Stefan Bradl: «Traue Ducati den Titel nicht zu»
Stefan Bradl hat durch den Sturz im Rennen von Katar zwei WM-Punkte verspielt. Am kommenden Sonntag will er diese Scharte auf dem «Circuito de Las Termas de Rio Hondo» ausmerzen.
Im Gespräch mit SPEEDWEEK.com sprach der Aprilia-Werksfahrer über die Erkenntnisse vom ersten MotoGP-Weekend der Saison und über die Kräfteverhältnisse für 2016.
Stefan, wie fällt dein Resümee nach dem ersten MotoGP-Rennen in diesem Jahr aus. Die Vermutung, das Feld werde wegen der neuen Einheits-ECU und wegen des Umstiegs von Bridgestone auf Michelin durcheinander gewirbelt, hat sich nicht bewahrheitet? Im Rennen waren dieselben fünf oder sechs Fahrer vorne wie im letzten Jahr.
Für mich war das kein Thema, dass sich die Kräfteverhältnisse gross verändern. Denn im Endeffekt werden immer die zwei grossen Werksteams von Honda und Yamaha die dominierende Rolle spielen. Mir war von vornherein klar, dass diese Teams wieder den Ton angeben werden.
Dass jetzt Ducati noch mitmischt... Gut, dass Dovizioso auf Platz 2 gefahren ist, kam etwas überraschend, ich hätte Iannone stärker eingeschätzt. Aber im Rennen kommt es manchmal anders.
Das Ergebnis war ähnlich wie 2015 in Katar, damals ist Dovizioso auch Zweiter geworden.
Honda und Yamaha sind dicht beisammen. Ducati wird hin und wieder einen Podestplatz einfahren; das ist meine Vermutung.
Wunderst du dich über Ducati? Sie haben fünf Motoren weniger als 2015, sie dürfen weniger testen als im Vorjahr, die Motorenentwicklung ist erstmals bei ihnen eingefroren, und Sprit haben sie mit 22 Liter gleich viel wie 2015. Honda und Yamaha haben 2 Liter und 2 Motoren mehr als 2015. Trotzdem haben die Ducati Power ohne Ende?
Ducati ist konkurrenzfähig, das lässt sich nicht bestreiten. Sie werden auch das eine oder andere Highlight setzen. Aber ich bin der Meinung, dass sie mit dem Titel nichts zu tun haben werden. Den werden wieder Yamaha und Honda unter sich ausmachen.
Bei Honda macht aber wieder einmal nur Marc Márquez den Unterschied aus, wenn du dir anschaust, wo Dani Pedrosa und Cal Crutchlow rumfahren.
Ja, sicher, aber ich glaube, dass Marc Márquez aus der letztjährigen Saison einiges gelernt hat. Wie er das dann bei den nächsten Rennen umsetzt, wird sich zeigen.
Dani Pedrosa ist noch ein bisschen vorsichtig. Jetzt ist die Frage, wie er sich überwindet. Und ob er wirklich das letzte Risiko eingeht, was Márquez natürlich immer tut. Pedrosa wartet eher, bis das Motorrad besser wird, bevor er auf Angriff fährt.
Bei Ducati fragen sich die Fans, wann Casey Stoner das erste Rennen in diesem Jahr fährt.
Hör' bloss auf mit dieser Frage. Dieses Thema geht mir so am Arsch vorbei. Das kannst du auch schreiben, das ist mir wurscht.
Dann beschäftigen wir uns mit Aprilia. Wie sieht es bei der neuen RS-GP16 mit den Kinderkrankheiten aus? In Katar bist du genug zum Fahren gekommen?
Ja, aber ich habe das Rennen durch einen Fahrfehler vermurkst. Da gibt es nichts zu beschönigen. Das stinkt mir nach wie vor. Es hätten Punkte rausschauen können.
Aber es gab in den Trainings schon Probleme, die mich in manchen Sessions zurückgeworfen haben. Wir brauchen da jetzt nicht ins Detail zu gehen.
Wir haben in Katar nur ein Motorrad nützen können. Und der Motor vom Einsatz-Bike war schwach. Das ist aber kein grosses Dilemma. Denn in Argentinien werden mir zwei Maschinen zur Verfügung stehen, ich bekomme einen frischen Motor. Dann sollten wir in den freien Trainings ein bisschen zackiger auf brauchbare Rundenzeiten kommen. Ich habe in Katar noch ein bisschen lange gebraucht, bis ich einen Rhythmus gefunden habe.
Bei uns wird technisch von Rennen zu Rennen alles besser werden, das Motorrad wird standfester. Deshalb können wir zuversichtlich in die Zukunft schauen, wenn wir berücksichtigen, dass Teamkollege Bautista schon drei Punkte eingefahren hat. Wir waren in den Trainings und im Rennen an den Kunden-Honda dran. Wir waren nicht abgeschlagen Letzter. Es hätte ja auch blöd laufen können, wir hätten mit dem völlig neuen Bike mit 1,5 Sekunden Abstand hinter dem Drittletzten sein können.
Okay, es liegt sicher noch ein Haufen Arbeit vor uns. Aber es könnte auch schlechter ausschauen.
Die Honda von Miller und Rabat und die vier Ducati GP14.2 von Avintia und Aspar, das werden vorläufig eure Sparringpartner sein? Die lagen in Katar in Reichweite?
Ja, die liegen in Reichweite. Aber die werden sich sicher auch steigern. Das war jetzt der erste Schlagabtausch. Wegen den kühlen Asphalttemperaturen von Katar kam es zu vielen Stürzen. Das war nicht immer so einfach.
Die Kräfteverhältnisse nach dem ersten Rennen punktegenau zu analysieren, das ist schwierig. Eines ist klar: Wir werden uns mit der Aprilia sicher von Rennen zu Rennen verbessern.