GP-Piloten in China: Haben sie das wirklich gesagt?
Hin und wieder denken wir: Was steckt wirklich unter den Helmen?
Pressemitteilungen sind oft eher Behinderung als Hilfe: Was da zum Teil an Weisheiten dargeboten wird, hat mit den Aussagen der Rennfahrer oder der Wahrheit oft nur noch entfernt etwas zu tun. Da wird an Sätzen so lange gefeilt, bis jede Spannkraft verpufft und jedes interessante Detail getilgt ist. Da werden technische Probleme gar nicht erst aufgeführt (getreu dem Motto: Wenn wir nicht darüber sprechen, gehen die Schwierigkeiten vielleicht von selber weg) oder schöngeredet. Ich kann mich an einen kapitalen Motorschaden erinnern (wegfliegende Metallteile, Feuer, das ganze Programm), in der Medienmitteilung am Abend war davon mit keiner Silbe die Rede ...
Viele Fahrer führen am Freitag keine Mediengespräche mehr, Einzelgespräche mit Journalisten sind verpönt, daher sind viele Medienschaffende auf Pressemitteilungen angewiesen.
Sie sind es auch deshalb, weil die Teams keine Rücksicht aufeinander (oder den Zeitplan unsereins) nehmen und Rennfahrer im Fahrerlager zur gleichen Zeit sprechen.
Umso wichtiger wäre es, dass in Team-Mitteilungen etwas Fleisch am Knochen wäre. Leider nagen wir oft umsonst. Was wieder mal beweist: Die Formel 1 generell macht in Sachen Öffentlichkeitsarbeit lausige Arbeit. Viele Mediendelegierte im GP-Sport haben nicht verstanden, worin ihre Arbeit eigentlich besteht. Sie sollen Information vermitteln, nicht verhindern.
Wir haben uns vom Freitag in China alle Teammitteilungen in Ruhe durchgelesen und möchten dem Leser mal verraten, welch schimmernde Perlen an Information da teilweise feilgeboten werden.
«Wir haben viele Daten, die wir heute Abend durcharbeiten müssen, bevor wir morgen dann Fortschritte machen.»
(Kamui Kobayashi)
So wie jedes Team nach jedem Tag tonnenweise Daten wälzt. Und Fortschritte liegen in der DNA der Formel 1. Also können wir uns all diese Binsenweisheiten sparen.
«Im Verlaufe des Wochenendes, wenn mehr Gummi auf der Bahn liegt, verbessert sich die Haftung.»
(Marcus Ericsson)
Eine Sensation wäre das Gegenteil. Solche Sätze zu sagen, ist ungefähr so hilfreich, wie festzustellen – und wenn es regnet, dann wird die Bahn nass.
«Wir müssen die Leistungsfähigkeit des Wagens verbessern.»
(Jules Bianchi)
Hold the front page! Ein Fahrer, der sein Auto schneller machen will! Mal ganz etwas Neues!
«Die Bedingungen hier sind ganz anders als in Bahrain.»
(Max Chilton)
Genau, und um das festzuhalten, hält ein Berichterstatter die Nase in den Wind und ein scharfes Auge auf die Rennstrecke.
«Wir wissen, dass die anderen Rennställe auch Fortschritte machen.»
(Felipe Massa)
Au backe, wer nur hätte damit rechnen können!
«Alles in allem bin ich optimistisch.»
(Valtteri Bottas)
Alles in allem kann man diesen Satz streichen, denn Rennfahrer sind von Berufs wegen Optimisten.
«Für morgen haben wir noch immer einiges an Arbeit vor uns.»
(Jean-Eric Vergne)
Wer hätte das gedacht?
«Wir haben viele Daten gesammelt, die wir nun studieren.»
(Daniil Kvyat)
Siehe Kobayashi ...
«Ich bin nur im zweiten Training gefahren.»
(Adrian Sutil)
Für all jene, denen nicht aufgefallen war, dass im ersten Training Giedo van der Garde in Adrians Sauber-Renner sass.
«Wir sind nicht dort, wo wir gerne wären.»
(Esteban Gutiérrez)
Abgesehen von den Mercedes-Fahrern: Wer ist das schon?
«Wir können über Nacht noch einiges tun.»
(Jenson Button)
Da hätten wir auch schön gestaunt, wenn der cleveren McLaren-Truppe nichts mehr einfallen würde.
«Hoffen wir, wir können uns fürs Rennen verbessern.»
(Kevin Magnussen)
Hoffen wir, wir müssen so einen Satz nie wieder lesen.
«Jeder arbeitet hart, sei dies auf der Chassis- wie auf der Antriebsseite.»
(Romain Grosjean)
Wieso muss in Medienmitteilungen eigentlich immer wieder darauf hingewiesen werden, wie hart überall gearbeitet wird?
«Wir müssen vorwärtsblicken.»
(Pastor Maldonado)
Ein kluger Satz, vor allem wenn wir daran denken, dass der Venezolaner im ersten Training von der Bahn ratterte, weil er auf sein Lenkrad hinunter schaute. Oder war das am Ende anders gemeint?
«Hoffen wir, wir treffen die richtigen Entscheidungen.»
(Fernando Alonso)
Wie Perl S. Buck schon sagte: «Die Hoffnung aufzugeben bedeutet, nach der Gegenwart auch die Zukunft preiszugeben.»
«Heute Abend konzentrieren wir uns auf die Daten-Analyse.»
(Kimi Räikkönen)
Tja, und Sie dachten wohl, Kimi würde sich kopfüber ins Nachtleben von Shanghai stürzen ...
«Es gibt viel zu tun.»
(Lewis Hamilton)
Es ist Formel 1, da gibt es immer viel zu tun.
«Es gibt eine Notwendigkeit, kreativ zu sein.»
(Nico Rosberg)
Es ist Formel 1, da ist Kreativität immer eine Notwendigkeit.
«Sehen wir mal, wie es morgen und am Sonntag geht.»
(Daniel Ricciardo)
Sehen wir mal, ob wir in diesem Satz so etwas wie Information finden. Äh – nein.