Formel 1: Max Verstappen – alles für die Katz

Schuberth-Helm: 150 Gramm helfen Wehrlein–Hülkenberg

Von Mathias Brunner
​Der Magdeburger Helmhersteller Schuberth hat sich zwei Jahre lang auf die neue Formel 1 vorbereitet. Pascal Wehrlein, Nico Hülkenberg, Felipe Massa und Sergio Pérez tragen einen markant leichteren Helm.

Die neue, schnellere Formel 1 bringt die Rennfahrer wieder an ihre Leistungsgrenzen. Bei allen stand im Trainingsmittelpunkt: Nacken stärken, denn der wird aufgrund der höheren Fliehkräfte viel mehr belastet als früher.

Die schnelle Kurve 3 in Barcelona wird 2017 um rund 40 Sachen schneller gefahren als vor einem Jahr, die Fliehkräfte betragen dort rund 5,5g, also das Fünfeinhalbfache des normalen Gewichts. Anders gesagt: Ein Helm, der 1,5 Kilo wiegt, zerrt dort auf einmal mit mehr als acht Kilo an der Nackemuskulatur!

Die Fahrer trainierten mit Gewichten, teilweise auch mit extra schweren Helmen, um die Muskulatur zu stärken. Wenn es aber auf die Rennbahn geht, dann beschreiten Helmhersteller wie die Magdeburger Firma Schuberth genau den umgekehrten Weg: Um den höheren Fliehkräften zu begegnen, ist der Schuberth-Helm leichter geworden.

Sven Krieter betreut vor Ort die vier 2017er Schuberth-Piloten Pascal Wehrlein, Nico Hülkenberg, Sergio Pérez und Felipe Massa.
Und bevor Sie sich fragen: Der italienische Hersteller Stilo kümmert sich um Jolyon Palmer und Valtteri Bottas. Arai arbeitet mit Sebastian Vettel, Lance Stroll, Daniil Kvyat, Carlos Sainz, Daniel Ricciardo und Max Verstappen. Der Rest des Feldes rückt mit Bell-Produkten aus.

Sven Krieter sagt: «Beim neuen Produkt handelt sich um eine Weiterentwicklung des 2016er Helms. Wir wollten einen leichteren Helm. Je nach Ausstattungsvariante erreichen wir da 150 bis 200 Gramm weniger, das ist das Ergebnis von zwei Jahren Entwicklungsarbeit. An diesem Projekt haben bis zu zehn Fachkräfte mitgewirkt. 2016 war der Helm von Nico Hülkenberg noch 1500 Gramm schwer, rennfertig.»

Als Ausstattungsvarianten sind zusätzliche Elemente wie Windabweiser oder die von der FIA vorgeschriebene Karbon-Lippe beim Übergang von Visier zur Helmschale zu verstehen.

Einige Fans haben uns gefragt: Wieso fährt Nico Hülkenberg in Barcelona eigentlich mit einem schwarzen Helm? Sven Krieter sagt: «Das war eine Idee von Nico, er spielt mit der Idee, mit einem grünen oder roten Helm zu fahren – das war er auf seinen sozialen Netzwerken auch so zur Diskussion gestellt. Die Antwort darauf gibt es dann in Australien.»

Für Grün spricht natürlich die jahrelang Verbindung von Hülkenberg zum unglaublichen Hulk, dem grünen Comic-Helden. Für Rot spräche, dass zusammen mit dem Gelb-Schwarz von Renault beinahe die deutschen Nationalfarben herauskämen.

Zurück zum leichteren Helm: Wie schaffte es Schuberth, bis zu 200 Gramm Gewicht zu sparen? Sven weiter: «Durch einen anderen Aufbau. Etwa beim Anbringen der inneren Schale. Die wurde früher geklebt. Die Schalen pressen wir inzwischen selber, dies in einer Tochterfirma in Italien. Wir haben auch bei den Karbon-Lagen gespart, den Helm aber gleich sicher gehalten wie zuvor. Die Prüfungen der FIA haben sich ja nicht geändert. Es gibt Bereiche am Helm, wo du leichter bauen kannst, beispielsweise ungefähr dort, wo sich die Wangen des Piloten befinden. Wir haben auch beim Karbon selber anderes Material verwendet. Da konnten wir einiges optimieren. Zugelassen ist der Helm mit einem Gewicht von 1280 Gramm. Das wäre fahrbereit, aber dann kommen wie gesagt Anbauteile für Be- und Entlüftung hinzu, sowie die Karbon-Lippe beim Visier.»

So entsteht der Helm

Krieter geht in seine dreizehnte Formel-1-Saison. Der Deutsche lacht wenn er daran zurückdenkt: «Mein erstes Rennen war Silverstone 2005. Ich war vorher noch nie geflogen, und dann gleich der Trubel in Heathrow, Linksverkehr und kein Navi. Das war nicht leicht.»

Rund 80 Helme fertigen Krieter und seine drei Kollegen pro Jahr für die Formel-1-Piloten an. Dazu kommen noch 20 für die DTM und rund 150 für den Handel.

Die Helmschale entsteht aus 19 Kohlefaserschichten im so genannten Autoklavverfahren. Dabei werden die einzelnen Schichten übereinander gelegt, in ein Vakuum gebracht und unter grossem Druck von bis zu sechs bar bei 170 bis 200° Celsius im Autoklav, einem Druckgefässofen, gebacken. Nach demselben Prinzip werden die Monocoques, die Sicherheitszellen der Formel-1-Fahrzeuge, hergestellt. Auch in der Raumfahrt wird das sehr aufwendige Verfahren angewendet, weil es die höchste Festigkeit des Materials garantiert.

Die Schale allein garantiert zwar Schutz vor Feuer – bis zu 740° Celsius muss der Helm aushalten – und Zerstörung, doch ohne die richtige Dämpfung wäre das nicht viel wert. Darum wird die Schale, wie bei jedem anderen Helm auch, innen mit Hochleistungsstyropor verbunden. Anschliessend werden die Einlagen – und das ist der Clou, auf den sie bei Schuberth bis heute richtig stolz sind –, durch einen speziellen Dämpfungsschaum ergänzt. Die Rezeptur ist geheim, bekannt ist, dass er aus zwei Komponenten besteht. Schon als Schuberth im Jahr 2000 in die Formel 1 einstieg, wurde diese Methode angewendet.

Der frühere Mercedes-Ersatzfahrer Nick Heidfeld war der Erste, der mit Schuberth-Helmen in der Formel 1 fuhr, bald folgten Ralf und Michael Schumacher. Formel-1-Champion Nico Rosberg vertraute schon seit Jugendzeiten auf die Produkte der Magdeburger.
Bis hierhin sind alle Rennhelme der Firma, abgesehen von Schalengrösse und Lackierung, gleich. Erst jetzt beginnt die Massarbeit. Anhand der genau vermessenen Kopf- und Gesichtsform der Fahrer werden die Polster angefertigt. Sie sollen das Haupt fest im Helm halten, es gibt aber einen gewissen Spielraum. «Die Fahrer müssen sich wohlfühlen. Wir probieren gemeinsam verschiedene Varianten aus, bis alles passt», sagt Krieter.

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