Marco Melandri: «Sie versuchten mir Angst einzujagen»
Marco Melandri kommt mit der Ducati Panigale gut klar
2014 war Marco Melandri in einer beneidenswerten Vertragssituation – zumindest theoretisch. Aprilia hatte zum damaligen Zeitpunkt das beste Superbike, der Mann aus Ravenna besaß einen Zwei-Jahres-Vertrag. Doch obwohl Teamkollege Sylvain Guintoli die Saison als Weltmeister beendete, stellte Aprilia das Werksengagement ein und legte die Konzentration auf MotoGP.
In der Superbike-WM machte Aprilia als Partner des Teams Red Devils Roma weiter, Werksfahrer Melandri wurde in die MotoGP-Klasse zwangsversetzt. Im Juni 2015 kam es nach monatelangen Unstimmigkeiten zur Trennung. Aprilia schmiss Melandri raus, statt ihm wurde der Bayer Stefan Bradl eingekauft.
Bis zu seiner Vertragsunterzeichnung mit Ducati für die Superbike-WM 2017 war Melandri arbeitslos. Der 250er-Weltmeister von 2002 betonte stets, dass er nur zurückkehren werde, wenn ihm ein Team siegfähiges Material anbietet.
«2010 habe ich MotoGP verlassen, weil ich damals kein gutes Motorrad hätte bekommen können», dachte Melandri im Gespräch mit SPEEDWEEK.com zurück. «Das war nicht schön, bis dahin hatte ich um Siege gekämpft. Aus den gleichen Gründen gab es nach 2014 keine Notwendigkeit, in die MotoGP-WM zurückzugehen. 2014 war eine schwierige Saison für mich. Im ersten Teil der Saison lief es nicht gut, weil es viele Missverständnisse gab – dann gewann ich viele Rennen. Für mich wäre es besser gewesen, in der Superbike-WM zu bleiben. Dann hätte ich die Früchte meiner Arbeit ernten können.»
Verbitterung gegenüber Aprilia ist keine zu spüren: «Mit zwei Jahren Abstand beurteile ich die damaligen Vorkommnisse anders. Vielleicht bin ich nur deswegen heute im Ducati-Werksteam, ich weiß es nicht.»
Die Elektronik befiehlt
Im Ducati-Werksteam ist Melandri erstmals mit einem 1200-ccm-Zweizylinder unterwegs. «Anders ist bei der Ducati vor allem die Leistungsentfaltung, die Anzahl der Zylinder merkst du nicht», bemerkte der 19-fache Superbike-Laufsieger. «Aber auch Screamer und Big-Bang fühlen sich anders an. Davon abgesehen, ist die Panigale ein normales Motorrad. Viele Leute versuchten mir vor meinem ersten Test Angst einzujagen und sagten, diese Maschine wäre die gleiche wie mein MotoGP-Bike 2008 bei Ducati, aber sie ist ganz anders. Heute macht der Motor, was ihm die Elektronik befiehlt. In diesem Bereich erlaubt uns das Reglement viel Freiheit.»
«Mit einigen Leuten aus dem Ducati-Team habe ich schon früher gearbeitet, wir haben einen guten Draht zueinander. Ich hätte kein besseres Team erwischen können für meine Rückkehr. Im Moment sehe ich Kawasaki und Ducati auf dem gleichen Level. Okay, im Aragón- und Jerez-Test fuhr Kawasaki die schnelleren Rundenzeiten, die Pace war aber ungefähr dieselbe. Es kommt immer auf die Strecke an, wer gerade einen Vorteil hat. Ich muss verstehen lernen, wie ich das Motorrad auf welche Strecke anpasse – und wo ich mich selbst verbessern muss. Das versuche ich mit jedem Tag auf dem Motorrad – und es geht auf.»