Exklusiv: Wie sich Ducati 2016 an die Spitze kämpfte
2015 überzeugte Ducati-Werksfahrer Chaz Davies mit fünf Siegen und 18 Podestplätzen, in der zweiten Saisonhälfte eroberte der Waliser mehr Punkte als Weltmeister Jonathan Rea (Kawasaki).
In Aragón übernahm der Vizeweltmeister mit zwei überlegenen Siegen Platz 2 in der Weltmeisterschaft, Rea liegt nur noch 26 Punkte voraus.
SPEEDWEEK.com sprach mit Ducatis Superbike-Direktor Ernesto Marinelli, wie dies alles möglich wurde.
Was hattet ihr in Aragón an technischen Neuerungen dabei?
Das war ein Paket, an dem wir seit Weihnachten gearbeitet haben. Es wurden zu viele Teile gewechselt, als dass wir diese alle für das erste Rennen in Australien hätten bringen können. Wir setzten uns deshalb das erste Europarennen als Deadline.
Offensichtlich für alle ist der neue Auspuff.
Auch mit dem Motor haben wir einen Schritt nach vorne gemacht. Keine große Sache, aber ein Update. Am Kühler haben wir auch etwas geändert.
Alles zusammen war es sicher ein Schritt nach vorne. Speziell, was den Topspeed betrifft, da mangelte es uns in den ersten beiden Events, der Rückstand ist nun geringer.
Wir haben jetzt mehr Spitzenleistung, die brauchst du auf der Geraden. Das haben wir hinbekommen, ohne zu viel im unteren Drehzahlbereich einzubüßen. Das ist immer ein Kompromiss, das Feedback beider Fahrer für unsere Lösung ist aber positiv.
Die neuen Teile gab es nur für die zwei Werksfahrer Davies und Giugliano?
Mit neuen Teilen bist du immer von Zulieferern abhängig. Im Moment sind die Neuerungen nur an den Werksmotorrädern, bis in drei oder vier Rennen sollten wir die Teile für alle haben.
In Aragón sahen wir im ersten Lauf eine Topspeed-Differenz von 8 km/h zwischen Chaz Davies auf der Werksmaschine und Javier Fores auf Barnis Kunden-Ducati. Geht das alleine auf die fehlenden neuen Teile zurück?
Die Geschwindigkeitsmessung in Aragón verfälscht das etwas. Davies ist so spät auf der Bremse, er steht auf der Topspeedliste besser da, als er wirklich ist.
Die Fahrer lassen sich auch wegen der Aerodynamik schwer vergleichen. Chaz hat einen langen Oberkörper, das wirkt sich auf die Aerodynamik sehr positiv aus. Bei ihm gibt es am Motorradende weniger Luftverwirbelungen als bei den anderen.
Jonathan Rea meinte nach seinen Niederlagen, dass Kawasaki hart arbeiten müsse und Ducati nun vorne liege. Ist das wirklich so, oder war es nur die Kombination aus der Strecke in Aragón und Chaz Davies?
Das wird die Zeit zeigen. In Aragón und Laguna Seca bringt Chaz eine halbe Sekunde pro Runde. In Aragón im Rennen 1:50,4 min zu fahren, dazu muss auch das Motorrad funktionieren.
Ich würde sagen, unser Paket arbeitet gut und Aragón tat Chaz einen Gefallen.
Assen ist ein guter Platz, um eine echte Standortbestimmung vorzunehmen, diese Strecke liegt uns weniger und den Gegnern mehr.
Fest steht: Chaz war während der Wintertests und in den ersten drei Rennen glücklich mit dem Set-up und wie sich das Motorrad verhält. In Australien und Thailand kritisierte er lediglich den mangelnden Topspeed, den haben wir für Aragón verbessert – ohne die Vorteile zu verlieren.
Hat dich überrascht, dass Privatier Javier Fores als Vierter in beiden Rennen in Aragón Werksfahrer Davide Giugliano schlagen konnte?
Ehrlich gesagt nein. Er hat ein gutes Paket, auch wenn er die letzten Updates nicht hatte. Außerdem hat Javier schon letztes Jahr gezeigt, dass er sich gut schlagen kann, er ist ein wirklich schneller Fahrer. Ohne sein Verletzungspech in Australien wäre er auch in den ersten Rennen stark gewesen.
Siehst du Fores auf dem gleichen fahrerischen Level wie Giugliano?
Schwer zu sagen. Dazu muss man sich die gesamte Geschichte anschauen und auch, was ein Fahrer für Möglichkeiten hatte. Ich glaube nicht, dass wir von Davide schon das Beste gesehen haben. Er ist ein großartiges Talent – Fores aber ebenso. Sie können sich beide gut schlagen.