48 Stunden Horror: Was Honda und Cosworth leisteten
Zwei Tage hatte das Honda-Team nach dem Test-Desaster zu Wochenbeginn Zeit, um Lehren zu ziehen für den ersten WM-Event am kommenden Wochenende auf Phillip Island. Nicky Hayden verlor im Test als 14. erschütternde 1,407 sec, Stefan Bradl (Platz 19) fehlten sogar 2,251 sec auf die Bestzeit von Weltmeister Jonathan Rea (Kawasaki).
SPEEDWEEK.com setzte sich am Donnerstagabend mit Pieter Breddels, dem Technical Manager von Red Bull Honda, zusammen, und ließ den Niederländer die letzten 48 Stunden Revue passieren.
Pieter, was habt ihr die vergangenen zwei Tage gearbeitet?
Wir haben schon am Dienstagabend alle Daten zu Cosworth geschickt, sie haben in England gleich angefangen und zwei Nächte durchgearbeitet. Sie haben einen Motor genau wie wir ihn verwenden, der war aber zerlegt. Sie mussten ihn erst zusammenbauen, dann haben sie gleich angefangen, unsere Informationen zu bearbeiten.
Wir haben ihnen das angepasste Mapping geschickt. Das von ihnen vorbereitete Mapping funktionierte nicht gut, wir mussten das Fueling anpassen, wann wie viel Sprit eingespritzt wird.
Damit hat Cosworth dann viele Runs auf dem Prüfstand gemacht, auch Simulationen einer Runde mit den genauen Gängen und Drehzahlen. Dieses Mapping haben sie dann optimiert, das ist unser Startpunkt für Freitag. In der Theorie sieht das alles gut aus, am Freitag werden wir wissen, ob es auch auf der Strecke gut funktioniert.
Bei Stefan gingen wir auf einen 1:1-Modus zurück, dass der Drehmomentverlauf und die Leistungsentfaltung dem entspricht, was er am Gasgriff macht. Dann sollte es sich für ihn normaler anfühlen.
Wir hatten ein extremeres Mapping eingespielt, glauben aber nicht, dass das für Stefan das Richtige war.
Woher weiß Cosworth nach der Änderung der Software, wenn sie auf dem Prüfstand eine Simulation einer Runde machen, dass die neuen Dinge besser sind?
Das erkennt man an den Lambda-Werten, wir sprechen ja vom Sprit-Mapping. Es gibt Kennfelder mit Farben, an diesen erkennt man, ob man im richtigen Bereich ist. Diese Bereiche sind Erfahrungswerte. Man hat mal gesagt, dass wir im unteren Bereich bei Lambda X und im oberen bei Lambda Y sein müssen, so wurde das dann gemacht.
Stefan hat gesagt, es würde sich anfühlen, als hätte der Motor 400 PS. Das kommt daher, dass das Verhältnis zwischen Bewegung am Gasgriff und Entfaltung des Drehmoments nicht stimmte.
Die Theorie am Computer ist das Eine, wie es sich wirklich auf der Rennstrecke anfühlt, das Andere.
Warum glaubst du, dass euer Mapping jetzt deutlich besser ist?
Unser erstes Sprit-Mapping war nicht optimal, das ist jetzt besser. Außerdem gehen wir zurück zu einer eher 1:1-Übersetzung von Gasgriff und Drosselklappe.
Warum habt ihr das nicht gleich so gemacht?
Wir haben gedacht, dass das Mapping von Cosworth passt. Dem war aber nicht so. Dann ging alles sehr schnell und wir kamen vom Weg ab – es war ja nur ein Testtag bei guten Bedingungen.
Es gab ja auch noch andere Dinge. Beim Chassis-Setting wissen wir noch nicht genau, in welche Richtung wir mit Stefan gehen müssen.
Bei Nicky war es ein bisschen anders, trotzdem haben wir viel Zeit verplempert mit dem Sprit-Mapping.
Wir dürfen nicht vergessen, dass es auch noch die restliche Abstimmung gibt des Chassis’, der Traktionskontrolle, Motorbremse usw. Das haben wir nicht hinbekommen, deshalb fühlte sich das Motorrad ungleichmäßig an.
Dass das Sprit-Mapping nicht gepasst hat, geht das auf den neuen Motor zurück? Warum braucht ihr eine andere Programmierung als bisher?
Das ist eine gute Frage.
Cosworth hat das gleich gemacht wie letztes Jahr, nur einen Parameter geändert. Das hat am Prüfstand gut funktioniert, deshalb sagten sie uns, dass wir das auch so machen sollen. Damit fuhren wir dann den ganzen Tag, erst beim letzten Outing haben wir erkannt, dass das vielleicht nicht gut ist.
In Jerez und Portimao hattet ihr die Software-Probleme, dann hat Cosworth für Phillip Island etwas anders gemacht, das hat auch nicht gepasst.
Das sind zwei verschiedene Sachen. In Portimao hatten wir Probleme mit dem Mapping für den Drehmomentverlauf, das war falsch für diese Motorspezifikation. Dieses Problem ist gelöst. Dann kamen die Probleme mit dem Sprit-Mapping.
Gibt es noch andere Mappings, die falsch laufen können?
Nein. Es ist aber trotzdem so, dass die Leistungskurve des neuen Motors nicht optimal ist, sie ist aggressiver und wir haben mehr PS, deshalb ist das schwieriger abzustimmen.
Hayden verlor im Test 0,4 sec auf seine schnellste Rennrunde 2016. Wenn alles perfekt klappt, welche Zeitverbesserung pro Runde traust du ihm zu?
Wir werden am Wochenende nicht in die Lage kommen, aufs Podest zu fahren. Ich traue uns aber zu, dass wir im Rennen mit Nicky Top-5 fahren.
Mit Stefan müssen wir sehen, er hatte die größeren Probleme. Mit ihm kamen wir vom Weg ab. Rein fahrerisch macht er keine dummen Sachen, er ist sicher so gut wie Hayden oder Michael van der Mark damals.
Aber wir können reden, was wir wollen, er muss fahren und selber sehen, ob das Motorrad besser ist. Dann muss er wieder Vertrauen aufbauen.
Ist es mit der Elektronik so extrem, wie die Fahrer sagen? Dass das Motorrad unfahrbar wird, wenn sie nicht passt?
Ja, das ist richtig.
Stefan Bradl ist ein guter Fahrer. Wenn er aber keine Verbindung zwischen Gasgriff und Hinterrad spürt, dann kann man nicht mit über 200 PS fahren. Egal wer du bist, das geht einfach nicht.
Ist es ein Nachteil für euch, dass ihr als Einzige Elektronik von Cosworth verwendet?
Wir arbeiten nicht nur bei der Elektronik zusammen, sondern auch beim Motoren-Tuning.
Vor drei Jahren waren wir bei Magneti Marelli, haben uns das angeschaut und einen Vergleich gemacht, was sie anbieten. Was sie anbieten, ist eine leere ECU. Wir hätten drei Schritte zurück machen müssen und bei null anfangen. Das wäre ein Riesenaufwand gewesen und wir hätten sehr viel Geld ausgeben müssen. Es gibt auch keine Garantie, dass es mit Magneti besser funktionieren würde.
Wir haben die gleiche Elektronik wie letztes Jahr – und die war nicht so schlecht.