Stefan Bradl (Honda): «Warten auf einen Geistesblitz»
Stefan Bradl mit seinem Crew-Chief William Huisjes
Anfang Oktober 2016 präsentierte Honda auf der Motorradmesse Intermot in Köln mit viel Tamtam die neue CBR1000RR Fireblade.
Das WM-Team Ten Kate Racing bekam die Maschinen erst am 6. Januar 2017 geliefert. Bis das Material nach Australien verschickt wurde, blieben dem Team keine fünf Wochen Zeit, um die Motorräder vorzubereiten.
Was viele nicht wissen: Allgemein wird zwar vom Honda-Werksteam in der Superbike-WM gesprochen, in Wirklichkeit wird aber jegliche Arbeit von Ten Kate Racing und Partner Cosworth erledigt. Honda Europa sorgt für die finanzielle Absicherung, trägt zur technischen Entwicklung aber kaum etwas bei. Die Honda Racing Corporation (HRC) in Japan, welche sich um die Werksauftritte in MotoGP, beim Langstrecken-Klassiker Suzuka Eight Hours und in der Rallye Dakar kümmert, interessiert die Superbike-WM nicht.
Mit einem Werksteam hat Red Bull Honda nichts zu tun.
«Schau dir nur die Hospitalitys im Fahrerlager Phillip Island an», meinte Nicky Hayden. «Kawasaki und Ducati haben eine, sonst niemand. Das sind die einzigen beiden Werksteams in der Superbike-WM – sie haben ganz andere Möglichkeiten. Deshalb fahren sie vorne.»
Angesichts dieser Fakten ist es nicht verwunderlich, dass Honda beim ersten offiziellen Test hinterherfuhr. Auf die Bestzeit von Weltmeister Jonathan Rea (Kawasaki) verlor Hayden (14.) 1,407 und Stefan Bradl (19.) 2,251 sec.
Alle bei Honda gingen davon aus, dass man mit der neuen Fireblade mindestens auf dem Niveau des Vorjahres fahren würde. Doch wegen unendlicher Probleme mit der Elektronik lagen bei Testende am Dienstag selbst diese Zeiten außer Reichweite.
Letztes Jahr fuhr Hayden in seiner schnellsten Rennrunde auf Phillip Island 1:31,5 min, im Test kam er nur auf 1:31,9 min. Während Honda 0,4 Sekunden langsamer war als 2016, steigerte sich die Konkurrenz enorm.
Für Honda-Neuzugang Stefan Bradl keine einfache Situation, wie er im Gespräch mit SPEEDWEEK.com einräumte.
Stefan, Jonathan Rea fuhr als Bester im Test in 1:30,545 min um 8/10 sec schneller als Chaz Davies 2016 auf Phillip Island in der schnellsten Rennrunde. Honda hingegen ist langsamer geworden.
Also kann man sagen, dass wir Zeit brauchen. Für Phillip Island und Thailand sind wir nicht gut vorbereitet, das bewahrheitet sich jetzt extrem. Insgeheim tut das weh – aber weitermachen. Dasitzen und heulen nützt nichts. Wir müssen konzentriert weiterarbeiten und nicht nach links und rechts schauen.
Es ist aber hart, die ganze Geschichte zu schlucken.
Obwohl die neue Fireblade erst am 6. Januar zu Ten Kate geliefert wurde, waren die Honda-Leute davon überzeugt, dass das Bike von Anfang an für Podestplätze gut ist.
Damit alles funktioniert, braucht man Rennstreckenzeit. Der Dienstag war ein produktiver Tag, wir konnten richtig gut testen, die Bedingungen waren perfekt. Die Probleme tauchen erst auf, wenn es richtig losgeht.
In Portimao hatten wir auch gewaltige Probleme, da wussten wir, dass noch nicht alles funktioniert, dass es nicht perfekt ist. Dann haben wir gehofft, dass es an der Software lag.
Mit der Software, die wir jetzt haben, braucht es aber genau so viel Testarbeit.
Hattest du solche Probleme in deiner Karriere schon mal?
So krass wie am Dienstag vielleicht mal einen Tag bei Aprilia. Da sind wir dann aber recht schnell dahinter und auf eine Spur gekommen. Ich warte auf so einen Geistesblitz.
Von meinem fahrerischen Können bin ich schon ein bisschen schneller, als es die Zeitenliste sagt. Wir verlieren nur in der Beschleunigung, vom Scheitelpunkt der Kurve am Gas und am Ausgang. Auf Phillip Island gibt es viele Vollgaspassagen, viele schnelle Kurven, deshalb wirkt sich das hier extrem auf die Zeit auf.
Wenn ihr bei der Elektronik den richtigen Handgriff macht: Spannst du das dann gleich?
Das spann ich sicher. Wenn wir bei 0 anfangen, sind wir jetzt bei minus 3 – von 10.