McLaren: Scheidung von Honda, Vertrag für Alonso
Kanada war typisch für McLaren-Honda anno 2017: Superstar Fernando Alonso fuhr sich die Seele aus dem Leib, der zehnte Platz, damit die erste Punktefahrt 2017, war greifbar nahe – dann liess der Honda-Motor den Spanier ein weiteres Mal im Stich.
McLaren und Honda arbeiten nun seit Anfang 2015 zusammen. Im ersten Jahr wurde das zweiterfolgreichste Formel-1-Team (nach Ferrari) WM-Zweitletzter, nur das punktelose Marussia war noch schlechter. 2016 gab es leichte Anzeichen der Besserung: WM-Rang 6. Aber 2017 und nach dem Bau eines komplett neuen 1,6-Liter-V6-Motors ist McLaren wieder auf dem Stand von 2015 – die japanischen Triebwerke sind weder standfest noch kraftvoll. «Das ist sehr ärgerlich, weil wir ein gutes Chassis haben», betont Fernando Alonso.
Das jüngste Ergebnis in Montreal zeichnet McLaren-Teamchef Eric Boullier als «inakzeptabel». Auch McLaren-Direktor Zak Brown hat seine Wortwahl verschärft: «Wir müssen die Marke McLaren schützen», meint der Kalifornier.
Für Mike Gascoyne (54) sind das alles deutliche Anzeichen, dass die Scheidung zwischen McLaren und Honda wohl beschlossene Sache sei und noch in diesem Sommer verkündet werde. Gascoyne war früher als Technischer Direktor bei Jordan-Honda und bei Toyota tätig, er weiss genau, wie Japaner ticken und wie es ist, mit ihnen zu arbeiten, und in der britischen Sky unterstreicht er: «Es fällt mir einfach auf, wie sich in den letzten Wochen die Rhetorik geändert hat. So im Bereich vor dem Monaco-GP. Auch vor und nach dem Rennen in Kanada haben wir sehr kritische Stimmen von McLaren gehört. Für mich klingt das wirklich, als sei die Entscheidung gegen Honda bereits gefallen, und nun eiern sie ein wenig herum, wie sie uns das erklären wollen. Da hat definitiv eine Veränderung stattgefunden. Und wenn überhaupt, dann wird das mit Honda nur noch schlimmer.»
Der naheliegende Weg: Eine Rückkehr zu Mercedes-Benz. McLaren hat von 1995 bis Ende 2014 mit Mercedes gearbeitet.
Mike Gascoyne: «Wenn die Entscheidung pro Mercedes gefallen ist, dann ist es kein Problem, das 2018er Auto für diesen Motor zu bauen. Es ist Zeit genug. Auch wenn ein Abkommen in dieser Phase des Jahres nicht verkündet werden muss, so wollen die Fachkräfte im Werk mit dem nächstjährigen Wagen Gas geben und wissen, was im Heck steckt.»
Verhandlungen zwischen McLaren und Mercedes laufen auf höchster Ebene: McLaren-Teilhaber Mansour Ojjeh spricht mit Mercedes-Chef Dieter Zetsche.
Und was ist nun mit dem oft eingebrachten Argument gegen die Scheidung, wonach Honda einen beträchtlichen Teil des McLaren-Budgets beisteuere?
McLaren-Direktor Zak Brown: «Ich habe vom McLaren-Vorstand den Marschbefehl erhalten, wir werden nicht nochmals ein solches Jahr erleben. Wir stehen an einer Weggabelung.»
Der frühere McLaren-Chef Ron Dennis, der den neuen Honda-Vertrag aufgegleist hatte, betonte zwar immer: «Du musst heute als Werksteam auftreten, wenn du Weltmeister werden willst.»
Aber gemäss Zak Brown stimmt das nicht: «Ich bin überzeugt, dass du auch mit einem Kundenmotor Weltmeister werden kannst.»
Die Honda-Mitgift ist für McLaren kein Thema. Zak Brown bestätigt, dass die miserablen Ergebnisse McLaren an Preisgeldern und entgangenen Sponsoren mehr gekostet haben als die Japaner beisteuern. «Wenn du dir die Auswirkungen der entgangenen Gelder von Formula One Management und den Verlust an Sponsoren anschaust, dann verringert das die wirtschaftlichen Vorteile der Honda-Partnerschaft. Und wenn du das alles gegeneinander aufrechnest, dann ist Honda nicht von jenem wirtschaftlichen Nutzen, wie es von aussen immer wieder dargestellt wird.»
In England wird berichtet, der Vorstand habe ein Budget von 80 Millionen Dollar abgenickt, um einen neuen Vertrag mit Mercedes abzuschliessen.
Es wird immer wahrscheinlicher, dass Honda 2018 in der Formel 1 nur mit einem Team arbeitet: mit Sauber.
Und wir dürfen nicht vergessen: Den besten Motor im Feld zu haben, wäre für Zak Brown ein Ass im Ärmel, um mit Fernando Alonso einen neuen Vertrag abzuschliessen.