F1-Techniker John Banard: McLaren wie Supertanker
John Barnard
John Barnard ist derzeit auf Promo-Tournee für sein Buch. Der langjährige McLaren- und Ferrari-Chefkonstrukteur hat «The Perfect Car» geschrieben, nachdem er jahrelang versucht hat, den perfekten Formel-1-Rennwagen zu bauen. Einige Male ist er diesem Ziel sehr nahegekommen. Anfang der 80er Jahre war es der heute 72jährige Engländer, welcher an der Seite von Teamchef Ron Dennis McLaren wieder an die Spitze des Grand-Prix-Sports geführt hat. McLaren eroberte 1984 (mit Niki Lauda), 1985 und 1986 (mit Alain Prost) den Fahrer-WM-Titel, 1984/1985 fuhr McLaren auch den Konstrukteurs-Pokal ein.
Barnard seilte sich dann zu Ferrari ab, an die Erfolge mit McLaren konnte er dort nicht anknüpfen, auch bei Benetton nicht. Natürlich hat er McLaren in seinem Herzen behalten, und so schmerzt es doppelt, heute zu sehen, was bei seinem früheren Arbeitgeber passiert: Die Ehe mit Honda ein Debakel, McLaren seit Ende 2012 ohne Sieg, seit Anfang 2014 ohne Podestplatzierung. Gott weiss, wo McLaren ohne den bärenstarken Fernando Alonso stünde.
Barnard gibt zu denken, dass es bei McLaren möglicherweise an der Struktur mangelt. Im Rahmen seiner Buchvorstellung sagt Barnard den Kollegen von Autosport: «Ich glaube, es war Martin Whitmarsh, der bei McLaren das so genannte Matrix-Managementsystem eingeführt hat. Ich glaube nicht, dass dieses System funktioniert. McLaren muss die Denkweise ändern. Ich weiss nicht, wie lange so etwas dauert. Ich kann mich gut daran erinnern, wie lange es Anfang der 80er Jahre gedauert hat, alles umzukrempeln, und damals war das Team erheblich weniger gross. Ich beneide niemanden um den Job, McLaren wieder auf Kurs zu bringen. Das ist, als würdest du einem Supertanker umdrehen wollen.»
Barnard ist auch überzeugt, dass der Ausbau der McLaren-Gruppe dem Formel-1-Engagement abträglich gewesen ist. «Ich stand Diversifizierung immer sehr skeptisch gegenüber. Ich weiss, es war die Vision von Ron Dennis, diese riesige Firmengruppe aufzubauen, die Mega-Operation, die er leitet, und er hat das wirklich geschafft. Aber ich glaube, er hat das auf Kosten des Formel-1-Rennstalls getan.»
«Ich habe Ron ständig gesagt: “Wer kümmert sich bei euch wirklich um die Formel 1? Du musst zurückkommen und das Ruder in die Hand nehmen. Keiner kann das, nur du alleine!“ Und Ron meinte: „Aber ich habe doch diese Leute, sie machen dies, sie machen das.“ Ich schaue mir das heutige McLaren an und denke – hätte er sich meine Worte zu Herzen genommen, würde das alles heute ein wenig anders aussehen.»