Formel 1: Zeigt die Boykott-Drohung Wirkung?
Ablenkungsmanöver, Lippenbekenntnis oder echte Einsicht: Formel-1-Chefpromoter Bernie Ecclestone sorgte mit seinen jüngsten Aussagen für Diskussionen im Fahrerlager
Im Fahrerlager von Austin sorgten die klaren Worte von Bernie Ecclestone für Erstaunen. Der Formel-1-Chefpromoter gestand vor versammelter Journalisten-Schar: «Ich weiss, was das Problem ist. Aber ich weiss nicht, ob ich es lösen kann.» Und er sagte auch: «Vielleicht wird das Geld tatsächlich falsch verteilt, und vielleicht ist das meine Schuld. Damals, als wir die ganzen Abkommen mit den Teams gemacht haben, schien es eine gute Idee zu sein.»
Zuvor hatte ein Gerücht die Runde gemacht, wonach Sauber, Force India und Lotus über einen Boykott des US-GP diskutiert hätten. Gut möglich, dass diese Drohung, die vom stellvertretenden Force India-Teamchef Bob Fernley vor laufender Kamera bestätigt, von Force India-Oberhaupt Dr. Vijay Mallya hingegen klar dementiert wurde, zu den klaren Worten von Ecclestone geführt hat. Denn das Fehlen von Marussia und Caterham hatte der 84-jährige Brite zuvor mit den Worten quittiert: «Das ist kein Drama.» Und die Finanzsorgen von Sauber, Lotus und Force India kommentierte er trocken mit: «Sie sind alt genug, um sich selbst zu helfen.
Nicht alle begrüssten die Idee eines GP-Boykotts. So erklärte etwa der US-amerikanische Rennlegende Mario Andretti gegenüber den Kollegen von Sky Sport: «Ehrlich gesagt will ich gar nicht erst darüber reden, denn ich bin kein Freund von Boykotten. Ich denke auch, dass sich die Verantwortlichen, die sich solche Massnahmen überlegen, nicht bewusst sind, dass sie nicht nur dem Event schaden, sondern in erster Linie sich selbst. Das ist nicht das richtige Mittel, um seine Interessen durchzusetzen.»
Nur ein Lippenbekenntnis von Bernie Ecclestone?
Während sich die Einen über das zögerliche Schuldeingeständnis von Ecclestone freuen und hoffen, dass nun endlich gehandelt wird, mahnen Andere zur Vorsicht. Etwa der ehemalige Williams-CEO Adam Parr, der die Eingeständnisse des Formel-1-Oberhaupts mit folgenden Worten auf Twitter quittiert: «Meisterliches Ablenkungsmanöver von Bernie: Er spielt die grossen Teams gegen die Kleinen aus. Aber es sind nicht die Rennställe, die zu tief in den Geldtopf der Formel 1 greifen.»
So ganz Unrecht hat der 49-jährige Brite nicht, denn Ecclestone erklärte auch: «Wir machen nichts, weil wir es nicht können. Wir sind an Regularien und Verträge gebunden.» Und er schimpfte: «Früher hätten wir uns an einem Tisch zusammen gerauft. Heute aber werden sich die modernen Kerle über nichts einig. Weil sie sich alle jemand anders gegenüber verantworten müssen.» Damit stellt der gewiefte Geschäftsmann klar: Die Initiative muss von den Teams ausgehen. Und genau da liegt das Problem.
Denn wie Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff in der Freitags-Pressekonferenz treffend erklärt hatte: Es ist der Job der Teamverantwortlichen der grossen Rennställe, den sportlichen und wirtschaftlichen Erfolg zu garantieren und zu vergrössern. Eine freiwillige Abgabe der bisher erstrittenen Vorteile kommt deshalb nicht in Frage.
Hoffen lässt folgende Einsicht von Bernie Ecclestone: «Das Problem wird nicht von selber weggehen. Das ist keine Grippe, bei der du ein Medikament nimmst und irgendwann ist sie wieder weg. Wir müssen etwas tun. Wenn genügend Menschen Willens sind, eine Lösung zu finden, dann wird das auch passieren. Die Menschen werden Opfer bringen müssen.» Die Frage ist nur, was alles noch passieren muss, damit die grossen Teams das auch einsehen.