Timo Glock: «Habe die Welt nicht mehr verstanden»
Als Timo Glock seine ersten Runden im DTM-Auto drehte, war alles easy. Locker, geschmeidig. 2013 in Valencia war das, Glock wollte nach seinem Formel-1-Aus eine neue Herausforderung starten, in der Tourenwagenserie bei BMW ein neues Kapitel aufschlagen.
Klar hatte er davon gehört, dass sich ehemalige Formel-1-Fahrer schwer tun mit dem Wechsel, doch die Tests stimmten ihn optimistisch.
«Die Strecke war komplett neu asphaltiert und hatte sehr, sehr viel Grip. Und das kam dem Formel-1-Fahrstil sehr entgegen. Ich war auf Anhieb schnell, und war nur eineinhalb Zehntel langsamer als BMW-Pilot Augusto Farfus», sagte Glock bei ran.de.
Warnung von Scheider
Kumpel Timo Scheider warnte ihn, als Glock nachfragte, was denn nun angeblich das Problem sei, wenn man als Neuling in die DTM komme: «Warte mal, bis du auf eine Strecke kommst, wo es keinen Grip gibt», so Scheider.
Beim nächsten Test landete Glock unsanft auf dem Boden der Tatsachen. «Nach einem halben Tag war ich 1,5 Sekunden hinter der Spitze und habe keinen blassen Schimmer gehabt, wie man 1,5 Sekunden schneller fahren kann. Ich bin nach dem ersten Tag ausgestiegen und habe die Welt nicht mehr verstanden.»
Scheider amüsierte sich. «Er hat gelacht und gesagt: 'Willkommen in der DTM'. Das war mein Punkt, an dem ich realisiert habe: Ich muss alles vergessen, was ich bisher gelernt habe und alles neu lernen in der DTM», so Glock.
Für die etablierten Fahrer war alles ein automatischer Ablauf, für Glock war alles neu. Und mühsam. Für ihn war es «ein langer Weg, immer wieder in meinen Kopf reinzubekommen, was ich mit diesem Auto machen muss, um schnell zu fahren. Ich musste mich immer zügeln, speziell auf der Bremse - Bremse, einlenken -, war ich immer viel zu aggressiv mit dem Auto, weil es viel schwerer ist als ein Formel-1-Auto. Das hat es mir sehr schwer gemacht, mich umzustellen. Wenn du in der DTM vorne mitfahren willst, reden wir von den letzten eineinhalb Zehntel.»
Den Rückstand hatte er irgendwann auf drei Zehntel heruntergeschraubt. «Aber es hat mich zwei Jahre gekostet, bis ich diese drei Zehntel gefunden habe. Das war intensives Arbeiten an mir selbst. Das war nie das Auto, sondern hauptsächlich mein Fahrstil.»
Viel lernen konnte er von den Daten seiner Teamkollegen Marco Wittmann und Bruno Spengler. «Beide waren Benchmarks in der DTM, sie waren immer vorne dabei. Somit hatte ich eine sehr gute Referenz, was die Daten anging. Und ich habe dann über den Vergleich, wie sie mit dem Auto umgehen, sehr viel lernen können.»
Der Kopf hat geraucht
Sein Kopf habe geraucht, verriet Glock, «ich weiß nicht wie viele 100 Stunden ich vor diesem Laptop verbracht habe, um mir Daten anzuschauen. Ich habe die Daten hoch, runter, links, rechts analysiert und mich so immer mehr da reingearbeitet. Und am Ende kann ich glaube ich sagen, dass ich es geschafft habe, den Umstieg hinzubekommen und konkurrenzfähig zu sein, wenn wir mal dieses letzte Jahr weglassen.»
2019 lief es so gar nicht, es ging alles schief, was schiefgehen konnte. Ansonsten hat er sich aber in der Spitzengruppe der DTM etabliert. Und deshalb will er auch 2020 um den Titel fahren. Wenn denn gefahren wird.