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Boxenstopp-Zoff in der DTM: Immer noch keine Lösung

Von Andreas Reiners
Liam Lawson

Liam Lawson

Seit dem ersten Rennwochenende ist das Boxenstopp-Problem in der DTM bekannt. Nach wochenlangen Analysen ist klar, dass nichts klar ist.

Es gibt Dinge, die ändern sich nicht. Auch dann nicht, wenn man einen Neustart vollzieht, in eine neue Ära geht – Traditionen bleiben, und nicht nur liebgewonnene. So geht es in der neuen DTM ohne die Hersteller und mit Kundenteams inzwischen lockerer und wohl auch deutlich konstruktiver zu.

Zu konkreten Ergebnissen führt das aber nicht immer. Bestes Beispiel ist der Boxenstopp-Zoff um technische Vorteile für Ferrari und Mercedes. Das Problem ist seit dem Auftakt in Monza bekannt, es lag auch schnell ein Antrag des Abt-Teams vor – seitdem wurde lange analysiert. Das Ergebnis: Zwei Vorschläge, die beide abgelehnt wurden. Und ein weiterhin ungelöstes Problem.

Zuletzt hatte Walkenhorst-Pilot Marco Wittmann den Druck nochmal erhöht. «Wir haben gesehen, dass die Stopps einen Unterschied machen. Es braucht eine Veränderung, denn die BoP auf der Strecke funktioniert. Aber bei einem Unterschied bei den Boxenstopps von bis zu zwei Sekunden muss man das angehen. Jetzt liegt es an der DTM, ob sie etwas ändern wollen», so Wittmann. Er hatte in Spielberg den möglichen Sieg in der Box an Liam Lawson (AF Corse) verloren, weil das Ferrari-Team fast zwei Sekunden schneller war.

Der Hintergrund: Die Radmuttern bei den Boliden von Ferrari und Mercedes verbleiben beim Reifenwechsel an der Felge, wodurch beim Stopp durch eine besondere Choreographie Zeit gespart werden kann. Denn die Mutter befindet sich nach dem Abschrauben nicht im Schlagschrauber, und dadurch kann der Mechaniker sofort zum zweiten Rad laufen. «Wenn die Mutter im Rad bleibt, kannst du mit einem leeren Schlagschrauber loslaufen zur anderen Achse», sagte Abt-Pilot Mike Rockenfeller: «Der Schlagschrauber-Mann hat so weniger Wartezeit.»

Bei der Konkurrenz von BMW, Audi, Lamborghini oder McLaren ist dieser Ablauf aus technischen Gründen so nicht möglich, das Ab- und wieder Anschrauben muss in einem Zug erfolgen. Kein unerlaubter Trick von Ferrari und Mercedes, aber eben ein Vorteil, den in der Anfangsphase der Saison vor allem Abt moniert hat. In der Box kann der Vorteil bis zu zwei Sekunden betragen, der auf der Strecke oft nicht mehr aufzuholen ist. Grundtenor ist: Wenn es auf der Strecke wegen konzeptioneller Unterschiede der Autos durch eine Balance of Performance eine Angleichung gibt, sollten das auch für Boxenstopps gelten. Problem: Die Autos sind homologiert, ein Umbau also nicht möglich.

Die ITR wollte sich keinen Schnellschuss leisten und hat stattdessen eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Boxenstopps der Teams in Zolder, am Nürburgring und am Red Bull Ring analysiert und dabei diverse Kriterien wie Positionsgenauigkeit der Anfahrt, die Lanzenmann Performance, die Art der Choreografie, die Gun Men Performance oder die Art und Anzahl der Einzelfehler berücksichtigt hat. Viel Aufwand, bislang aber wenig Ertrag.

Denn der ITR-Antrag sah nun vor, dass die Höchstgeschwindigkeit in der Boxengasse bei einem Stopp für die «benachteiligten» Teams wie Abt, Rosberg, Rowe, Walkenhorst und T3 Motorsport wie gehabt bei 60 km/h liegen sollte, die Geschwindigkeit bei AF Corse, HRT, Winward, Mücke, GetSpeed und GruppeM Racing wiederum sollte minimal reduziert werden, wie es heißt auf 57 km/h. Der Antrag wurde vom DMSB wegen Sicherheitsbedenken jedoch abgelehnt. Einen Vorschlag auf Anpassung der Standzeit lehnte die ITR wiederum ab – der Faktor Performance-Boxenstopps soll weiterhin eine Rolle spielen.

«Die Bedingungen müssen für alle gleich sein», betont AMG-Kundensport-Koordinator Thomas Jäger. Gibt es eine passende Lösung, «dann finden wir das auch gut und stimmen dem auch zu, wenn es dem sportlichen Wettbewerb dient.»

Stefan Wendl, Leiter Mercedes-AMG Customer Racing, betonte: «Wir leben bei dem Sport von Fehlerquellen, von Dingen, wie man sich differenzieren kann, die außerhalb einer BoP liegen.» Es sei fair, bei konzeptionellen Unterschieden einen Ausgleich zu schaffen, «nur muss man das, was auf der Strecke passiert, genauso im Blick haben und dort muss es auch so eng sein.»

Seitenhieb Richtung Abt: «Diejenigen, die sich am lautesten beschweren sind die, die die ganze Zeit in Führung sind, die meisten Rennsiege, Rennrunden und Pole Positions haben.»

So oder so: Es bleibt beim sechsten Rennwochenende in Assen alles so, wie es ist. Es wird nun nach weiteren Lösungen gesucht. Gut möglich, dass bis zum Saisonende am 9./10. Oktober auf dem Norisring weiter diskutiert, aber nichts entschieden wird. Es gibt eben Dinge, die sich nicht ändern. Auch in einer neuen DTM nicht.


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