Montreal: Lewis Hamilton holt seinen 6. Kanada-Sieg!
Lewis Hamilton ging gleich beim Start in Führung
Zwei Stunden vor dem Rennstart sorgten Windböen von bis zu 50 km/h für Aufregung am Circuit Gilles Villeneuve. Fahrerlager-Gäste berichteten von umgewehten Zäunen und die Teamverantwortlichen blickten sorgenvoll auf den Wetterradar, denn sie befürchteten, dass der Wind die Fahrbarkeit ihrer Renner deutlich beeinträchtigen würde.
Währenddessen wurde in der Box von Sauber noch eifrig geschraubt. Das war nach Pascal Wehrleins Abflug im Qualifying auch nötig, denn der Deutsche landete Tags zuvor mit dem Heck in der Streckenbegrenzung. Das Team entschied sich daraufhin, sowohl das Getriebe als auch den Heckflügel seines Renners auszutauschen.
Und weil vom neuen Heckflügel kein weiterer mehr da war, musste der 22-Jährige mit der alten Spezifikation ausrücken. Den Regeln entsprechend musste er deshalb aus der Boxengasse starten.
Schon bevor es losging, herrschte die erste Aufregung. Daniil Kvyat blieb beim Start zur Aufwärmrunde stehen und musste angeschoben werden. Der Blick auf das Feld zeigte, dass die meisten Piloten auf den ultraweichen Reifen unterwegs waren. Nur Kevin Magnussen und Pascal Wehrlein wählten die superweichen Walzen für den Start.
Max Verstappen und Stoffel Vandoorne stark
Beim Start waren alle Augen auf die Spitzenreiter gerichtet, doch dort krachte es nicht. Für die grosse Überraschung sorgte Max Verstappen, der einen super Start hinlegte und von Startplatz 5 auf Position 2 hinter Polesetter Lewis Hamilton schoss.
Hinter dem Red Bull Racing-Piloten reihten sich Valtteri Bottas, Sebastian Vettel, Daniel Ricciardo, Kimi Räikkönen, Sergio Pérez, Esteban Ocon, Nico Hülkenberg und Daniil Kvyat auf den restlichen Top-10-Positionen ein.
Einen starken Start erwischte auch Stoffel Vandoorne, der von Startplatz 16 hatte ins Rennen gehen müssen. Der McLaren-Honda-Rookie war nach der ersten Runde auf Position 11 unterwegs.
Weiter hinten im Feld krachte es. Carlos Sainz wurde vom Haas-Renner von Romain Grosjean in einen Dreher gezwungen und schoss beim Abflug Felipe Massa mit ab. Die Rennkommissare kündigten umgehend eine Untersuchung der Szene an, während das Safety-Car ausrückte.
Grosjean schimpfte am Boxenfunk wie ein Rohrspatz, kam aber nicht umhin, sich einen neuen Frontflügel an der Box abzuholen. Für Sainz und Massa war das Rennen hingegen gelaufen. Das gleiche Schicksal ereilte kurz darauf Vettel, der sich bei einem Start-Scharmützel mit Verstappen den Frontflügel beschädigt hatte.
Nach seinem Boxenstopp im sechsten Umlauf war der WM-Leader auf Position 18 und somit als Letzter unterwegs. Immerhin: Weil er sich beim Wechsel der Fahrzeugnase auch noch superweiche Reifen hatte geben lassen, musste er in der Folge nicht mehr an die Box abbiegen.
Ausfall von Max Verstappen
In Runde 11 musste Red Bull Racing eine bittere Pille schlucken – Verstappen stellte seinen Renner in der zweiten Kurve am Streckenrand ab. Später teilte das Team mit: Ein Power-Verlust des Hybrid-Systems hatte zum ungeplanten Stopp geführt.
Das virtuelle Safety-Car wurde eingesetzt, um das Feld einzubremsen, während Verstappen sichtlich verärgert sein Cockpit verliess. Palmer und Ericsson nutzten die Chance, um an die Box abzubiegen.
Hamilton führte das Feld vor Bottas, Ricciardo, Pérez, Räikkönen, Ocon, Kvyat, Alonso und Vandoorne an, als die Fahrer wieder Vollgas geben durften. In der Folge wurde Vandoorne erst von Magnussen, dann von Lance Stroll und schliesslich auch von Hülkenberg überholt, während sich Vettel auf Platz 13 vorarbeitete.
Der Deutsche machte auch mit dem Belgier kurzen Prozess und überholte auch diesen, während Kvyat eine Durchfahrtsstrafe kassierte, weil er sich nach seinen Startschwierigkeiten bei der Aufwärmrunde nicht schnell genug wieder auf seiner Startposition eingereiht hatte.
Weil der Russe dadurch auf Position 11 zurückfiel, rückte Hülkenberg in die Top-10 vor. Kvyat musste kurz darauf noch einen Positionsverlust hinnehmen, denn Vettel, der mittlerweile an Verstappen vorbeigekommen war, konnte den Toro Rosso schnell überholen.
An der Spitze hatte Hamilton seinen Vorsprung auf seinen Teamkollegen Bottas nach 20 Runden auf mehr als sechs Sekunden ausgebaut. Dahinter folgten die Force India-Piloten Pérez und Ocon vor Alonso, Ricciardo, Räikkönen, Magnussen, Stroll und Vettel. Hülkenberg, Kvyat, Vandoorne, Grosjean, Palmer, Wehrlein und Ericsson folgten hinter den schnellsten Zehn.
Weil Pérez gleich an die Box abbog, durfte sich Ocon über die dritte Position freuen. Sein mexikanischer Teamkollege kam neben Ricciardo wieder auf die Strecke, musste sich aber gegen den Australier geschlagen geben. In der Folge arbeiteten sich Ricciardo und Pérez an Alonso vorbei, genauso wie Kimi kurz darauf, während Vettel Stroll überholte.
Nico Hülkenberg setzt sich durch
In Umlauf 24 bog Bottas vom zweiten Platz an die Box ab. Der Finne liess sich die weichen Reifen geben und kam als Dritter hinter Hamilton und Ocon wieder auf die Strecke. Hinter der Top-3 folgten im 25. Umlauf Ricciardo, Pérez, Räikkönen, Alonso, Vettel, Magnussen und Stroll auf den weiteren Top-10-Positionen. Hülkenberg, Kvyat, Vandoorne, Grosjean, Palmer, Ericsson und Wehrlein komplettierten das Feld.
Während sich Stroll und Hülkenberg einen spannenden Zweikampf um Position 10 lieferten – bei dem der Deutsche die Oberhand behielt – kassierte Kevin Magnussen eine 5-Sekunden-Zeitstrafe, weil er Vandoorne während der virtuellen Safety-Car-Phase überholt hatte.
Hülkenberg liess sich davon nicht beirren: In Runde 29 schnappte er sich Kevin Magnussen auf Position 9. Sein Landsmann Vettel überholte seinerseits Fernando Alonso. Auch Kvyat gab wieder richtig Gas und überholte Magnussen, sodass er wieder auf einem Top-10-Platz unterwegs war.
In Runde 32 bog schliesslich auch Hamilton an die Box ab, konnte aber dank seines Vorsprungs in Führung bleiben. Hinter dem dreifachen Champion folgten zur Halbzeit Bottas, Ricciardo, Pérez, Räikkönen, Ocon, Vettel, Alonso, Hülkenberg und Kvyat. Magnussen, Vandoorne, Grosjean, Palmer, Stroll, Ericsson und Wehrlein folgten auf den weiteren Plätzen.
Ärgern durfte sich Kvyat, der für sein Aufwärmrunden-Vergehen 10 weitere Sekunden kassierte, weil die erste Strafe nicht korrekt war. Die Aufmerksamkeit der meisten Zuschauer richtete sich aber auf die Ferrari-Box, wo Kimi seinen zweiten Stopp absolvierte, um sich noch einmal frische ultraweiche Reifen geben zu lassen.
Vettel kämpft mit Force-India-Duo
Für Jubel auf den Zuschauerrängen sorgte Lokalmatador Stroll, der sich – auch dank der Stopps der Konkurrenz – in die Top-10 vorarbeitete. Für Aufsehen sorgte auch der zweite Stopp von Vettel in Umlauf 50, bei dem er sich frische Ultrasofts geben liess. Der Heppenheimer kam hinter seinem Teamkollegen Räikkönen auf Position 7 wieder auf die Piste.
Force India durfte sich zu diesem Zeitpunkt über die Positionen 4 und 5 hinter Hamilton, Bottas und Ricciardo freuen. Doch das war für die Teamverantwortlichen offenbar nicht genug, denn Pérez, der am Heck des Red Bull Racing-Renners versauerte, wurde angewiesen, seinen Teamkollegen vorbeizulassen, damit es dieser für 15 Runen versuchen kann.
Davon wollte der 27-Jährige aus Guadalajara nichts wissen. «Ich will mir selbst nicht die Chance nehmen, ihn zu überholen, kommt schon, bitte, lasst uns fahren», lautete seine verzweifelte Antwort, und er weigerte sich weiter, seinen Teamkollegen vorbeizulassen.
In Runde 61 schoss Vettel an Räikkönen vorbei, der in der Schikane den Notausgang nehmen musste und über Bremsprobleme klagte. Kurz zuvor hatte Kvyat einen bitteren Ausfall an der Box verdauen müssen.
Sieben Runden vor dem Ende führte Hamilton das Feld vor Bottas, Ricciardo, Pérez, Ocon, Vettel, Räikkönen, Hülkenberg, stroll und Alonso an. Grosjean, Palmer, Magnussen, Ericsson, Valndoorne und Wehrlein folgten hinter den schnellsten Zehn. Damit wollte sich Vettel nicht begnügen. Er lieferte sich einen heissen Kampf mit den Force India-Piloten und schnappte sich Ocon, während dieser neben die Strecke fuhr. Kurz darauf vertat sich auch Vettel, blieb aber vor dem Franzosen.
In der Folge jagte der Ferrari-Star Pérez, während Alonso einmal mehr wegen eines Problems mit der Antriebseinheit seinen Renner am Streckenrand abstellen musste und ein Bad in der Menge nahm. Vettel arbeitete sich derweil an Pérez vorbei.
Am Ende durfte sich Hamilton über seinen sechsten GP-Sieg in Kanada freuen, dahinter kamn Bottas, Ricciardo, Vettel, Pérez, Ocon, Räikkönen, Hülkenberg, Stroll, Grosjean, Palmer, Magnussen, Ericsson, Vandoorne und Wehrlein über die Ziellinie.