Niki Lauda tot: Im Kreis seiner Familie eingeschlafen
Die Motorsportwelt hat einen der ganz Grossen verloren: Andreas Nikolaus «Niki» Lauda ist tot. Seine Familie erkklärt: «In tiefer Trauer geben wir bekannt, dass unser geliebter Niki am Montag, den 20.05.2019, im Kreise seiner Familie friedlich entschlafen ist. Seine einzigartigen Erfolge als Sportler und Unternehmer sind und bleiben unvergesslich. Sein unermüdlicher Tatendrang, seine Geradlinigkeit und sein Mut bleiben Vorbild und Massstab für uns alle. Abseits der Öffentlichkeit war er ein liebevoller und fürsorgender Ehemann, Vater und Grossvater. Er wird uns sehr fehlen.»
Niki Lauda hatte in den Monaten zuvor mit grossen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Im Sommer 2018 musste er sich im Wiener AKH einer Lungentransplantation unterziehen. Seither hatte er verbissen um die Rückkehr in seinen geliebten Sport gekämpft. Aber ein Comeback als Aufsichtsrats-Chef des Mercedes-GP-Rennstalls musste immer wieder verschoben werden. Die Reha dauerte länger als geplant. Und es gab iumer wueder gesundheitliche Rückschläge, zum Beispiel einen Herzinfarkt eine Wioche vor dem 70. Geburtrstag. Es mussten Stents eingepflanzt werden. Lauda wurde dann zur Reha in die Schweiz gebracht, er blieb schwach und konnte nicht mehr in der Öffentlichkeit auftreten.
Als der GP-Tross zum WM-Finale 2018 in Abu Dhabi weilte, richtete sich die österreichische Rennlegende mit einer Videobotschaft an Freunde und Fans. «Das ist eine Nachricht an mein Team und meine Freunde. Wie ihr alle wisst, hatte ich zuletzt mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Die Unterstützung, die ich während meiner Genesung erfahren habe, ist unglaublich. Ich konnte früher wieder das Bett verlassen, weil ich spürte, dass ich Teil einer grossen Familie und eines starken Freundeskreises bin. Und nun kommt die wichtige Mitteilung: Ich werde bald wieder dabei sein. Vielen lieben Dank an euch alle.»
Lauda betont noch einmal, dass er die Hand am Puls des Formel-1-Geschehens behalten hat. «Ich habe kein Rennen verpasst, ich stand an den GP-Wochenenden in telefonischem Kontakt mit den Teams. Ich war immer auf dem Laufenden über alles. Es war, als stünde ich an der Rennstrecke. Die ganze Situation, ich kann es nicht oft genug sagen, hat mir gezeigt, wie warmherzig die Menschen sind, mit welchen ich seit Jahren arbeite.»
Angst habe er die ganze Zeit über nie gehabt, erklärte Lauda, auch wenn er die Lungen-OP als schlimmer einstufte als seine Verletzungen damals beim Unfall auf dem Nürburgring 1976. «Damals war das nur eine Sache von einem Monat oder etwas mehr. Gewiss, ich hatte schlimme Verletzungen, äusserlich und innerlich, aber danach ging es eigentlich recht schnell aufwärts. Hier hat sich alles hingezogen. Ich wusste, es würde sehr hart werden, da gibt es nur eines – kämpfen. Und das habe ich getan, jeden Moment. Jetzt wieder zuhause zu sein, das ist sehr schön.»
Der Formel-1-Weltmeister von 1975, 1977 und 1984 agierte seit 2012 gewissermassen als Aussenminister des Mercedes-Teams. Durch Spätfolgen nach dem Horrorunfall von 1976 hatte Lauda sich schon zweimal einer Nierentransplantation unterziehen müssen.
Vor kurzem wurde bekannt: Lauda war zur Blutwäsche in der Schweiz. Sein Immunsystem war geschwächt, es musste mit der zweiten Spender-Niere klarkommen und mit der transplantierten Lunge – und mit dem geschwächten Herz. Lauda hatte in den Jahren 1997 und 2005 je eine Niere von seinem Bruder und seiner heutigen Gattin Birgit erhalten. Deswegen befand sich Lauda aktuell nicht mehr in der angesehenen Reha-Klinik «Cereneo» in Vitznau in der Nähe von Luzern, sondern wurde in eine Privatklinik überstellt. Dort wurde per Dialyse-Behandlung das Blut des Formel-1-Weltmeisters gereinigt.
Erst jetzt wurde auch bekannt: Kurz vor seinem 70. Geburtstag erlittt Lauda einen Herzinfarkt, in einer weiteren Operation mussten ihm Gefässstützen (stents) eingesetzt werden. Von diesem erneuten Rückschlag erholte sich Lauda nicht mehr. Die Spätfolgen des schweren Nürburgring-Unfalls von 1976, die Nieren, die Lungen-Transplantation, der Infarkt – irgendwann war sein Körper überfordert.
Lauda hinterlässt aus erster Ehe zwei Söhne und aus seiner Ehe mit Birgit Lauda achtjährige Zwillinge.
Einzigartige Karriere
Andreas Nikolaus «Niki» Lauda wurde am 22. Februar 1949 in Wien als Sohn des Industriellen Ernst-Peter Lauda geboren und war von Kindesbeinen an verrückt nach Autos. Mit 19 Jahren begann er bei Bergrennen seine Karriere im Motorsport und startete 1969 in der Formel V, 1970 in der Formel 3 und der Formel 2. Seine Entschlossenheit, Rennfahrer zu werden, führte zum Bruch mit seiner wohlhabenden Familie, davon liess er sich aber nicht abhalten.
Niki Lauda hatte seine Passion gefunden und fuhr Tourenwagen- und Sportwagenrennen, um sich den Traum mitzufinanzieren. Am 15. August 1971 stand er beim Grand Prix von Österreich zum ersten Mal in der Startaufstellung eines Formel-1-Rennens. Mit Hilfe eines Bankkredits kaufte er sich 1972 ein Cockpit bei March, im darauffolgenden Jahr fuhr er für BRM. Für 1974 holte ihn Enzo Ferrari zur Scuderia nach Maranello, die sich zu der Zeit in einer tiefen Krise befand – auf Empfehlung von Clay Regazzoni, mit dem er 1973 bei BRM gefahren war.
Gemeinsam mit dem Konstrukteur Mauro Forghieri und dem Leiter der Rennsportabteilung Luca Montezemolo führte Niki Lauda die Roten wieder zurück auf die Strasse des Erfolgs. 1974 feierte er beim Grand Prix von Spanien in Jarama seinen ersten Sieg in der Königsklasse. Eine Reihe technischer Defekte und eigener Fehler kostete ihn jene Chance auf den Titel, die letztlich auch Regazzoni nicht nutzen konnte: Der Tessiner verlor das WM-Finale gegen Emerson Fittipaldi.
1975 konnte Lauda insgesamt fünf Mal siegen und wurde, als erster Ferrari-Pilot seit John Surtees 1964, Formel-1-Weltmeister.
1976 dominierte Lauda die Meisterschaft erneut und gewann vier der ersten acht Rennen – bis zum Grand Prix von Deutschland auf dem Nürburgring. Am 1. August 1976 krachte er, aus bis heute ungeklärter Ursache, kurz vor dem «Bergwerk» in die Streckenbegrenzung, das Auto fing Feuer und Lauda erlitt schwerste Verbrennungen und Verätzungen der Lunge. Im Krankenhaus bekam er schon die letzte Ölung, erholte sich aber überraschend schnell wieder und saß beim Grand Prix von Italien 42 Tage später schon wieder im Auto und wurde Vierter. Als bester Ferrari-Fahrer.
Nach Platz 8 in Kanada und Rang 3 in den USA führte Lauda die WM vor James Hunt an, stellte seinen Ferrari beim letzten Rennen im japanischen Fuji wegen des strömenden Regens und Nebels aus Sicherheitsgründen aber nach wenigen Runden ab, Hunt gewann die WM mit einem Punkt Vorsprung. Ihr episches Duell wurde später im Kinofilm «Rush» atemraubend nacherzählt.
1977 wurde Niki Lauda zum zweiten Mal Weltmeister in Rot, wurde aber schon drei Rennen vor Saisonende bei Ferrari vor die Tür gesetzt, da er für 1978 bei Bernie Ecclestones Brabham-Team unterschrieben hatte. 1978 kam er bei 14 Starts nur fünf Mal ins Ziel, stand dann aber jedes Mal auf dem Podium, in Schweden und Italien als Sieger. Ende des Jahres war er WM-Vierter.
Nach elf Ausfällen und nur zwei Zielankünften trat Lauda 1979 während des Trainings zum Grand Prix von Kanada zurück und konzentrierte sich auf den Aufbau seiner ersten eigenen Fluggesellschaft, der Lauda Air.
1982 kehrte er mit McLaren zurück in die Formel 1 und war mit zwei Siegen am Ende des Jahres Fünfter der Fahrerwertung. Das Jahr 1983 war wieder von vielen Ausfällen geprägt, und Lauda blieb die gesamte Saison über sieglos, erst 1984 sollte sich das Blatt wenden. Nachdem er auch da in den ersten neun Rennen die Zielflagge nur drei Mal gesehen hatte, stand er in den verbleibenden sieben Rennen sechs Mal auf dem Podium und wurde ein Mal Vierter. Das reichte, damit Niki Lauda mit einem halben Punkt Vorsprung auf seinen Teamkollegen Alain Prost – dem knappsten Abstand in der Geschichte der Formel 1 – zum dritten Mal Weltmeister wurde.
1985 gewann Lauda nur ein Rennen, während sein Teamkollege Prost Weltmeister wurde, und am Ende der Saison beschloss der Österreicher, seinen Rennhelm endgültig an den Nagel zu hängen.
Nach dem Ende seiner Formel-1-Karriere gründete Lauda, der selbst auch Verkehrspilot ist, seine Fluggesellschaft Lauda Air neu, 1990 bekam sie eine weltweite Linienflugkonzession. 1991 machte ein Absturz einer Boeing 767 der Lauda Air mit 223 Todesopfern in Thailand Schlagzeilen. 2002 übernahm die österreichische Fluggesellschaft Austrian Airlines die Lauda Air, nachdem sie seit 1997 Stück für Stück immer mehr Beteiligungen aufgekauft hatte.
2003 übernahm Lauda die Mehrheitsanteile der insolventen Aero Lloyd und gründete seine neue Fluggesellschaft NIKI, die 2011 von Air Berlin übernommen wurde. Als die Air Berlin in die Zahlungsunfähigkeit schlitterte, übernahm Lauda die NIKI und brachte sich als Laudamotion zurück in die Luft. Später verkaufte er die Gesellschaft an Ryanair.
Von Anfang 2001 bis Ende 2002 war Niki Lauda erst Rennleiter und später Teamchef des Formel-1-Teams Jaguar. Jahrelang war er als Formel-1-Experte von RTL unterwegs.
Seit September 2012 war er zudem Aufsichtsratsvorsitzender des Formel-1-Teams von Mercedes, an dem er seit Anfang 2013 mit 10% beteiligt ist. Sein grösster Coup: Er überzeugte 2012 in Singapur Lewis Hamilton davon, McLaren zu verlassen und ins Lager der Silberpfeile zu wechseln. Hamilton bedankte sich mit den WM-Titeln 2014, 2015, 2017 und 2018, Nico Rosberg war 2016 an der Reihe. Unter der Leitung von Lauda holte Mercedes-Benz fünf Fahrertitel in Serie und auch fünf Konstrukteurs-Pokale hintereinander.
1997 musste sich Niki Lauda einer Nierentransplantation unterziehen, Spender war damals sein Bruder Florian. 2005 folgte die zweite Transplantation, Spenderin dieses Mal seine heutige Ehefrau Birgit Wetzinger.
Birgit Wetzinger war Niki Laudas zweite Gattin. Seine erste Frau Marlene Knaus, mit der er von 1976 bis 1991 verheiratet war, schenkte ihm zwei Söhne: Lukas und Mathias. Mathias ist wie sein Vater Rennfahrer, Lukas arbeitet als sein Manager. 2009 wurde Niki Lauda noch einmal Vater von Zwillingen.