Stefan Bradl: «Katar statt Australien-Test sinnvoll»
In der vergangenen Saison wurden die Michelin-Vorderreifen von den Fahrern getadelt, sie vermittelten wenig Gefühl fürs Limit. Allein beim Valencia-Test im November kam es an zwei Tagen deshalb zu 23 Stürzen.
Michelin löst Bridgestone nach sieben Jahren als Lieferant der Einheitsreifen ab. Die Fahrer sind gespannt auf den Sepang-Test von 1. bis 3. Februar. Nicolas Goubert, Technical Director von Michelin, hat für dieses erste Kräftemessen in der Saison 2016 neue Mischungen für die Vorderräder in Aussicht gestellt.
Stefan, die Hinterreifen von Michelin wurden von allen Fahrern in den höchsten Tönen gelobt. Kann es sein, dass sie dir helfen, die Schwäche in der zweiten Rennhälfte auszumerzen, weil sie widerstandsfähiger sind und der «Drop» nicht so gross ist wie bei Bridgestone. Oder machen die bisher mangelhaften Vorderreifen diese Vorteile zunichte?
Der Hinterreifen ist kein grosses Problem. Wir werden in den Qualifyings sicher mit neuen Herausforderungen zu kämpfen haben. Wir wussten, dass der Bridgestone immer für eine Chaosrunde gut ist. Das habe ich meistens gut hingebracht. Mein Nachteil war ein bisschen die Renndistanz.
Vielleicht verhält sich der Michelin-Reifen anders. Vielleicht dauert es mit ihm länger, bis man eine Top-Rundenzeit im Qualifying zusammenbringt. Aber die Infos, die wir bisher haben, sie sagen uns, dass der Abbau des Michelin-Hinterreifens nicht so gravierend ist wie beim Bridgestone. Aber das wird auch streckenspezifisch sein.
Wie nützlich werden die Intermediates von Michelin sein? Bridgestone hat ja keine erzeugt. Hast du schon mal solche Mischreifen verwendet?
Hm, eine gute Frage. Ich muss überlegen... Ich glaube, dass wir in der IDM 125 mal ein paar selbst geschnittene Slicks verwendet haben. Da haben wir selber die Rillen in die Slicks reingeschnitten.
Mei, so ein Intermediate ist schon ein Risiko. Ob der notwendig ist? Es gibt vielleicht Rennen wie in Le Mans, wo man ihn vielleicht einmal nutzen kann. Aber ein Rennreifen ist das nicht, seit es «flag to flag»-Races gibt. Denn entweder wechselt du das Bike von Trocken auf Nass oder von Nass auf Trocken. Ob man den Intermediate wirklich braucht, diese Chance ist sehr, sehr gering. Das ist eine Gratwanderung...
Du meinst, Intermediates sind überflüssig? Zu Zeiten von «flag to flag» kann man ja das Bike samt Reifen und Rädern wechseln, wenn es auftrocknet oder nass wird?
Naja, es gibt immer wieder mal kurze Situationen... Zwei, drei Runden im Rennen im Jahr, wo man sagt, jetzt wäre ein Intermediate recht gewesen.
Wie beim Misano-GP 2015, als manche Fahrer zu lang mit Regenreifen weiterfuhren, weshalb Loris Baz Vierter wurde und Smith und Redding aufs Podest kamen?
Ja, dort hätte es mental vielleicht ein bisschen was gebracht. Aber letztlich hast du mit den bisschen Rillen, die da drin sind, auch nicht wirklich mehr Grip. Es ist halt für den Kopf im Nassen meistens ein bisschen besser, wenn du ein bisschen Profil in den Reifen hast. Es kommt halt auch drauf an, aus welcher Mischung der Intermediate-Reifen dann besteht.
Das Aprilia-Werksteam fehlt beim zweiten IRTA-Test vom 17. bis 19. Februar. Aprilia wird statt dessen in Katar erstmals privat mit der neuen RS-GP-Werksmaschine testen. Ist der Verzicht auf Australien ein Nachteil? In Phillip Island hast du deine schwächste Vorstellung auf der Aprilia gegeben.
Ja, in dieser Hinsicht ist es ein Nachteil. Denn das Rennen war für mich in Australien ganz, ganz schwierig. Anderseits brauchen wir uns damit nicht befassen. Denn Fakt ist, dass das Motorrad nicht fertig ist und dass der Weg zu weit ist, um das Motorrad dort hin zu schicken. Vor allem hätten wir dann keine Referenzwerte. Deshalb ist es vernünftiger, vor dem Saisonstart mit dem neuen Motorrad zweimal in Katar zu testen. Das ist sicher sinnvoll.
Ich sehe völlig ein, dass Aprilia lieber zweimal auf derselben Strecke testen will. Man kann nach dem ersten Test notfalls reagieren und für den zweiten etwas ändern.