Lewis Hamilton, Valtteri Bottas: Keine ideale Lösung
Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner ist davon überzeugt: «Das Dilemma von Mercedes besteht darin, dass Hamilton eigentlich der führende Pilot ist, und früher oder später musst du auf ein Pferd setzen. Irgendwann wird das auf ein Duell zwischen Hamilton und Vettel hinauslaufen, da hat es Ferrari mit der Position von Kimi Räikkönen einfacher.»
Auch Horner gehört zu jenen Fachleuten, die überrascht gewesen sind, wie Hamilton kurz vor Schluss des Ungarn-GP seinen dritten Platz an Bottas zurückgegeben hat: «Auf der einen Seite hat mich dieses Verhalten verblüfft. Auf der anderen Seite wäre es für Bottas sehr herb gewesen, seinen Platz halten zu müssen. Im Grunde hätte das nur signalisiert, dass er aus dem Titelrennen ist. Ich war wirklich beeindruckt davon, dass Lewis den Platz herschenkte. Das war nichts Anderes als Vettel drei Zähler zu überreichen. Wir haben das auch mal getan, in Monaco vor zwei Jahren, mit Kvyat und Ricciardo, aber damals ging es für uns nicht um den Titel. Das ist etwas ganz Anderes.»
Lewis Hamilton selber sieht das so: «Es war eher eine Entscheidung des Herzens, denn im Kopf weisst du, dass jeder WM-Punkt wichtig ist. Das Herz sagte mir aber, dass es das Richtige ist, ihn wieder vorbei zu lassen. Ich würde einen Titel auch nicht so gewinnen wollen. Klar, das könnte sich rächen, aber ich will es richtig machen und ich denke, heute haben wir auch alles richtig gemacht.»
Der in Kenia geborene Engländer Paddy Lowe hat von 2013 bis 2017 als Technikchef bei Mercedes-Benz gearbeitet und ist mit Lewis Hamilton und Nico Rosberg drei Mal Weltmeister geworden. Lowe weiss genau, wie Hamilton tickt. Interessant daher, was der 55-Jährige (heute Teilhaber und technischer Leiter von Williams) über den Platzwechsel zu sagen hat. Lowe meint gegenüber crash.net: «Ein solches Manöver ist nie eine ideale Situation. Im Team willst du beiden Piloten das Gefühl geben, dass sie beide eine faire Chance erhalten, den Titel gewinnen zu können. So bleiben sie motiviert, um Rennen zu gewinnen. Wie du es vermurksten kannst, das haben wir 2007 bei McLaren gezeigt, als unsere beiden Piloten Fernando Alonso und Lewis Hamilton damals den Titel um genau einen Punkt verpasst haben gegen Kimi Räikkönen. Schlimmer geht es wirklich nicht.»
Lowe weiss nur zu gut, dass drei Punkte, die Lewis Hamilton in Ungarn freiwillig preisgegeben hat, am Ende den Unterschied ausmachen können, wie auch die WM-Historie zeigt. Aber Paddy meint auch: «Ich finde, die Menschen erinnern sich an Rennfahrer für die Art und Weise, wie sie sich als Sportsmann verhalten haben. Ein Racer wird nicht nur an den Ergebnissen gemessen. Ich finde es wichtig, wie ein Formel-1-Pilot zu seinen Resultaten kommt.»
Lewis Hamilton hat für seine faire Geste weltweit Anerkennung erhalten. Ob ihm am Ende die drei Punkte gegen Sebastian Vettel fehlen werden, weiss heute niemand. Der dreifache Champions selber findet: «Ich habe gezeigt, dass ich zu meinem Wort stehe und ein echter Teamplayer bin. Das sind bei uns übrigens alle, und ich bin überzeugt, dass einem Gutes widerfährt, wenn man Gutes tut.»