MotoGP: Neuer Yamaha-Motor zu stark

Clay Regazzoni und Monza: Eine besondere Geschichte

Von Mathias Brunner
​Der Tessiner Clay Regazzoni wäre an diesem 5. September 80 Jahre alt geworden. In Monza errang er seine grössten Erfolge: Sieger 1970 und 1975 mit Ferrari, auf dem dritten Platz 1979 im Williams-Ford.

Vor 40 Jahren gab es in Monza für die Tifosi kein Halten mehr: Jody Scheckter machte sich mit seinem Sieg im Ferrari 312 T4 zum Weltmeister, wie ein Schatten folgte ihm Ferrari-Idol Gilles Villeneuve, der Kanadier wurde Zweiter. Was die Fans besonders freute: Auf Rang 3 kam Clay Regazzoni ins Ziel, als Tessiner und früherer Ferrari-Pilot auf ewig einer der Ihren.

An diesem 5. September 2019 wäre Gian-Claudio «Clay» Regazzoni 80 Jahre alt geworden. Die moderne Formel 1 hätte dem Haudegen wenig gefallen. Als GP-Experte der italienischen RAI nannte er die Dinge beim Namen, politische Korrektheit war ihm zuwider. Er fand, die Fahrer müssten weniger labern und mehr liefern. Wie eine Rennstrecke nach der anderen mit diesen enormen Sturz-Zonen entmannt wurde, das prangte Regazzoni immer wieder an.

Ferrari-Teamchef Mattia Binotto sagte nach dem Tod von Niki Lauda im vergangenen Mai: «Niki Lauda und Clay Regazzoni, das sind für mich Kindheitserinnerungen. Als ich klein war, habe ich Niki und Clay für Ferrari siegen gesehen. Als Dreikäsehoch hat sich mir eingeprägt – das sind Männer ohne jede Furcht.»

Die Ferrari-Renaissance mit Lauda hätte es ohne Clay vielleicht nie gegeben. Der Mann, der Enzo Ferrari diesen jungen Wiener ans Herz gelegt hatte, war Regazzoni. Der Tessiner war 1973 an der Seite Nikis bei BRM gefahren und glaubte – der analytische Verstand des Österreichers sei für Ferrari ideal. Und so war es auch.

Die Leistung von Regazzoni wird vor dem Hintergrund von Niki Laudas unermüdlicher Arbeit oft übersehen. Piero Ferrari, Sohn des legendären Firmengründers Enzo Ferrari: «Es gab Piloten, die besonders feinfühlig waren. Wer solche Antennen besass, der spürte sowohl Chassis wie Motor ganz intensiv. Niki Lauda war ein solcher Fahrer. Besonders sensibel war auch Clay Regazzoni. Er hat uns den leisesten Muckser des Autos mitgeteilt in Zeiten, als es noch keine aufwändige Datenaufzeichnung gab.»

1974 hat Ferrari die Titelchancen von Regazzoni versemmelt, zu wenig standfest war der Motor – ein Motorschaden ausgerechnet in Monza erwies sich als gravierender Rückschlag in jenem Monza-GP, da lag Clay in Führung. Beim WM-Finale von Watkins Glen fuhr Clay mit einem jämmerlich abgestimmten Auto hinterher und wurde nur Elfter, Emerson Fittipaldi holte den Titel. Regazzoni trug für den verlorenen Titel eine Mitschuld: Er schrottete sein gutes Chassis bei Tests in den USA, in aller Eile musste das Team einen neuen Wagen aufbauen, der nie optimal abgestimmt werden konnte.

Clays damaliger Hauptgegner Emerson Fittipaldi erinnert sich so an den Schweizer: «Als wir zu den letzten beiden Rennen nach Nordamerika flogen hatte ich das Gefühl, dass ich die WM immer noch gewinnen konnte, aber Clay und Jody waren bedrohlich nahe dran. Regazzoni war ein toller Typ abseits der Strecke, aber sobald er sein Visier schloss, veränderte er sich. Er war ein unglaublich aggressiver Fahrer und gab keinen Zentimeter nach.»

Beim letzten Rennen in Watkins Glen kam der Ferrari besser weg und ging vor Fittipaldi in die erste Kurve, Emerson konnte sich aber gleich danach in den Windschatten seines Rivalen hängen. «Als wir beide die lange Gerade auf Kurve 2 zufuhren, eine weitere 90-Grad-Kurve, kam die Nasenspitze meines McLaren immer näher an das Getriebe von Clays Ferrari. Wir nannten seinen Ferrari das breiteste Auto der Formel 1, und das kam daher, dass er über die gesamte Streckenbreite hin- und herfuhr, nur damit man nicht vorbeikam. Er zog nach rechts, obwohl ich schon fast gleichauf mit ihm war. Ich hatte keine Lust, klein beizugeben. Als wir beide bremsten, zog er ganz leicht nach links, um einen Unfall zu vermeiden. Das war’s.»


132 Rennen, fünf Siege, fünf Pole-Positions, 212 WM-Punkte und WM-Zweiter 1974 auf Ferrari; das ist die beeindruckende Bilanz von Clay Regazzoni (1939-2006), dem erfolgreichsten Schweizer Formel 1 Fahrer aller Zeiten. 1980 beendete ein schwerer Unfall in Long Beach seine GP-Karriere, Regazzoni war querschnittgelähmt. Die englischen Journalisten hatten ihn aufgrund seiner scheinbaren Unverwundbarkeit in vielen Unfällen den «Unzerstörbaren» getauft. Regazzoni liess sich von seiner Behinderung nicht unterkriegen. Mit einer Handgas-Vorrichtung fuhr er wieder Rennen und bestritt sogar die Rallye Paris–Dakar.

Am 15. Dezember 2006 kollidierte der Südschweizer auf einer Schnellstrasse im Westen von Parma am Lenkrad seines Chrysler Voyager mit dem Heck eines Lastwagens, der Wagen von Regazzoni krachte schwer in die Leitschienen, nach Angaben der Sachverständigen war der Rennfahrer auf der Stelle tot. Die genaue Unfallursache wurde nie geklärt, Strasse und Sicht waren sehr gut, Regazzoni war nicht zu schnell gefahren, es gab kein Anzeichen für ein Versagen des Fahrzeugs oder für ein gesundheitliches Problem des Fahrers. Clay Regazzoni liegt auf dem Friedhof von Porza, nördlich von Lugano, begraben.


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