Jack Miller: «So bereit, wie man nur sein kann!»
Die Saison 2024 war für Jack Miller eine Berg- und Talbahn, mit ausgeprägter Abwärtstendenz. Von Zielankünften mit ordentlicher Punkteausbeute (beste Platzierung ein 5. Rang in Thailand) bis zum Horrorcrash in Malaysia war alles dabei für den damaligen KTM-Piloten. Über allem steht jedoch, dass er gegen seinen Teamkollegen Brad Binder das ganze Jahr über keinen Stich sah. So stand für den Australier am Ende der Saison nur der 14. Rang zu Buche, während sein südafrikanischer Teamkollege immerhin der beste Nicht-Ducati-Pilot war.
Es kam, wie es kommen musste: Arbeitgeber KTM ließ den Vertrag des Publikumslieblings auslaufen und erst auf den letzten Drücker fand sich mit Pramac überhaupt noch ein Team, das «Jackass» einen Startplatz in der MotoGP bieten wollte. Zwischendurch stand ein Wechsel in die WSBK im Raum, selbst ein Karriereende schien nicht ausgeschlossen. Es besteht kein Zweifel: Die kommende Saison kann für den inzwischen 30-Jährigen nur besser werden.
Wer den Rennsportheld der Australier bei den Testfahrten beobachte, der war zumeist positiv überrascht. Vom ersten Tag an kam der Australier mit seiner Yamaha M1 bestens zurecht. Zwar erfordert der Prototyp aus Japan von Miller nach wie vor Umgewöhnung, doch die Anpassung ging zügig vonstatten: «Ich lerne täglich dazu, was das Motorrad von mir fordert. Aber ich habe Spaß, genieße das Fahren und fühle mich absolut bereit.»
Die Leichtigkeit scheint zurück beim Moto3-Vizeweltmeister von 2014. Ein Grund könnte der Fahrstil sein, der für M1 offenbar maßgeschneidert ist. Miller neuer Boxenpartnern Miguel Oliveira dazu: «Jack ist bei der Anpassung an das Bike sehr natürlich unterwegs und sein Fahrstil passt sehr gut zum Bike. Außerdem ist er auf der Bremse besonders stark.»
Eben jener eher unkonventionelle Fahrstil scheint so gut zur M1 zu passen, dass dem Australier selbst die verbriefte Schwachstelle der Yamaha nichts auszumachen scheint: der fehlende Grip am Hinterrad. Angesprochen darauf bestätigt Miller nach immerhin sieben Tagen mit seinem neuen Arbeitsgerät: «Entscheidend ist die Gesamtbalance. Die Rückmeldung vom Vorderrad ist so phänomenal, dass der Grip am Hinterrad natürlich wie eine Schwäche wirkt. Aber es ist ein gutes Gefühl, dieses Vertrauen in die Front haben zu können, und es wird darauf ankommen, diese Stärke bestmöglich auszuspielen.»
Dass Yamaha mit dem Reihenvierzylindermotor (noch) ein eigenes Konzept verfolgt, spielt für die Startnummer 43 eine untergeordnete Rolle: «Das macht keinen Unterschied, denn du fährst ohnehin jedes Motorrad anders. Da ist es egal, ob du einen V4, einen Reihenvierer oder einen Single bewegst. Du musst nur verstehen, was das Motorrad braucht, denn jeder Motor hat eine eigene Kraftentwicklung. Mein Stil hat sich dadurch nicht verändert.»
Zwar ist Millers Anpassung an sein neues Arbeitsgerät noch nicht abgeschlossen: «Wir sind noch dabei zu lernen, was ich anders machen kann, aber ich bin zufrieden.» Als schnellster Yamaha-Pilot sei Fabio Quartararo weiterhin der Maßstab. An den Ex-Weltmeister kam Miller bei den Vor-Saison-Tests immerhin bis auf 0,031 sec heran. Zwar sind die Rundenzeiten und Abstände noch mit Vorsicht zu genießen, schließlich ging es für alle Piloten vorrangig um die Entwicklung der Motorräder. Punkte werden 2025 erst ab dem Sprintrennen in Buriram verteilt. Doch der Trend für Miller ist klar positiv. Dessen entsprechendes Fazit vor der Abreise nach Thailand: «Ich bin so bereit, wie man nur sein kann!»