Toto Wolff, Mercedes: «Das hatten wir doch schon mal»
Toto Wolff
Anfang Juni erhielten die Formel-1-Teamchefs dicke Post: die erste Version des Reglements 2021. Ein Vorschlag erzeugte im Handumdrehen knallrote Köpfe – die Wagen müssten am Freitagmorgen abgenommen und dürfen danach nicht mehr verändert werden. Die so genannten Parc-fermé-Bedingungen gelten heute nach dem Qualifying, das Auto darf also für Sonntag nicht mehr verstellt werden. Künftig sollte gelten: So wie der Wagen zur Rennstrecke gebracht wird (zwei Trainings am Freitagnachmittag), so wird er am kompletten Wochenende gefahren. Anders gesagt: Die Abstimmung muss von Anfang an passen. Wer verwachst hat, der fährt ein Wochenende lang hinterher.
Grand-Prix-Sieger Johnny Herbert wunderte sich: «Ich verstehe diese Regel aus zwei Gründen nicht. Erstens begünstigt das wieder die Top-Teams. Sie haben viel hochgestochenere Simulationswerkzeuge als die Mittelfeldrennställe, also kommen sie besser vorbereitet zur Rennstrecke. Zudem haben wir es in der Vergangenheit ein paar Mal erlebt, dass ein Team am Freitag neben den Schuhen steht, die Autos sind nicht konkurrenzfähig, dann aber, mit viel Arbeit und Hirnschmalz, schaffen sie die Wende. Für mich ist auch das Formel 1. Wenn man das alles entfernt, ist das für mich reizlos.»
Mercedes-Teamchef Toto Wolff sagte damals am Freitag vor dem Stadt-GP von Montreal: «Ich finde schon die Idee nicht gut, die Trainings alle in den Nachmittag zu verschieben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies im Interesse der Rennveranstalter ist. Die angedachte Parc-fermé-Regel ist für mich komplett sinnlos. Wir haben auf der ganzen Welt keine Rennserie, in welcher die Autos drei Tage lang nicht mehr angerührt werden dürfen. Und wir sollen ausgerechnet als Königsklasse damit anfangen?»
«Mit dieser Regel öffnen wir die Büchse der Pandora für Strafen ohne Ende, wenn ein Auto in der Mauer steckt und diese neuen Teile ans Auto kommen müssen, die alle gewissen Regeln unterworfen sind. Ich finde die Grundidee wirklich merkwürdig: Wieso soll der Sport besser werden, wenn wir nicht mehr an der Abstimmung arbeiten? Was sollen wir da sparen? Wir erreichen doch genau das Gegenteil: Wir verbringen noch mehr Zeit teuren Simulationen, auf Prüfständen. Ich fände, es gäbe erheblich mehr Bereiche, die man sich anschauen müsste, als die Autos nicht mehr anzufassen.»
Aber noch hat die Formel-1-Führung die Pläne für einen strafferen Wochenend-Verlauf nicht aufgegeben. Toto Wolff im Rahmen des Ungarn-GP am Hungaroring: «Das hatten wir doch schon mal – wir haben das in der DTM vor ein paar Jahren versucht. Ergebnis: Das Wochenende wirkte unspektakulär, das Besondere war weg. Nur noch zwei Tage Action, das verringer den Wert eines Rennwochenendes, wir aber sollten hier die Königsklasse haben. Daher will ich nicht auf den Freitag verzichten.»
Wolff gibt aber zu: «Natürlich gibt es Rennwochenenden, an welchen der eingeschränkte Betrieb am Freitag, etwa wegen schlechten Wetters, direkt zu grandiosen Rennen geführt hat – weil die Teams nicht die Möglichkeit hatten, die Abstimmung der Rennwagen zu perfektionieren. Wieso dann am Sonntag einige Teams markant konkurrenzfähiger sind als andere, das kann ich auch nicht beantworten.»
«Was wir uns überlegen könnten: Das freie Training von 90 auf 60 Minuten zu verkürzen. Ich bin nicht dagegen, dass wir am Format feilen. Aber radikal gleich den ganzen Freitag als Fahrtag zu streichen, das fände ich schlecht.»