Austin-GP: Wegen Max Verstappen – neue Randsteine
Höhen und Tiefen liegen in der Formel 1 dicht beisammen. Als die Zielflagge des USA-GP 2017 gefallen war, jubilierte Max Verstappen am Funk noch über sein tolles Manöver gegen Kimi Räikkönen: «Das hat Spass gemacht!» Der Red Bull Racing-Pilot war von Startplatz 16 hochgestürmt und nahm dem Ferrari-Veteranen kurz vor Schluss den dritten Platz ab. Aber die Rennkommissare kannten kein Pardon: Sie fanden, Max habe bei der Attacke auf Räikkönen neben der Bahn einen unfairen Vorteil erhalten. Sie brummten ihm fünf Sekunden auf, damit war Rang 3 weg. Verstappen wurde hinter Kimi Räikkönen auf Platz 4 strafversetzt.
Im Fahrerlager gingen die Meinungen weit auseinander. Martin Brundle fand: «Es hat seine Gründe, warum die Piste begrenzt ist. Nichts gegen tolle Manöver, und das war eines, aber er war halt wirklich neben der Bahn.» Der Österreicher Alex Wurz meinte: «Das war doch keine Regelverletzung, das war eine tolle Attacke. Und so etwas wird bestraft. Das finde ich sehr bedauerlich.» Red-Bull-Rennchef Dr. Helmut Marko schimpfte: «Solche Entscheidungen machen den Sport kaputt. Wir wollen doch alle aufregende Rennen, also das hatten wir! Keiner will solch pedantische Entscheidungen.»
Marko bekam für einmal Rückendeckung von Niki Lauda, dem Aufsichtrats-Chef des Mercedes-Rennstalls: «Eine dumme Entscheidung, dümmer geht es nicht. Die Fans gieren nach Spektakel. Und Verstappen hatte sich mit seiner tollen Fahrt dieses Siegerpodest verdient. Die Rennleitung sollte sich in solchen Situationen nicht einmischen. Das war doch ein schönes Überholmanöver.»
Verstappen selber ärgerte sich später: «Wenn ich eine Strafe bekomme, dann muss ich das verdauen. Aber mich ärgert, dass andere Fahrer keine Strafe erhalten haben, welche den ganzen Nachmittag über neben der Bahn waren.»
GP-Sieger Johnny Herbert: «Wir wissen alle, wie gut Max Verstappen ist. Aber neben der Bahn zu überholen, das ist für mich keine herausragende Fähigkeit.»
Max hatte sich mit einer Attacke scheinbar aus dem Nichts heraus in Kurve 17 auf Kimi geworfen, an dieser Stelle überholt innen eigentlich niemand. Martin Brundle: «Ich bin überzeugt, dass Kimi dort gar nicht mit einem Angriff gerechnet hatte.»
Red Bull Racing-Teamchef Christian Horner schäumte: «Wir hatten den ganzen Nachmittag über Autos neben der Bahn, und es gab keine Strafen. Ich finde das unfassbar streng gegen Max. Nein, es ist einfach falsch! Das war doch nicht mehr als harter, aber fairer Sport. Das Urteil der Kommissare ist eine Fehleinschätzung.»
Jos Verstappen, Papa von Max (der nicht in Texas war), formulierte es auf Twitter: unmissverständlich: «Das ist Bullshit, das stinkt zum Himmel, tut mir leid. Schande über die FIA!»
Die gescholtene FIA handelt nun. Als direkte Folge der Verstappen-Kontroverse hat der Autoverband zusammen mit den Betreibern des Circuit of the Americas beschlossen: Die Piste wird leicht geändert, so wie das schon in Mexiko getan worden ist. Formel-1-Rennleiter Charlie Whiting: «Wir gingen das Thema gleich an wie zuvor. Ein gutes Beispiel ist Mexiko. Da hat Lewis Hamilton 2016 in der ersten Kurve abgekürzt, aber solche Manöver 2017 waren nicht möglich, weil wir entsprechende Massnahmen ergriffen haben. In Texas nun werden an der entsprechenden Stelle niedrige Randsteine angebracht, welche das enge Schneiden der Kurve unattraktiv machen. Zudem werden wir ausgangs der letzten Kurve in Texas Randsteine legen und auch ausgangs der ersten Kurve. Wir lernen in Sachen Pistengrenzen ständig dazu. Aber ich glaube, wir bekommen das Schritt um Schritt in den Griff.»
Die Änderung ist inzwischen umgesetzt, wir nennen das mal salopp die Verstappen-Randsteine. In den Kurven 16 und 17 des «Circuit of the Americas» sind zwei Meter lange, ein Meter breite und 5 Zentimeter hohe Kunststoff-Elemente gelegt, damit ist das Abschneiden des Scheitelpunkts nicht mehr attraktiv.
Die FIA hat überdies am Ausgang der ersten Kurve einen Randstein platziert, um dort zu verhindern, dass die Fahrer über die Bahn hinausfahren, ohne dafür bestraft zu werden.