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Helmvisiere: FIA krebst zurück, wegen Feuergefahr!

Von Mathias Brunner
Daniel Ricciardo in Russland mit dem Aeroscreen von Red Bull

Daniel Ricciardo in Russland mit dem Aeroscreen von Red Bull

​Die Regel um Abreissvisiere in der Formel 1 und ihre Umsetzung wird immer merkwürdiger: Nun gilt doch wieder das Prinzip Wegwerfgesellschaft – wegen Feuergefahr!

Hin und wieder balanciert die Regelumsetzung beim Autoverband FIA an der Grenze zum Lächerlichen. SPEEDWEEK.com-Leser wissen: Zur Saison 2016 hin ist unter Artikel 1.2 von Kapitel 3 verankert worden, dass Fahrer auf der Strecke keine Helmabreissvisiere mehr wegwerfen dürfen. Leider mussten die Regelhüter dann eingestehen, dass sich bis Australien keine Lösung finden lässt, die Einführung des Verbots wurde daher bis zum Spanien-GP-Wochenende aufgeschoben, dann erneut bis Monaco. Haas-Fahrer Romain Grosjean wunderte sich: «Was? Ich dachte, das gilt seit Australien! Ich habe jedenfalls die ganzen verschmutzen Folien irgendwo ins Auto gestopft.»

Stand heute Donnerstag in Monte Carlo: Problem weiter ungelöst. Die FIA hat den Teams deshalb eine neue Richtlinie ausgegeben – ab sofort ist es wieder erlaubt, Folien aus dem Cockpit davonflattern zu lassen, allerdings maximal zwei pro Rennen.

Bei Treffen mit FIA-Vertretern konnten die Fahrer das Argument ins Feld führen: «Was passiert eigentlich bei einem Feuerunfall, wenn ich am Körper ein Säckchen mit alten Folien trage? Schmilzt der Kunststoff dann durch den Overall?» Charlie Whiting, einer der wenigen Männer in der Formel 1, die fast auf jeden Fall gedanklich gerüstet sind, reagierte verblüfft: «Ehrlich gesagt – daran habe ich nicht gedacht.»

Hintergrund der neuen Vorschrift war: Wegwerffolien können sich in Bremslufthutzen verfangen, in den Frontflügeln, in Einlässen der Airbox. Die möglichen Folgen: zu hohe Bremstemperaturen bis hin zu geplatzten Scheiben, gestörte Aerodynamik an der Vorderachse, Motorschäden. Die Fahrer verwenden in einem Grand Prix bis zu fünf solcher Abreissvisiere, um zwischendurch wieder freie Sicht zu erhalten.

Fernando Alonso musste beispielsweise vor ziemlich genau einem Jahr im Spanien-GP aufgrund eines Bremsdefekts aufgeben – wegen eines Abreissvisiers.

Zuvor gab es in der McLaren-Box eine Schrecksekunde, als der Spanier beim Boxenstopp über seinen Standplatz hinaus schlitterte, weil seine Bremsen schlappgemacht hatten. Zum Glück wurde kein Mechaniker verletzt.

Helmspezialist Peter Bürger, für die Formel-1-Helme von Arai zuständig: «Wir hatten erwogen, uns eine technische Lösung aus dem Motocross auszuleihen. Da haben wir ja eine Art Film, der sich über das Visier verschiebt, mit zwei kleinen Spulen an der Seite. Man kann das mit einer Fotozelle verbinden: Wenn der Fahrer mit der Hand darüber wischt, dann zieht nach einem Signal des Bewegungsmelders das System den Film eine Visierbreite weiter, und der Pilot hat wieder freie Sicht. Wir hatten diese Lösung im Windkanal und haben gemerkt – das funktioniert in der Formel 1 nicht. Der Wind drang unter die Folie ein und hob ihn hoch. Die beiden Spulen an der Seite sind zudem eine aerodynamische Katastrophe. Auch die Sicherheit ist kompromittiert.»

«Die Wahrheit ist: Es gibt keine technische Lösung als Alternative für Abreissvisiere. Zudem hätte man diese Filmlösung bei der FIA nachhomologieren lassen müssen. Das ist alles sehr kompliziert.»

Das Thema hat sich für 2017 vielleicht sowieso erledigt – wenn als Kopfschutz der Aeroscreen von Red Bull eingeführt würde. Die Schutzscheibe der Red-Bull-Lösung würde Abreissvisiere überflüssig machen.

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