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Toto Wolff (Mercedes): Wieso Silberpfeile stumpf sind

Von Mathias Brunner
Toto Wolff und Niki Lauda

Toto Wolff und Niki Lauda

​In Australien hatte Mercedes das schnellste Auto, auch wenn der Sieg an Sebastian Vettel im Ferrari ging. In Bahrain spielt Mercedes die zweite Geige. Mercedes-Teamchef Toto Wolff sagt, was passiert ist.

Speed ist die Essenz der Formel 1. Leider fangen die Fernsehbilder viel zu selten ein, wie sauschnell diese Grand-Prix-Renner sind. Schnell ändert sich im GP-Sport offenbar auch das Kräfteverhältnis. Lewis Hamilton war mit seinem Mercedes im Qualifying zum Australien-GP eine Klasse für sich. Im Rennen hatte er alles unter Kontrolle, bis Ferrari die Gunst der Stunde nutzte – wegen einer Safety-Car-Phase und eines Fehlers in den Mercedes-Berechnungen fuhr Sebastian Vettel zum Sieg. Aber selbst der Ferrari-Star musste anschliessend zugeben: «Mercedes hatte das schnellste Auto.»

Betonung auf hier, denn in Bahrain sieht das alles ganz anders aus. Ferrari gibt den Ton an (fünf Bestzeiten in sechs Trainingssegmenten), Mercedes lag kein einziges Mal vorne. Erste Startreihe für Ferrari (Vettel vor Räikkönen), der beste Mercedes auf Startplatz 3, Lewis Hamilton aufgrund einer Strafversetzung auf den neunten Rang verbannt.

Was ist passiert? Wieso ist der Silberpfeil in der Wüste von Sakhir so stumpf?

Mercedes-Teamchef Toto Wolff: «Ich habe schon im Winter festgehalten, dass ich stärkeren Gegenwind erwarte, vor allem von Ferrari und Red Bull Racing. Das waren keine leeren Worte, daran glaube ich wirklich. Auf einer Piste wie Bahrain, mit einer sehr rauen Pistenoberfläche und bei warmen Temperaturen, haben wir unsere liebe Mühe. Mit dem weichen Reifen lief es ganz ordentlich, aber als wir den superweichen Pirelli aufschnallten, konnten wir nicht das Beste aus dieser Mischung holen, weil die Reifen an unserem Auto überhitzen.

Was bedeutet das für den kommenden Bahrain-GP? Der Wiener Wolff weiter: «Das Vorgehen ist simpel – entweder du machst einen Reifenwechsel oder zwei. Unsere Daten aus den Dauerläufen sagen: Es ist nicht klar, welches der schnellere Weg ins Ziel ist. Ich schätze, wir werden so vorgehen wie die meisten anderen Rennställe auch; wir schauen uns im ersten Renndrittel mal an, wohin die Reise mit dem superweichen Reifen führt. Lewis Hamilton wird auf den weichen Walzen fahren, um länger auf der Bahn bleiben und Plätze gutmachen zu können. Aber wir wissen nicht, wie gut dieser Plan aufgehen wird.»

«Wenn wir zurückblicken, haben wir uns auf gewissen Strecken oft schwergetan: Monaco, Budapest, Sepang, Singapur. Auch in Jahren, in welchen wir ein wirklich tolles Rennauto hatten, konnten wir auf diesen Pisten nicht so glänzen wie üblich. In Bahrain waren wir erfolgreich, aber wir hatten bisweilen Mühe, die korrekte Abstimmung zu finden.»

«Ich bin nicht der Meinung, dass wir hier eine Diva haben, wie ich das 2017er Auto augenzwinkernd bezeichnet hatte. Die Fahrer haben ein gutes Gefühl mit dem diesjährigen Wagen. Wir sind unter den Bedingungen hier einfach nicht schnell genug.»

«Das Schwierige auch: Du kannst nicht exakt sagen, unter welchen Umständen du mehr aus dem Wagen holst. Will heissen – wenn die Umgebungstemperatur im Rennen sinkt, weil wir in der Nacht fahren, dann muss uns das nicht unbedingt helfen. Es gibt viel mehr Variablen, die da hineinspielen.»

In den letzten Jahren war der Silberpfeil ein Auto für Leader: Schnell genug, um eine Pole-Position herauszufahren und anschliessend zum Sieg zu streben. An 79 Grand-Prix-Wochenenden der neuen Turbo-Ära seit 2014 stand 72 Mal ein Silberpfeil auf Pole, 62 Mal konnte das in einen Sieg umgemünzt werden. Es war aber auch zu erkennen: Sobald Mercedes Boden gutmachen muss, taten sich Nico Rosberg, Lewis Hamilton und Valtteri Bottas schwer. In den Luftwirbeln der Gegner bauten die Reifen übermässig ab und wurden die Renner zu heiss. Das passierte auch Hamilton hinter Vettel in Australien.

Macht sich Toto Wolff wegen der Fahrzeugtemperaturen Sorgen, wenn Hamilton und Bottas jagen müssen statt führen zu dürfen? Der Wiener schmunzelt: «Ich mache mir immer Sorgen! Jedes Team versucht, den besten Kompromiss zu finden aus Kühlung und Windschlüpfigkeit. Es liegt in der Natur der Sache, dass dabei die Fahrzeugtemperaturen im Verkehr kritisch werden. Das ist auch bei uns so, und das wird hier ein Thema sein.»

«Aber Formel-1-Rennen sind unvorhersehbar, das ist einer der Gründe, warum wir sie lieben. Was rohen Speed angeht, so ist für mich Ferrari der Favorit. Ich sehe aber auch Daniel Ricciardo, der sich mit Red Bull Racing unter die Ferrari mischen kann, weil wir alle wissen, welche starker Racer er ist. Ich hoffe, Valtteri kann mithalten. Unter normalen Umständen sollte Ferrari gewinnen.»

Hat Mercedes den Wagen von Lewis Hamilton anders abgestimmt, um im Rennen bessere Chancen zu haben? «Das haben wir tatsächlich diskutiert» antwortet Toto Wolff, «aber letztlich haben wir uns dazu entschieden, so viel Speed als möglich im Qualifying zu haben. Du kannst es dir nicht erlauben, Kompromisse einzugehen.»

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