Ross Brawn: So will er die GP-Teams ausbremsen
Unter dem langjährigen Formel-1-Promoter Bernie Ecclestone herrschte Stagnation – auch sportlich. Der Engländer hat zwar immer wieder Veränderungen angeschoben, einige jedoch kamen bei den Fans gar nicht gut an, Stichwort doppelte WM-Punkte beim WM-Finale von Abu Dhabi 2014. Ursprünglich wollte Ecclestone sogar die Doppelpunkte-Regel bei drei WM-Läufen sehen.
Auch Ecclestone konnte nicht verhindern, dass der Autoverband FIA als Regelhüter auf verlorenem Posten stand. Immer wieder fanden die hellen Köpfe der Rennställe Mittel und Wege, um das Reglement auszuhebeln. Kein Wunder: Wenn hundert Spezialisten bei einem Top-Team überlegen, wie Grauzonen im Reglement clever zu nutzen sind, dann waren die paar FIA-Experten überfordert.
Formel-1-Grossaktionär Liberty Media möchte den Sport verbessern. Dazu haben die US-Amerikaner Ross Brawn an Bord geholt. Der 62jährige Engländer, langjähriger Wegbegleiter von Michael Schumacher bei Benetton, Ferrari und Mercedes, soll die Entwicklung des Sports leiten, was Technik, Reglement und Rennformat angeht.
Brawn ist perfekt für diese Rolle, die er selber so beschreibt: «Ich bin ein Wilderer, der zum Wildhüter geworden ist.»
Wie jeder gute Wildhüter weiss Brawn: Alleine ist nicht alles zu stemmen. Also hat sich Brawn Hilfe geholt. Da ist zunächst Jason Somerville, der als Aerodynamiker bei Williams, Lotus und Toyota gearbeitet hat. Naheliegenderweise ist er im Team von Ross Brawn neuer Chef-Aerodynamiker.
Und da ist der langjährige Renningenieur Craig Wilson, der bei BAR-Honda, BrawnGP und ebenfalls bei Williams tätig war, wo er unter anderem am Wagen von Ralf Schumacher gearbeitet hat. Wilson wird sich unter Brawn im den Bereich Fahrzeugentwicklung kümmern.
Da FIA-Präsident Jean Todt unlängst ein wenig unwirsch erklärt hat, für die Regeln sei immer noch Paris zuständig, wollen Brawn und sein Team eng mit der FIA-Mannschaft zusammenarbeiten, angeführt von Rennchef Charlie Whiting.
Formula One Management hat überdies die Verpflichtung von Nigel Kerr bestätigt, eines Finanzexperten, er früher für BAR-Honda, BrawnGP und Mercedes tätig war.
Ross Brawn freut sich: «Alle drei haben im Laufe der letzten Jahrzehnte gezeigt, wie wertvoll sie sind. Das alles entspricht meinem Plan, ein starkes Techniker-Team aufzubauen, das sich in enger Zusammenarbeit mit den Aktionären und der FIA für ein besseres Reglement einsetzt.»
Über einige Schwerpunkte hat sich der erfahrene Brawn bereits geäussert. «Die 2017er Autos haben ganz ausgeklügelte Formen, die überaus empfindliche Luftströmungen erzeugen. Das Ergebnis – der Hintermann hat seine liebe Mühe, weil er in verwirbelter Luft fährt. Also wollen wir letztlich ein Reglement, das den Speed dieser neuen Renner bewahrt, aber mit Autos, die weniger Luftwirbel erzeugen. Das ist mein Ziel. Ich bin überzeugt, dass sich hier etwas machen lässt.»
«Wir müssen mehr Ausgeglichenheit im Feld haben. Ich will eine Situation, dass Force India mit einem guten Fahrer an einem besonderen Tag ein Rennen gewinnen kann. So etwas muss für private Rennställe wieder möglich werden.»
«Das neue Reglement hat zu einigen eher unglücklichen Lösungen geführt wie diese Haiflossen oder die T-Flügel. Wir haben darüber hinaus eine Motorgeneration, die sehr teuer und komplex sind. Wir werden uns ansehen, welchen Motor wir für die Zukunft wollen, im Gespräch mit den Motorherstellern.»