Wilder Quoten-Ritt in Sat.1: TV-Zukunft weiter offen
Gerhard Berger hat in seinem Leben schon eine Menge ausprobiert und mitgemacht. Formel-1-Fahrer, Teambesitzer, FIA-Funktionär, Unternehmer und seit auch 2017 DTM-Chef.
Man lernt ja bekanntlich nie aus, auch als Chef einer Rennserie natürlich nicht. Was völlig Neues war für Berger das Thema Fernsehen. «Das ist sehr spannend und es macht mir wirklich Spaß», sagte er SPEEDWEEK.com.
Reichweiten, Quoten, Marktanteile, Analysen – damit muss er sich seit seinem Amtsantritt herumschlagen. In seine Ära fällt der Wechsel von der ARD zu Sat.1, ein Einschnitt, nach einer Ewigkeit bei den Öffentlich-Rechtlichen. Dort hatte sich die DTM mit einem Schnitt von 0,89 Millionen Fans pro Rennen verabschiedet.
Sensibles Thema
Das TV-Thema ist komplex, es ist sensibel, und vor allem ist es essentiell für eine Serie wie die DTM. Denn natürlich wird der Erfoilg auch an den Quoten gemessen, an den nackten Zahlen. Dabei gibt es auch Bereiche, die nicht ganz nachvollziehbar sind. Warum es zum Beispiel extreme Quoten-Schwankungen gibt in dieser Saison.
Der Samstag ist weiterhin ein Sorgenkind, aber auch am Sonntag ging es hoch und runter. Mit neuen Tiefpunkten wie mit 350.000 Zuschauern am Samstag am Norisring, dem schwächsten Zuspruch, seit Sat.1 in der vergangenen Saison übernahm.
Und das bei einem Norisring-Rennen. Der Sonntag versöhnte dann aber wieder mit 800.000 Zuschauern. Beim zweiten und dritten Event in Zolder und Misano bewegte sich die Quote unter einer halben Million, in Assen zog der Zuspruch wieder etwas an.
Berger: «Es ist nicht ein Grund, da spielen sechs, sieben Sachen ineinander wie Wetter, Urlaubszeit oder Konkurrenzveranstaltungen.» Daneben können die Rennen über ran.de und auch dtm.com auch per Stream geschaut werden - was in die TV-Quote freilich nicht mit einfließt.
Auf Vorjahreskurs
Immerhin: Nach zehn von 18 Rennen ist man im TV auf Vorjahreskurs, liegt wie 2018 im Schnitt bei 0,59 Zuschauern pro Rennen.
«Der Sport ist geil. Es passiert das, was man als Motorsport-Fan eigentlich cool finden müsste. In den Quoten spiegelte es sich 2018 nicht oft genug wider, 2019 sieht es schon besser aus», sagte Sat.1-Experte Timo Scheider SPEEDWEEK.com: «Auf die Frage nach dem Warum ist die Antwort vielschichtig, eine Pauschallösung habe ich auch nicht.»
Er weiß, dass Sat.1 mit Herzblut dabei ist. Die Übertragungen sind informativ, unterhaltsam. Die Rennen sind es zum Großteil auch. Klar: In der heutigen Zeit kann man Stagnation bereits als Erfolg verbuchen, man muss aber auch versuchen, Steigerungen zu erreichen.
Denn: «Es ist ein sensibles und entscheidendes Thema. Denn wenn die Quoten nicht passen, müsste sich ein Sender auch überlegen, ob das Investment noch passt. Ich würde mir wünschen, dass Sat.1 weitermachen kann», sagte Scheider.
Scheider für mehr Cross-Promotion
Scheider plädiert dafür, dass es noch mehr Cross-Promotion gibt, dass noch mehr Formate dazu gewillt sind, die Fahrer einzuladen. Cross Promotion gab es zwar, auch mehr als zu ARD-Zeiten, die Möglichkeiten wären aber vorhanden, es noch intensiver zu tun. Und wohl auch mit mehr Durchschlagskraft wie bei Samstagabendsendungen wie «Schlag den Star» bei Schwestersender ProSieben zum Beispiel.
Scheider: «Warum ist es nicht interessant für die Formate? Weil die Fahrer nicht bekannt genug sind.» Und nicht «bunt» genug, so der zweimalige Meister: «Man kann das zum Teil verstehen, denn dann bringt das keine Quote. Aber irgendwie müssen die Jungs raus, populärer und interessanter werden. Wir dürfen davor nicht die Augen verschließen. Und die DTM darf sich auch nicht zu wichtig nehmen.»
Sat.1 schaut bei der Bewertung vor allem auf den Marktanteil bei der jüngeren Zielgruppe (14-49), vergleicht ihn intern mit Samstagen und Sonntagen, an denen die DTM nicht läuft. Und sieht ihn natürlich auch im Vergleich zur Konkurrenz.
Eine «7» hätte man sehr gerne vor dem Komma, eine «6» ist das Ziel. Sechsmal klappte das, viermal lag man unter den Vorgaben. Klar ist: Die Zahlen sind in diesem Jahr besonders wichtig, denn der Vertrag mit dem Privatsender läuft aus.
«Noch nichts entschieden»
ran-Sportchef Alexander Rösner betonte auf Nachfrage von SPEEDWEEK.com: «Die DTM ist ein Herzstück unserer ran-Redaktion. Das ranracing-Team gibt alles, um diesen attraktiven und spannenden Motorsport und seine Protagonisten entsprechend darzustellen.»
Der Aufwärtstrend der Quoten zeige, dass es bei den Sportinteressierten inzwischen auch ankomme, so Rösner: «Wir stehen im Austausch mit der ITR und SAT.1 über eine gemeinsame Zukunft. Aber noch ist noch nichts entschieden.» Klar: Es ist nicht nur für den Sender interessant zu sehen, in welche Richtung sich die Serie jetzt bewegt.
Berger bezeichnet die Gespräche als «absolut in Ordnung. Wir haben eine sehr gute Partnerschaft, es läuft sehr kooperativ, und deshalb sind sie der erste Ansprechpartner», sagte der 59-Jährige: «Wir sind in den Diskussionen. Mal sehen, was in den nächsten zwei Monaten passiert.»
Die Quoten in der Übersicht:
Die Saison 2019 (Samstag/Sonntag in Millionen und Marktanteil in Prozent):
Hockenheim: 0,82/0,88 MA: 7,1/6,3
Zolder: 0,40/0,52 MA: 6,5/5,4
Misano: 0,47/0,41 MA: 5,6, 4,5
Norisring: 0,35/0,8 MA: 5,1/7,6
Assen 0,54/0,71 MA: 6,2/6,5
Schnitt nach zehn von 18 Rennen: 0,59
Die Saison 2018 (Samstag/Sonntag in Millionen):
Hockenheim: 0,70/0,63
Lausitzring: 0,47/0,69
Budapest: 0,66/0,87
Norisring: 0,58/0,58
Zandvoort: 0,52/0,61
Brands Hatch: 0,51/0,59
Misano: 0,46/0,41 (auf Kabel eins)
Nürburgring: 0,52/0,60
Spielberg: 0,55/0,74
Hockenheim 2: 0,50/0,71
Gesamtschnitt: 0,595