MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Mythos Monaco: Auto im Hafenbecken, Fahrer überlebt

Von Mathias Brunner
​Sie sind Helden, die den grössen Teil des Monaco-Wochenendes mit Warten verbringen: Froschmänner müssten eingreifen, wenn sich ein Horrorszenario entwickelt – ein Formel-1-Auto im Hafenbecken!

Im Wechsel allein liegt das Beständige, aber der Grad der Coolness eines Monaco-Besuchers wird noch immer von seinem Aussichtspunkt definiert: Richtig cool ist, wer das Geschehen auf der Bahn vom Deck einer Millionen-teuren Yacht verfolgen kann. Die schicken Boote, bildschöner Rahmen für den Formel-1-Trubel, rücken fürs Training und Rennen jeweils um ein paar Meter aufs Wasser hinaus. Froschmänner stehen bereit, sollte geschehen, was es in Monte Carlo erst zwei Mal gegeben hat – dass ein Pilot samt seines Rennfahrzeugs ins Wasser stürzt!

Am 22. Mai 1955 fiel Alberto Ascari mit seinem Lancia-Ferrari ins Hafenbecken von Monaco. Er konnte sich schwimmend ans Ufer retten, der Wagen wurde in der Nacht aus dem Wasser gefischt. Der Australier Paul Hawkins tat es ihm 1965 gleich. Auch er kam mit dem Leben davon.

Kurios: Beide Rennfahrer kamen an einem 26. Mai ums Leben – Ferrari-Star Ascari bei Testfahrten in Monza, nur vier Tage nach dem Unfall von Monaco, Hawkins bei einem Sportwagen-Rennen in Oulton Park, vier Jahre nach dem Unfall von Monaco.

Die genauen Umstände von Ascaris Unfall in Monza wurden nie geklärt. Völlig ungewöhnlich für den abergläubischen Ascari hatte er sich beim Sportwagentest von Eugenio Castellotti dessen Helm ausgeliehen und um den Wagen gebeten. Seine einleuchtende Erklärung: «Wenn man vom Pferd fällt, dann ist es am besten, wenn man gleich wieder aufsitzt.»

Bis heute hält sich die Legende, dass Ascari in der Curva Vialone einem Mann ausweichen wollte, der unerlaubt die Bahn kreuzte.
Albertos Tod bietet Gänsehaut-Parallelen zum Todessturz seines Vaters Antonio: Beide kamen an einem 26. ums Leben, beide waren dabei 36 Jahre alt. Beide wurden vier Tage nach einem schweren Unfall getötet, beide hatten zuvor 13 GP-Siege errungen. Beide hinterliessen eine Gattin mit zwei Kindern. Beide starben ausgangs von schnellen Linkskurven.

Aber was ging bei Ascari in Monaco schief? Ascari erzählte damals, er habe seinen Wagen beim Bremsen aus der Kontrolle verloren, der Ferrari habe einen Gehsteig touchiert und sei deshalb geradeaus Richtung Meer gefahren. Gummispuren zeigten später, dass der Champion noch verzweifelt zu bremsen versucht hatte. Der Ferrari durchbrach die Pistenbegrenzung aus Holzlatten wie Salzstangen und stürzte ins Meer.

Fans haben später diese eindrucksvolle Animation vom Unfallhergang erstellt:



Paul Hawkins fuhr in seiner Karriere nur drei Formel-1-Rennen, sein erstes in Südafrika war auch sein bestes – neunter Platz. Als Sportwagenfahrer war der Haudegen aus Melbourne ein absoluter Top-Fahrer, vor allem am Lenkrad von Ford GT40 oder Lola T70.

1969 stand Hawkins auf einer vom Autoverband FIA veröffentlichten Liste der besten Piloten, als einer von nur 27 Rennfahrern weltweit.

Hawkins war für seine Lebensfreude, eine blumige Sprache und auch für seine Monaco-Kuriosität bekannt: Im 1965er Monaco-GP fiel er samt Rennauto ins Hafenbecken, als er auf dem neunten Platz lag. Grund für den Crash gemäss Hawkins: «Der Wagen wollte ins Meer abbiegen.» Gut möglich, dass etwas an der Lotus-Aufhängung gebrochen war. Jedenfalls vollführte das Auto einen halben Dreher und Hawkins stürzte rückwärts ins Meer, im Gegensatz zu Ascari, der seitlich hineinkippte.

Sein Freund Jackie Epstein erinnert sich im Buch «Hawkeye»: «Paul war ein hervorragender Schwimmer, aber zehn Meter unter Meeresspiegel in einem Rennwagen zu sitzen, war auch für ihn kein Kinderspiel. Als die Froschmänner zum Auto kamen, schnappte sich Paul als Erstes ein Mundstück, um ein paar tiefe Züge zu nehmen, dann schwamm er an die Oberfläche.»

Die Szene fand später ihren Weg ins Drehbuch des Formel-1-Filmklassigers «Grand Prix».

Paul Hawkins hatte vor dem Sturz ins Meer noch die Geistesgegenwart, den Motor abzustellen! Der Climax-Motor wurde später wieder verwendet.

Der Australier gewann Sportwagenrennen wie die Targa Florio 1967 (als Porsche-Werksfahrer, an der Seite von Rolf Stommelen), auf dem Österreichring (nun im Ford GT40), in Monza 1968 (wieder im Ford). Er kam bei einem Unfall im Rahmen der RAC Tourist Trophy 1969 in Oulton Park ums Leben, wo er mit seinem Lola T70GT in einen Baum krachte, der Wagen ging in Flammen auf. Hawkins wurde nur 31 Jahre alt.

Wer sich heute betrachtet, wie umständlich Fahrer um den Kopfschutz Halo herum aus ihrem Renner krabbeln, der will lieber nicht daran denken, was mit ihm passiert, wenn er sich samt Auto im Hafenbecken wiederfindet. Bis heute ist auch unklar, wie ein so gestürzter Fahrer mit Sauerstoff versorgt werden soll. Auf eine entsprechende Frage an die FIA wurde vor wenigen Jahren mitgeteilt, man wolle sich das mal ansehen.

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