Mick Schumacher (Ferrari): Abu Dhabi-9., Camara-Sieg
Der Plan von Mick Schumacher war denkbar einfach: Der Nachwuchsfahrer von Ferrari wollte beim Finale in Abu Dhabi seine erste Formel-2-Saison auf einer positiven Note beenden. Im Abschlusstraining hatte ihm ausgerechnet sein Prema-Stallgefährte Sean Gelael eine letzte Runde verhagelt, mit einem Dreher in der zweitletzten Kurve.
Formel-3-Champion Schumacher hat 2019 einige kampfstarke Rennen gezeigt, er hat aber auch Lehrgeld bezahlt, hier nochmals seine Saison im Schnelldurchlauf (mit seinen Ergebnissen im Hauptrennen und im Sprint).
Bahrain: 8. und 6.
Aserbaidschan: Ausfall und 5.
Spanien: 15. und 12.
Monaco: 13. und 11.
Frankreich: Ausfall und Ausfall
Österreich: 18. und 4.
Grossbritannien: 11. und 6.
Ungarn: 8. und Sieg
Italien: Nicht klassiert und 6.
Russland: Ausfall und Ausfall
Das alles ergab vor den letzten zwei Rennen in Arabien 51 Punkte und Zwischenrang 12. Der 20-Jährige weiss genau: 2020 muss eine markante Steigerung kommen, um für 2021 eine Formel-1-Tür aufzuschubsen. Seine Aufgabe im nächsten Jahr wird innerhalb von Prema nicht leichter: Der neue Formel-3-Meister Robert Shwartzman ist fahrerisch von anderem Kaliber als der mittelmässige Gelael.
Beim Start zum Hauptrennen auf der Insel Yas kam McLaren-Junior Sergio Sette Camara von der Pole-Position weg, als wäre er festgeleimt, die Räder drehten viel zu stark durch, der Westschweizer Louis Delétraz ging von Platz 3 in Führung, vor Ferrari-Junior Callum Ilott. Mick Schumacher machte gleich einen Rang gut und kam als Neunter aus der ersten Runde zurück. Nick de Vries griff sich Jack Atiken und machte sich auf die Jagd nach Honda-Zögling Nobuharu Matsushita.
Artem Markelov quetschte sich an Schumacher vorbei, also Mick wieder einen Platz zurück. Erster Fahrer auf dem härteren Reifen: der siebtplatzierte Guanyu Zhou, alle anderen Piloten waren mit dem weicheren Pirelli ins Rennen gegangen und mussten damit rechnen, dass diese Mischung nach wenigen Runden dramatisch abbaut.
In Runde 4 schnappte sich Zhou Meister de Vries, weiter vorne machte Matsushita mit Sette Camara kurzen Prozess. Die Reifen von Delétraz schrien «genug», Matsushita (mit dem härteren Pirelli) ging in Führung. Gemäss Reglement dürfen erst ab Runde 6 Reifen gewechselt werden, die Fahrer mit den weicheren Walzen hatten nun alle Hände voll zu tun. Schumacher konnte das besser als seine direkten Gegner und rückte auf Rang 7 vor.
Ende der sechsten Runde kamen herein: Delétraz, Latifi, Schumacher, Ilott und ein halbes Dutzend weiterer Piloten wollten ihre superweichen Pirelli endlich loswerden.
Vorne kontrollierte nun Matsushita das Geschehen, sechs Sekunden vor dem Chinesen Zhou. Schumacher fiel wegen des Reifenwechsels auf Platz 13 zurück, mit de Vries im Nacken. Bestplatzierter Fahrer mit schon einem Stopp: Delétraz, als Achter.
Mick Schumacher schimpfte am Funk: «Markelov vor mir verliert Öl.» Der Russe erledigt sich bald von selber – Fünfsekundenstrafe, weil er in der Boxengasse das Tempolimit gebrochen hatte.
Dann virtuelle Safety-Car-Phase: Mahaveer Raghunathan hatte sich gedreht, sein Auto muss weggeschoben werden. Der überforderte Inder hat in dieser Saison 24 Strafpunkte angehäuft für verschiedene Vergehen und sollte keine Formel 2 fahren.
Markelov nahm Tempo raus, sein Motor war hinüber, Mick Schumacher rückte also einen Rang vor und war nun Elfter, knapp sieben Sekunden hinter seinem Ferrari-Juniorkollegen Ilott.
Nach einem Renndrittel führte noch immer Matsushita vor Zhou, dahinter Giuliano Alesi, verfolgt von Luca Ghiotto, in Runde 12 ging er an Alesi vorbei. Auch der erhielt von der Rennleitung eine Fünfsekundenstrafe – er war unter virtuellem Safety-Car zu schnell unterwegs gewesen.
Es bahnte sich ein Kampf zwischen den Carlin-Piloten an: Matsushita, der zwischendurch einen massiven Verbremser hatte und geradeaus neben die Bahn schlitterte, gegen Delétraz, der seinen Reifenwechsel schon hinter sich hatte und stoppbereinigt bereits vorne lag.
Mick Schumacher fuhr als einsamer Zehnter herum, sechs Sekunden hinter Ilott. Meister de Vries jammerte am Funk: «Keine Chance, dass ich mit diesen Reifen das Rennen zu Ende fahren kann.»
Es wurde klar: Der Sieg entscheidet sich, wenn die ersten Fahrzeuge ihre härteren Reifen eintauschen. Auch Teamchef Trevor Carlin wusste nicht, wie das ausgeht zwischen Matsushita und Delétraz. «Es wird knapp, vielleicht mit leichten Vorteilen für Louis.»
Am Ende von Runde 26 hatte Matsushita den Chinesen Zhou im Nacken, Delétraz weiter hinten nur 24 Sekunden hinter dem Leader, als Vierter. Befehl an den Japaner: «Wir stoppen am Ende dieser Runde.» So lange wollte Zhou nicht zuschauen und hing am Getriebe von Matsushita.
Matsushita kam rein, Zhou hingegen blieb draussen, der Stopp verlief reibungslos. Weiter hinten verlor Delétraz einen Platz an den Brasilianer Sette Camara. Das war die entscheidende Szene, denn der Südamerikaner hatte vielleicht am Start gepatzt, danach aber in Sachen Reifen-Management alles richtig gemacht.
Nun endlich auch Zhou an der Box, Leader also Sette Camara vor Delétraz, Matsushita sechs Sekunden zurück.
Weiter hinten verlor Schumacher einen Platz an Alesi, das war wichtig, denn es ging um Rang 8, und der Achtplatzierte vom Samstag steht im Spritrennen am Sonntag auf Pole.
Zwei Runden vor Schluss: Sette Camara 3,7 Sekunden vor Delétraz, Matsushita fuhr drei Sekunden schneller als der Leader, holte schnell auf den Genfer auf. Trevor Carlin macht dann einen entscheiden Fehler: Er liess Delétraz und Matsushita balgen, statt Nobuharu vorzurücken, um noch eine Chance gegen Sette Camara zu erhalten.
Delétraz fiel noch hinter Zhou zurück, Matsushita reichte es nicht mehr gegen Camara – zweiter Saisonsieg für den McLaren-Nachwuchsfahrer (nach Österreich), sein dritter Sieg in der Formel 2. Platz 2 für Matsushita vor Zhou, dann der enttäuschte Delétraz, gefolgt von Ilott, Ghiotto, Latifi, Alesi (am Sonntag auf Pole), Mick Schumacher wurde Neunter.