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Marc Márquez: Wie lange kann er so stark dominieren?

Von Günther Wiesinger
Aragón-GP: Marc Márquez wurde von Dani Pedrosa eingeheizt, am Schluss siegte Lorenzo

Aragón-GP: Marc Márquez wurde von Dani Pedrosa eingeheizt, am Schluss siegte Lorenzo

Marc Márquez hat in den letzten Jahren die GP-Geschichtsbücher neu geschrieben. Wird er eines Tages besser sein als Valentino Rossi?

Zwei Rennstürze, nur ein WM-Punkt – das ist die Bilanz von Marc Márquez aus den letzten beiden MotoGP-Rennen in Misano und Aragón.

Natürlich wird der 21-jährige Repsol-Honda-Star in diesem Jahr die Weltmeisterschaft gewinnen, er hat bei 14 Rennen bereits elf Siege erbeutet.

Natürlich herrschten am Sonntag auf dem MotorLand Aragón prekäre Verhältnisse.

Aber warum sich der Weltmeister und WM-Leader einbildete, er könne als einziger bei heftigem Nieselregen mit Slicks weiterfahren, diese Frage kann nur Márquez selbst beantworten.

Natürlich hält er sich nach drei so erfolgreichen Jahren für unwiderstehlich, er hat die Stars Lorenzo, Rossi und Pedrosa oft genug wie Anfänger ausschauen lassen.

Aber auch Márquez wird es nicht schaffen, übers Wasser zu gehen und aus Wasser Wein zu machen.

Ich habe in vielen Berufsjahren schon zahlreiche Sport-Superstars erlebt, in allen möglichen Disziplinen, vom Skisport über den Radsport und Tennis bis zum Motorsport.

Aber keiner hat zehn Jahre lang oder ewig dominiert.

Bei Márquez stellen sich die Fans schon die Frage, ob er grösser und erfolgreicher wird als Valentino Rossi.

Rossi hält mit 35 Jahren bei neun WM-Titeln und 107 GP-Siegen, Márquez hat es mit 21 Jahren bereits auf drei WM-Titel und 43 GP-Siege gebracht.

Und eines ist klar: Ob es Franz Klammer war, Ingemar Stenmark, Hermann Maier, Alberto Tomba, Roger Federer, Michael Schumacher oder Lance Armstrong, alle Siegesserien sind irgendwann zu Ende gegangen.

Das war im Motorradrennsport nicht anders. Wir haben es bei Senkrechtstartern wie Cecotto erlebt, bei Roberts, Spencer und anderen Phänomenen und Koriphäen.

Jeder Sportler, der das Level auf eine neue Stufe hebt, ruft Nachahmungstäter auf den Markt, die die Erfolgsursachen analysieren, kopieren, sich mehr anstrengen und somit ihr eigenes Leistungsniveau steigern.

Rossi, Pedrosa und Lorenzo wurden 2013 von Marc Márquez lächerlich gemacht.

Aber sie haben reagiert. Rossi hat seinen Crew-Chief ausgetauscht und das Offroad-Training verschärft; Pedrosa hat an seinen Schwächen gearbeitet und sich verbessert, Lorenzo fährt plötzlich wieder stundenlang mit Minibikes im Kreis, er hat Gewicht verloren, seine Ernährung verändert, er will sich nicht jahrelang von diesem Eindringling blamieren lassen.

Und die Garde mit Dovizioso, Iannone, Bradl, Pol und Aleix Espargaró hat vielleicht ihren Zenit auch noch nicht erreicht, sie orientieren sich an der neuen Messlatte Márquez.

Wird Marc Márquez der Grösste?

Klar, Marc Márquez hat alle Attribute, die er braucht, um der grösste Motorradrennfahrer aller Zeiten zu werden.

Aber manchmal fehlt ihm die nötige Coolness und Abgebrühtheit, sehr oft geht sein Temperament mit ihm durch, er wandelt auf einem schmalen Grat. Stürze mit 338 km/h verlaufen nicht immer so glimpflich wie in Mugello 2013, Warm-up-Crashes wie in Silverstone 2013 (samt Schulterluxation) münden nicht immer in zweite GP-Plätze wie damals.

«Marc schüttelt sich nach jedem Sturz ab, als sei nichts gewesen», wundert sich Stefan Bradl seit Jahren.

Immerhin: Der Bayer ist der einzige Rennfahrer, der in den letzten fünf Jahren einen Titelgewinn von Márquez vereitelt hat – 2011 in der Moto2-Klasse.

«Das Können von Márquez ist unbestritten, aber er hat in seinem Leben in entscheidenden Situationen auch viel Glück gehabt», sagt Paco Sanchez, der Manager des spanischen Márquez-Rivalen Pol Espargaró, der drei statt zwei Jahre für den Moto2-Titelgewinn brauchte, aber ebenfalls eine rosige Zukunft vor sich hat.

Bradl hat Márquez 2011 durch seinen Speed und seine Beständigkeit besiegt, Márquez stürzte zu oft und verlor im WM-Finish die Nerven.
Der unbändige Siegeswille hat Márquez zu vielen Erfolgen geführt. Er hat ihm aber schon mehrmals einen Strich durch die Rechnung gemacht. Die rücksichtslose Fahrweise hätte schon in Estoril 2010 fast zum Verlust des 125er-WM-Titels geführt.

Auch im Oktober 2013 leistete sich Marc Márquez einen folgenschweren Schnitzer. Damals hielten die Bridgestone-Hinterreifen auf Phillip Island die Renndistanz nicht durch. Die MotoGP-Fahrer mussten nach spätestens zehn Runden einen Pflichtstopp zum Reifenwechsel machen. Márquez kam erst nach Runde 11 rein – und bekam die schwarze Flagge. Lorenzo rückte ihm danach in der WM noch bis auf vier Punkte nahe.

In Misano und Aragón 2014 hat sich Márquez verwundbar gezeigt. Es zeichnet ihn aus, dass er den WM-Titel nicht mit dem Rechenschieber einfahren will.

Diese Fahrweise birgt aber ihre Risiken, wie sich zeigt.

Lorenzo, Rossi und Pedrosa kennen jetzt das Rezept, mit dem man das Monument Márquez ins Wanken bringen kann.

Wenn er unter Druck steht, ist auch der spanische Überflieger vor Fehlern nicht gefeit.

Deshalb bin ich überzeugt: 2015 wird Márquez nicht mehr zehn WM-Rennen gewinnen.

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