Weltmeister Nico Rosberg: Rat für Mick Schumacher
Bei seinem Kurzbesuch der Formel-1-Tests am Circuit de Barcelona-Catalunya wirkte Formel-1-Champion Nico Rosberg tiefenentspannt. In der neuen Ausgabe des ZEITmagazins MANN spricht der im vergangenen Dezember überraschend zurückgetretene Weltmeister über sein Leben nach dem Profi-Sport: «Ich fühle mich echt frei. Wann immer ich in den vergangenen 20 Jahren auf den Kalender geschaut habe, war alles durchgetaktet, von Januar bis Dezember. Und wenn ich jetzt meinen Kalender aufschlage, ist da nicht viel. Teilweise ganze Inseln von kompletter Leere. Herrlich!»
Ganz frei in den Tag hineinleben möchte Rosberg aber doch nicht: «Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich einen Plan habe, und das ist auch jetzt so. Ich gehe jeden freien Tag mit Disziplin an. Wenn ich das nicht mache, versinke ich in YouTube, Facebook und Instagram, und dann bin ich abends vollkommen gaga. Ich brauche Struktur. Ein freier Tag fängt bei mir um acht Uhr an mit Meditation, dann mache ich eine Stunde Sport. Danach teile ich mir den Tag ein in Familienzeit, Bürozeit und so weiter. Nur so fühle ich mich wohl.»
Dass Rosberg jetzt so runterfahren kann, liegt auch daran, dass der Druck der jahrelangen Rivalität mit Lewis Hamilton weg ist. Nico bilanziert: «Das ist einfach extrem bei uns beiden. Wir wollten immer besser sein als der andere, auch wenn es nur ums Pizzaessen ging: Man will einfach das eine Stück mehr essen. Total übertrieben.»
Seinem Konkurrenten aus dem Weg gehen kann Rosberg nicht so leicht: «Wir wohnen immer noch im selben Haus, hier direkt nebenan. Das hat Lewis mir nachgemacht – ich wohnte schon da, als er einzog. Er dachte wohl: Wo der Nico wohnt, das muss ja das Beste sein, also ziehe ich da auch mal hin. Aber in dem Haus sind viele Wohnungen, da läuft man sich kaum über den Weg.»
Nico gehört einer seltenen Spezies an: Als Sohn eines Weltmeisters ebenfalls Weltmeister zu werden, das haben vor Keke und Nico Rosberg nur Graham und Damon Hill geschafft.
Nico Rosberg erzählt: «Es war oft schwierig, weil ich dauernd darauf angesprochen wurde, weil jeder gefragt hat, wie es ist, der 'Sohn von' zu sein. Wenn du das hundertmal gehört hast, fängt es an zu nerven. Und die Erwartungen sind sehr hoch.»
Aus diesem Grund kann er sich in Michael Schumachers Sohn Mick einfühlen: «Schauen Sie sich doch Mick Schumacher an, den Sohn von Michael Schumacher. Gerade habe ich irgendwo gelesen, er sei Favorit auf den Formel-3-Titel. Und er ist doch erst in seinem ersten Jahr! Lewis ist in seinem ersten Jahr in der Formel 3 gerade mal Fünfter geworden. Meiner Ansicht nach braucht man zwei Jahre, um dort erfolgreich zu sein. Und wenn jetzt schon geschrieben wird, dass Mick Favorit ist, kann er nur enttäuschen. Das ist heftig. Ich habe sehr viel Mitgefühl für ihn, weil ich weiss, wie das ist. Ich kann nur hoffen, dass er stark nach seinem Vater kommt und dem einfach keine Bedeutung beimisst.»