KTM bekräftigt MotoGP-Teilnahme 2025

Hervé Poncharal: Warum er von Oliveira begeistert ist

Von Günther Wiesinger
Red Bull-KTM-Tech3-Teambesitzer Hervé Poncharal verliert Miguel Oliveira ans KTM-Werksteam. Im Interview mit SPEEDWEEK.com lobt er die Vorzüge des Portugiesen – und er erwähnt auch eine kleine Schwäche.

Das Red Bull KTM-Tech3-Team von Hervé Poncharal hat im vergangenen Jahr mit Miguel Oliveira in der 20. MotoGP-Saison des Rennstalls die ersten zwei Rennen in der Königsklasse gewonnen – in seiner erst zweiten Moto-GP-Saison. Besonders der überragende Start-Ziel-Sieg hat die fahrerischen Fähigkeiten des Portugiesen demonstriert, der am 4. Januar seinen 26. Geburtstag feiert.

Oliveira hat die Ausbildung zum Zahnarzt wegen seiner Rennkarriere unterbrochen. Er hat in den Klassen Moto3 und Moto2 im Red Bull KTM-Ajo-Team je sechs GP-Siege gefeiert und die WM zweimal als Vizeweltmeister beendet – 2015 in der Moto3 und 2018 in der Moto2-Klasse.

Der aktuelle MotoGP-WM-Neunte zählt zu den intelligentesten Piloten der «premier class», er zählt zur neuen Generation und hat durch seine 2020-Performance auch bei den Konkurrenzteams Aufsehen erregt. KTM will aber die vielversprechenden Eigengewächse wie Brad Binder und Oliveira langfristig binden. Deshalb wird der zweifache Moto2-Siege für 2021 ins Red Bull KTM Factory Racing Team befördert und damit die Basis für eine Vertragsverlängerung gelegt.

Tech3-KTM-Teambesitzer Hervé Poncharal (63) hat Oliveira jetzt zwei Jahre unter seinen Fittichen gehabt – und viel Gefallen an seinem schnellen und hoch begabten Schützling gefunden.

«Über die Intelligenz von Miguel möchte ich am liebsten nicht sprechen», betont der Franzose im Interview mit SPEEDWEEK.com. «Denn sie hat bereits für genug Polemik gesorgt...»

Man erinnert sich an den ersten Spielberg-GP 2020. Pol Espargaró und Oliveira kämpften um einen Podestplatz – und kollidierten dann in Kurve 4, der ehemaligen Bosch-Kurve, beide schieden durch Stürze aus. Danach ließ Oliveira durchblicken, Pol sei oft zu emotional und denke zuwenig nach. Espargarós Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten – er verglich den künftigen Zahnarzt Miguel Oliveira mit dem Genie Albert Einstein. Deshalb streckte Oliveira eine Woche später nach seinem Sieg im Steiermark-GP die Zunge heraus. Das Kennzeichen von Einstein.

Hervé Poncharal ist nicht verborgen geblieben, dass Oliveira smart, clever und gebildet ist. Und der Teambesitzer weiß, dass so eine Begabung im Motorsport kein Hindernis darstellt.

«Wenn wir einen Blick auf das Portimao-GP-Weekend werfen, dann ist das etwas, was wir uns vorher in Zusammenhang mit Miguel nicht in diesem Ausmaß vorgestellt haben», räumt Poncharal ein. «Hätte mir vor diesem Weekend jemand so eine Performance von ihm angekündigt, hätte ich erwidert: ‘Nein, du sprichst nicht von Oliveira. Du sprichst von Marc Márquez. Pole-Position, Rundenrekord, Start-Ziel-Sieg.' Aber ich widerspreche nicht: Miguel ist klug, er denkt viel nach. Ich bin überzeugt: Heute muss jeder MotoGP-Fahrer über ein immenses Talent verfügen und die erstaunliche Fähigkeit haben, ein so starkes Rennmotorrad so zu beherrschen, wie es höchstens zwei Dutzend Menschen auf diesem Planten können. Wenn du schlau bist, hilft dir das bei der Suche nach einem brauchbaren Set-up. Du verstehst dann, was du machen musst, um ein Set-up für die Renndistanz zu finden und die Reifen schonen zu können. Du musst auch austüfteln, wie viel Power du nutzen kannst, um den Spritverbrauch am Ende nicht drosseln zu müssen. Du musst über so viele Parameter nachdenken… Deshalb ist es sehr wichtig, klug und außerdem ruhig zu sein.»

Poncharal weiter: «Ich war am Portimão-Wochenende wirklich stark beeindruckt. Denn normal spürst du bei einem Fahrer bei einem Heim-GP die Nervosität, wenn die Erwartungen so hoch sind. Das ist komplett normal. Üblicherweise macht ein Spitzenfahrer in so einem Fall mehr Fehler als sonst. Ich war erstaunt, dass Miguel bei seinem Heim-GP völlig ruhig geblieben ist, obwohl ganz Portugal ein Spitzenresultat von ihm erwartet hat. Sogar am Startplatz vor dem Rennen war er entspannt. Das hat mich überrascht. Ja, er ist pfiffig und smart, wenn er spricht, er versteht viel. Aber manchmal hast du kluge Fahrer, die außerdem in die Rolle des Ingenieurs schlüpfen wollen. Bei Miguel ist das anders. Er nutzt sein Hirn, um das Maximum aus jedem einzelnen Crew-Mitglied raus zu kitzeln. Er schreibt seinem Daten-Ingenieur und seinem Strategie-Spezialisten nie vor, was er bekommen will. Aber er strengt sich an, um herauszufinden, was die beiden Techniker von ihm erwarten. Miguel unterscheidet sich stark von den meisten anderen Piloten, mit denen ich bisher gearbeitet habe.»

In den kleinen Klassen zählte die Qualifying-Performance zu den Schwächen von Oliveira. Sie hat dazu beigetragen, dass er bisher nie einen Weltmeistertitel gewonnen hat. Auch 2020 ließen die Quali-Ergebnisse in der ersten Saisonhälfte oft zu wünschen übrig. Erst im Finish wurden sie besser.

Die 14 Quali-Resultate von Oliveira 2020 sprechen Bände: 15, 5, 13, 11, 7, 12, 15, 12, 12, 18, 8, 7, 10 und 1.

«Ja, in diesem Bereich muss sich Miguel noch verbessern. Wenn wir auf dem Startplatz öfter weiter vorne gestanden wären, hätten wir deutlich mehr Punkte sammeln können. Am Schluss fehlten uns ja nur 14 Punkte zum dritten WM-Rang», rechnet der Teamchef vor. «In Brünn ist Miguel von Platz 11 weggefahren. Wenn man sich die Rundenzeiten von Sieger Brad Binder und Miguel anschaut und sie vergleicht, hätten wir in Tschechien bereits ein Topergebnis erreichen können. So hat es zu Platz 6 gereicht. Der Unterschied zu Brad war der Startplatz… Aber das Qualifying war 2020 immer hart umkämpft. Es gab oft Stürze und gelbe Flaggen, oft wurden Topzeiten bei uns gestrichen. Oder es stand ein langsamer Kollege im Weg. Trotzdem gibt es Quali-Spezialisten. Ich muss da den Hut vor Pol Espargaró ziehen. Pol ist immer zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle – und hinter dem richtigen Fahrer.»

Alle MotoGP-Sieger 2020

Jerez-1: Fabio Quartararo (Petronas Yamaha)
Jerez-2: Fabio Quartararo (Petronas Yamaha)
Brünn: Brad Binder (Red Bull KTM)
Spielberg-1: Andrea Dovizioso (Ducati Team)
Spielberg-2: Miguel Oliveira (Red Bull KTM Tech 3)
Misano-1: Franco Morbidelli (Petronas Yamaha)
Misano-2: Maverick Viñales (Monster Yamaha)
Catalunya: Fabio Quartararo (Petronas Yamaha)
Le Mans: Danilo Petrucci (Ducati Team)
Aragón-1: Alex Rins (Suzuki Ecstar)
Aragón-2: Franco Morbidelli (Petronas Yamaha)
Valencia-1: Joan Mir (Suzuki Ecstar)
Valencia-2: Franco Morbidelli (Petronas Yamaha)
Portimão: Miguel Oliveira (Red Bull KTM Tech3)

MotoGP-Pole-Positions 2020

Jerez-1: Fabio Quartararo (Yamaha)
Jerez-2: Fabio Quartararo (Yamaha)
Brünn: Johann Zarco (Ducati)
Spielberg-1: Maverick Viñales
Spielberg-2: Pol Espargaró (KTM)
Misano-1: Maverick Viñales (Yamaha)
Misano-2: Maverick Viñales (Yamaha)
Catalunya: Franco Morbidelli (Yamaha)
Le Mans: Fabio Quartararo (Yamaha)
Aragón-1: Fabio Quartararo (Yamaha)
Aragón-2: Takaaki Nakagami (Honda)
Valencia-1: Pol Espargaró KTM)
Valencia-2: Franco Morbidelli (Yamaha)
Portimão: Miguel Oliveira (KTM)

MotoGP-Pole-Positions 2020

Yamaha 9
KTM 3
Ducati 1
Honda 1
Suzuki 0
Aprilia 0

MotoGP-Podestplätze 2020

Yamaha 12
Morbidelli 5 (3x Platz 1, 1x Platz 2, 1x Platz 3)
Quartararo 3 (3x Platz 1)
Viñales 3 (1x Platz 1, 2x Platz 2)
Rossi 2 (1x Platz 3)

Suzuki 11
Mir 7 (1x Platz 1, 3x Platz 2, 3x Platz 16
Rins 4 (1x Platz 1, 2x Platz 2, 1x Platz 3)

Ducati 9
Miller 4 (3x Platz 20, 1x Platz 3)
Dovizioso 2 (1x Platz 1, 1x Platz 3)
Petrucci 1 (2y Platz 1)
Zarco 1 (2x Platz 3)
Bagnaia 1( 2x Platz 2)

KTM 8
Pol Espargaró 5 (5x Platz 3)
Oliveira 2 (2x Platz 1)
Brad Binder 1 (1x Platz 1)

Honda 2
Alex Márquez 2 (2x Platz 2)

Aprilia 0

Endstand Fahrer-WM nach 14 Rennen:

1. Mir 171 Punkte. 2. Morbidelli 158. 3. Rins 139. 4. Dovizioso 135. 5. Pol Espargaró 135. 6. Viñales 132. 7. Miller 132. 8. Quartararo 127. 9. Oliveira 125. 10. Nakagami 116. 11. Binder 87. 12. Petrucci 78. 13. Zarco 77. 14. Alex Márquez 74. 15. Rossi 66. 16. Bagnaia 47. 17. Aleix Espargaró 42. 18. Crutchlow 32. 19. Bradl 27. 20. Lecuona 27. 21. Smith 12. 22. Rabat 10. 23. Pirro 4.

Endstand Konstrukteurs-WM:

1. Ducati, 221 Punkte. 2. Yamaha 204. 3. Suzuki 202, 4. KTM 200. 5. Honda 144. 6. Aprilia 51.

Team-WM nach 14 Rennen:

1. Team Suzuki Ecstar 310 Punkte. 2. Petronas Yamaha SRT 248. 3. Red Bull KTM Factory Racing 222. 4. Ducati Team 213. 5. Pramac Racing 163. 6. Monster Energy Yamaha MotoGP 178. 7. Red Bull KTM Tech3, 152. 8 LCR Honda 148. 9. Repsol Honda Team 101. 10. Esponsorama Racing 87. 11. Aprilia Racing Team Gresini 54.

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