Formel 1: Ohrfeige für Gegner von Verstappen

Valtteri Bottas im Mercedes: Einzig richtige Lösung

Kolumne von Mathias Brunner
Mercedes-Teamchef Toto Wolff mit Valtteri Bottas

Mercedes-Teamchef Toto Wolff mit Valtteri Bottas

​Drei Fahrer in drei verschiedenen Teams am gleichen Tag bestätigt – das hat es in der Formel 1 noch nie gegeben. Wehrlein bei Sauber, Massa bei Williams, Bottas bei Mercedes: Passt das alles zusammen?

Der Transfer-Spätsommer 2016 war jetzt kein Thriller von Hitchcock: Viele Fahrer hatten ohnehin einen Vertrag für 2017, das neue Abkommen für Kimi Räikkönen bei Ferrari war schon bekannt, Nico Rosberg hatte bei Mercedes verlängert, Ricciardo und Verstappen sind auf Jahre an Red Bull Racing gebunden. Es war früh klar, dass bei McLaren der junge Belgier Stoffel Vandoorne für Jenson Button nachrücken würde und dass der noch jüngere Lance Stroll für Felipe Massa zu Williams kommt, an der Seite des 18jährigen Kanadiers als neuer Leitwolf: Valtteri Bottas.

Esteban Ocon bei Force India und Kevin Magnussen bei Haas, daraus werden keine Schlagzeilen gemacht, die über den Ticker am Times Square von New York laufen. Dann eher noch Nico Hülkenberg im Renault.

Und dann änderte sich alles.

Nico Rosberg verblüffte selbst seine Weggefährten von Mercedes-Benz mit seinem Rücktritt Anfang Dezember, und das grosse Rätselraten ging los: Wer würde 2017 neben Lewis Hamilton im zweiten Silberpfeil sitzen?

Phantasten glaubten an Fernando Alonso oder Sebastian Vettel. Ungeachtet dessen, dass die Champions bei McLaren-Honda und Ferrari für 2017 Verträge haben.

Optimisten waren der Ansicht, dass Mercedes-Teamchef Toto Wolff der Jugend eine Chance geben und Pascal Wehrlein in den Silberpfeil holen würde.

Realisten jedoch sagten von Anfang an, in sanfter Anlehung an den «Highlander» (wenn nicht aus Schottland, so doch aus dem hohen Norden von Finnland): Es kann nur einen geben – Valtteri Bottas.

Aber selbst wenn der Finne die scheinbar perfekte Mischung aus Erfahrung (Williams-Testfahrer seit 2010, Stammfahrer seit 2012) und Jugend ist (27 Jahre alt): Das alles hätte leicht auch in die Hose gehen können. Denn ohne Felipe Massa gäbe es heute keinen Bottas bei Mercedes.

Claire Williams machte es bei den Verhandlungen mit Toto Wolff zur Bedingung: Wenn wir keinen angemessenen Ersatz für Bottas erhalten, dann lassen wir ihn auch nicht aus seinem Abkommen frei.

Für Claire Williams ist Felipe Massa ein angemessener Ersatz, und für den Brasilianer passt das auch, denn er wollte ohnehin mit der Formel 1 gar nicht aufhören. Trotz tränenreicher Abschiede in mehreren Teilen – in Monza, in Interlagos, in Abu Dhabi. Massa wurde vielmehr zurückgetreten, weil Williams auf die Mitgift der Familie Stroll angewiesen ist und weil der drittälteste Rennstall der Welt auf Bottas setzen wollte, nicht mehr auf Massa. Als Massa und sein Manager Nicolas Todt erkannten, dass keine konkurrenzfähigen Autos für 2017 übrig sind, erklärte Felipe seinen Rücktritt.

Jetzt noch ein Jahr anzuhängen, das passt Sympathieträger Massa hervorragend, die paar hämischen Kommentare von wegen Rücktritt vom Rücktritt wird er weglächeln.

Ist Pascal Wehrlein hier der grosse Verlierer? Zunächst einmal musste der Sigmaringer die Schmach hinnehmen, dass Mercedes-Kunde Force India den Franzosen Esteban Ocon nimmt, nicht ihn, Wehrlein. Dann sickerte bald durch: Weltmeister Mercedes jagt Valtteri Bottas. Wehrlein zog also erneut den Kürzeren.

Den DTM-Champion von 2015 nun als Verlierer darzustellen, wäre falsch: Nach der Insolvenz von Manor Racing ist Wehrlein von Mercedes beim Sauber-Team untergebracht worden. Damit ist Pascal auf die Füsse gefallen. Im Gegensatz zu Felipe Nasr oder Esteban Gutiérrez. Wehrlein hat noch alle Chancen, eines Tages Silberpfeilfahrer zu werden, und mit 22 Jahren hat er dazu auch die Zeit. Er befindet sich dabei im Fernduell mit Esteban Ocon.

Der wahre Gewinner ist eigentlich Williams: Die Engländer erhalten den verlässlichen Massa zurück, der für ein Jahr unterzeichnet hat. Sie erhalten eine Ablösesumme für Bottas. Die Rede ist von 12 Millionen Dollar. Sie erhalten einen Rabatt für die Mercedes-Motoren. Und vor allem erhalten sie in aller Wahrscheinlichkeit den langjährigen Mercedes-Technikchef Paddy Lowe.

Die Frage ist nun: Wie gut ist Valtteri Bottas wirklich?

Selbst Insider im Fahrerlager sind gespalten. Die einen argumentieren, Bottas habe bei Williams Felipe Massa immer im Griff gehabt. Und zu selten ein Auto, um gewinnen zu können. Das Gegenargument: Wenn Bottas wirklich der Überflieger wäre, wieso hat dann Ferrari verzichtet und setzt weiter auf Kimi Räikkönen? Wieso hat Bottas dann Massa nicht komplett zerlegt?

Über die Vertragsdauer mit dem Finnen schweigt sich Mercedes aus. Ein Einjahresvertrag mit Option wäre sinnvoll. Denn naiv ist die Mercedes-Führung aus Niki Lauda, Aufsichtsrats-Chef des Rennstalls, und Teamchef Toto Wolff nicht. Die beiden Österreicher wissen genau: Wenn Ende 2017 die Verträge von Fernando Alonso, Sebastian Vettel und Sergio Pérez auslaufen, wenn vielleicht auch Carlos Sainz zu haben wäre, dann ist es klug, sich alle Optionen offen zu halten. Und genau das tun Lauda und Wolff.

Überzeugt Bottas bei Mercedes nicht, kann er jederzeit zu Williams zurückkehren. Für den Finnen wird 2017 zur wichtigsten Saison seiner Karriere: Gegen Lewis Hamilton wird sich zeigen, ob Bottas wirklich aus dem Holz der finnischen Champions geschnitzt ist.

Dennoch: Bottas ist für Mercedes-Benz die einzig richtige Wahl. Er ist verlässlich genug, um regelmässig zu punkten. Er ist schnell genug, um gegen Hamilton nicht komplett einzugehen. Er ist jung genug, um siegeshungrig zu sein. Toto Wolff gehörte jahrelang zum Management des Finnen (einen Posten, den er mit der Verpflichtung abgegeben hat), also kennt der Wiener die Qualitäten von Valtteri genau. Da Williams mit Mercedes-Motoren unterwegs war, kennt der Finne auch die Triebwerke aus Brixworth und Stuttgart.

Bottas ist ruhig, ausgeglichen, hat sich als fairer Racer erwiesen, ein Mann, der kein Gedöns um sich selber macht, der aber seinen Mann steht, wenn es drauf ankommt (fragen Sie mal Kimi Räikkönen). Eine Primadonna hat Mercedes bereits, eine zweite Diva wäre keine gute Idee gewesen.

Valtteri Bottas bringt einen respektablen Leistungsausweis mit: 77 Grands Prix, 46 Punktefahrten, 9 Podestplatzierungen (Highlights: Rang 2 in Silverstone und Hockenheim 2014). Vor allem jedoch ist bei diesen 77 Einsätzen Bottas nur zwei Mal durch einen Crash mit einem Gegner ausgeschieden – 2015 gegen Kimi Räikkönen in Russland, 2013 in Brasilien, als er sich zurückrunden wollte. Gegen Lewis Hamilton übrigens. Den traf er auch bei einer Kollision kurz nach dem Start in Bahrain 2016.

Kurioserweise fuhren sowohl Nico Rosberg als auch Valtteri Bottas vier GP-Saisons bei Williams, bevor sie zu Mercedes wechselten.

Vielleicht ein gutes Omen.

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