der aktuelle DTM-Champion in dieser Saison etwas besser machen können?

Mit Sicherheit gab es viele Situationen, die man hätte besser lösen können. Zum Beispiel der Fehler am Norisring, als ich nach dem Reifenwechsel die Linie an der Boxenausfahrt überfuhr und dafür eine Durchfahrtsstrafe kassierte. Und vermutlich bin ich auf der einen oder anderen Runde nach einem Stopp mit kalten Reifen zu aggressiv gefahren. Aber im Grunde genommen haben wir als Team aus den Fehlern extrem viel gelernt. Und das war letztlich auch ein Teil unseres Erfolgs.

Haben Sie schon einen Platz für den Meisterpokal gefunden?

Noch habe ich den Pokal nicht zu Hause stehen. Für den findet sich aber ganz sicher ein geeigneter Ort. Darüber nachzudenken, wäre momentan auch eher ein Luxusproblem. Bisher war für solche Dinge einfach keine Zeit. Ich habe erst drei Tage nach Hockenheim mein Auto ausgeladen. Zuvor bin ich noch mit dem ganzen Gepäck vom Wochenende unterwegs gewesen.

Was steht in den nächsten Wochen bei Ihnen an?

Anfang der Woche war ich bereits bei Servus TV in Salzburg zu Gast und bei Audi in Ingolstadt. Bis Sonntag habe ich erstmal frei, bevor am Montag ein Pressetermin in meiner Heimat ansteht. Dort werden wir mit dem Rennauto durch die Stadt fahren und den Bürgermeister treffen. Dienstag und Mittwoch geht es weiter mit Terminen in Ingolstadt und Neckarsulm. Und am Donnerstag habe ich dann Geburtstag. Der wird am Wochenende darauf gefeiert, die Party hatte ich schon vor dem Finale geplant. Und nun ist noch ein weiterer guter Grund zu feiern hinzugekommen.

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