Ferrari-Pause für Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen
Die goldenen Stunden für italienische Formel-1-Fans liegen schmerzlich weit zurück: Die einzigen beiden Weltmeister aus Italien – Nino Farina und Alberto Ascari in den 50er Jahren, gewissermassen in der Steinzeit der Formel 1. Der letzte italienische Sieger in Monza – Ludovico Scarfiotti 1966. Der vorderhand letzte italienische GP-Sieger – Giancarlo Fisichella in Malaysia 2006, also auch schon mehr als zehn Jahre her. Die letzten italienischen GP-Piloten am Start: Tonio Liuzzi und Jarno Trulli beim WM-Finale von Brasilien 2011. Seither müssen sich die Tifosi in Geduld üben.
Nun hat Antonio Giovinazzi das grosse Los gezogen: Test- und Ersatzfahrer bei Ferrari. «Keine üble Ausgangslage», hat Mercedes-Rennchef Toto Wolff vor kurzem festgehalten. «Denkt daran, dass Valtteri Bottas seine Karriere auch so begonnen hatte, als dritter Mann bei Williams.»
Ferrari-Präsident Sergio Marchionne begründete die Wahl des jungen Antonio so: «Wir haben ihn verpflichtet, weil wir ihn für einen überaus vielversprechenden Piloten halten. Und es bereitet uns grosses Vergnügen, dass wir wieder einen italienischen Piloten haben.»
Unlängst war Giovinazzi bei den Kollegen der italienischen Sky zu Gast. Der GP2-Gesamtzweite von 2016 gibt zu: «Noch muss ich mich ein wenig daran gewöhnen, nun Teil einer so gewaltigen Familie zu sein. Als dritter Fahrer werde ich regelmässig im Simulator sitzen, denn ich muss für die Formel 1 sehr viel büffeln. Ich habe wenig Erfahrung mit einem GP-Auto, zum Glück werde ich im Simulator reichlich Gelegenheit zum Üben bekommen.»
Aber nicht nur das: Bei 50 Prozent der Testfahrten innerhalb der Saison müssen die Rennställe jungen Piloten eine Chance geben. Durchaus möglich also, dass Giovinazzi schon im April beim Bahrain-Test (18./19. April) im Wagen von Sebastian Vettel sitzt. Oder für Kimi Räikkönen Platz nimmt.
Ein weiterer Grund spricht dafür, den jungen Giovinazzi in Arabien ins Auto zu setzen: Ferrari muss dafür gerüstet sein, den dritten Mann einzusetzen, sollten Vettel oder Räikkönen nicht einsatzfähig sein. Ohne Testfahrten wäre das keine gute Idee.
Noch hat jedoch Ferrari das Testaufgebot nicht definiert. Bei den Wintertestfahrten (ohnehin nur acht Tage) ist es üblich, dass die Stammfahrer einsteigen.
Antonio keck: «Wenn ich die Chance erhalte, ein Rennen zu fahren, werde ich fest zupacken.»
Auch Ex-Ferrari-Star Jean Alesi freut sich, dass Ferrari seit langem wieder mal auf einen jungen Italiener setzt: «Das finde ich phantastisch», sagte der Franzose gegenüber der Gazzetta dello Sport. «Es wäre verblüffend gewesen, hätte sich Ferrari eine solche Gelegenheit entwischen lassen. Giovinazzi ist zunächst einmal ein wohl erzogener junger Mann. Das ist in heutigen Zeiten selten. Vor allem jedoch ist er ein hervorragender Pilot. Er wäre um ein Haar im ersten GP2-Jahr gleich Champion geworden. Jetzt braucht er tüchtig Kilometer.»
Antonio selber meint: «Ich kann mir noch gar nicht vorstellen, wie es sein wird, in den roten Overall von Ferrari zu schlüpfen. So richtig werde ich wohl erst daran glauben, wenn ich ihn wirklich trage und ins Auto steige. Es wird ein Moment, den ich mein Leben lang nicht vergessen werde. Jeder junge Rennfahrer in Italien träumt von Ferrari.»