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Premiere: Kawasaki erlaubte Blick ins Allerheiligste

Kolumne von Ivo Schützbach
Zum ersten Mal durften Journalisten die Geschäftsräume von Provec Racing besuchen, dem Team hinter Kawasakis Werksauftritt in der Superbike-WM. Auch in unerwarteten Bereichen wird riesiger Aufwand betrieben.

Die große Halle liegt in einem tristen Industriegebiet in Granollers, eine Autostunde nordöstlich von Barcelona. Von außen würde man nicht vermuten, dass sich hinter den schmucklosen grauen Mauern das Hauptquartier des erfolgreichsten Superbike-WM-Teams der letzten sechs Jahre befindet. Kein Logo, keine Kawasaki-Aufschrift, nichts. «Wenn einer einbricht und die Bikes klaut, dann sind wir geliefert», erzählte Biel Roda mit einem Grinsen im Gesicht, als er zwei Handvoll verlesene Journalisten durchs Gebäude führte.

Provec ist seit 2012 Kawasakis Werksteam in der Superbike-WM, davor war die spanische Truppe mehrere Jahre in der Supersport-Klasse unterwegs – erst mit Honda, dann mit Kawasaki.

Biel Roda, als Marketing- und PR-Manager für das Kawasaki Racing Team (KRT) tätig, ist einer von drei Teilhabern von Provec Racing.

Die Werkstatt ist im Erdgeschoss von Halle 1 eingerichtet, sie ist verglast und von zwei Seiten einsehbar. In ihr befinden sich drei Hebebühnen und Platz für vier Motorräder. «Wir arbeiten immer mit zwei Bikes pro Fahrer», erzählte Roda, obwohl in der Superbike-WM nur eine Maschine in der Box erlaubt ist. Die zweite steht an einem Rennwochenende außerhalb des Blickfelds von Photographen und TV-Kameras hinter den Boxenwänden, sie kann im Fall eines Sturzes innerhalb einiger Minuten startklar gemacht werden.

Provec bekommt von Kawasaki Heavy Industries (KHI) aus Japan die Chassis’ und Motoren geliefert, die Maschinen werden in Spanien aufgebaut. «Alles wird in Absprache mit KHI gemacht», erzählte Roda. «Wenn wir Ideen haben, tragen wir diese KHI vor und sie entscheiden.»

Über der Werkstatt ist das Ersatzteillager, in ihm ruhen auch die Marketing-Artikel. Daneben ist ein weiterer Lagerraum für die Verkleidungen, dort werden auch sämtliche Sticker ausgeplottet und die Verkleidungen beklebt. «Wir arbeiten immer mit vier Sets Verkleidungen pro Bike. Wenn sich das Design ändert, müssen wir 16 Sätze Verkleidungen bekleben», schilderte Roda. «Im April oder Mai kommt das Design für das folgende Jahr, das wird geheim gehalten. Wir lehnen uns immer stark an das Standarddesign an, Kawasaki will als Grundfarbe grün. Eine Optik, wie sie Repsol bei Honda hat, würde Kawasaki nicht akzeptieren. Das Superbike ist das Flaggschiff von Kawasaki, jeder muss sehen, dass das eine Kawasaki ist. Wir hatten gute Angebote von Sponsoren, einer wollte das Motorrad weiß haben. Die Vorgaben von Kawasaki schränken uns in der Sponsorensuche ein, das Hauptbudget kommt aber von Kawasaki.»

Wählerisch ist das Team von Weltmeister Jonathan Rea und Tom Sykes auch bei den Zulieferern. «Wir könnten Partner finden, die deutlich mehr Geld bezahlen», versicherte Roda. «Für uns zählt aber immer die Performance. Zum Beispiel ein gebrochener Auspuff kann die ganze Saison zerstören. Wir wollen immer das Beste haben.»

Provec leistet sich eine hauseigene Full-Service-Werbeagentur, genannt SDD. An elf Arbeitsplätzen werden alle Layouts gestaltet, derzeit läuft die Arbeit an der Bekleidung für 2019. Sämtliche KRT-Bekleidung wird von SDD erdacht, die Replikas werden hauptsächlich in Europa verkauft. Etwa Kawasaki USA verwendet eigene Layouts. SDD kümmert sich auch um die Kommunikation über Facebook und produziert zudem Videos. Um immer ausgelastet zu sein, arbeiten sie auch für externe Kunden.

Schlechter Termin

Der Besichtigungstermin am Donnerstagnachmittag verursachte KRT enormen Stress, am heutigen Freitag wurde das letzte Material per Luftfracht zum Saisonauftakt nach Australien geschickt. Dort wird am 19./20. Februar auf Phillip Island getestet, am letzten Wochenende des Monats sind die ersten beiden Rennen des Jahres.

Auch logistisch betreibt Kawasaki riesigen Aufwand. Drei Tonnen Material sind bereits per Schiff nach Australien unterwegs, die Tonne kostet 1000 Euro. Um jegliches Material abseits der Motorräder, Ersatzteile und des Werkzeugs immer pünktlich und möglichst günstig bei jedem der 13 Events auf fünf Kontinenten zu haben, wurden drei komplette Strukturen mit Boxenwänden, Stühlen, Tischen, Zelten und so weiter aufgebaut, die das ganze Jahr unabhängig voneinander auf den Weltmeeren unterwegs sind. Zum Beispiel die mobile Küche kommt gar nie zurück nach Barcelona.

Zeitnah verschickt werden gut vier Tonnen technisches Material rund um die Motorräder. Die Luftfracht nach Australien kostet 14 Euro pro Kilogramm (!), Promoter Dorna zahlt nur einen Teil davon. Da wird nur eingepackt, was unverzichtbar ist.

Das Kawasaki Racing Team kommt bei Überseerennen mit seinen 35 Teamangehörigen auf sieben Tonnen Material, alle Events in Europa werden mit zwei 18-Meter-Zügen für die Bikes angefahren, außerdem ist dann die zweistöckige Hospitality mit einem dritten Lkw dabei.

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