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Stefan Bradl in der Superbike-WM: Ziel Podestplätze

Von Günther Wiesinger
Stefan Bradl wird in der Superbike-WM viel zugetraut

Stefan Bradl wird in der Superbike-WM viel zugetraut

Stefan Bradl orientiert sich für 2017 klar Richtung Superbike-WM. «Ich denke ergebnisorientiert», sagt der Bayer. «Ich würde gerne wieder um Podestplätze kämpfen.»

Stefan Bradl (26) erkannte bereits beim Barcelona-GP vor vier Wochen, dass ihm Aleix Espargaró den Platz im MotoGP-Werksteam bei Aprilia streitig machen könnte.

Er kümmerte sich also um einen Plan B und einen Plan C, das heißt um Plätze in der Superbike- und Moto2-WM.

Das Dynavolt Intact GP-Team zeigte sofort Interesse, auch Marc VDS Racing, wo nächstes Jahr der zweite Moto2-Platz neben Franco Morbidelli noch nicht besetzt ist.

Von Anfang an dynamischer gestalteten sich aber die Verhandlungen mit dem Honda World Superbike-Team, wo Nicky Hayden für 2017 gesetzt ist, aber der Vertrag des WM-Fünften Michael van der Mark ausläuft.

Auch das Ducati-Superbike-Werksteam zeigte Interesse und unterbreitete Bradl in Assen eine konkrete Offerte, er könnte also Teamgefährte von Chaz Davies auf der 1199 Panigale R werden.

Beim Yamaha-Werksteam von Paul Denning steht Bradl auch auf der Liste der Fahrerkandidaten.

Inzwischen hat sich auch Shaun Muir von Milwaukee BMW bei Bradl gemeldet, aber dieses Team weiß noch nicht einmal, mit welchen Material 2017 gefahren wird. Und an einem privaten Superbike-Team hat der Bayer kein Interesse.

Bradl wird auch nicht für Aprilia in der Superbike-WM fahren, weil Aprilia bisher kein Spitzenteam hat und schon 2015 mit Red Devils Roma und 2016 mit IodaRacing keines hatte, obwohl die RSV4 RF immer noch als Spitzenmotorrad gilt.

Auch das Angebot von Fausto Gresini, Sam Lowes 2017 im Gresini-Moto2-Team auf der Kalex zu ersetzen und nebenbei Testfahrer für die MotoGP-Aprilia zu spielen, wird Bradl nicht annehmen.

Sogar ein Angebot von Avintia Ducati wurde inzwischen an Bradl herangetragen, er könnte 2017 in der MotoGP-WM neben Héctor Barberá eine 2016-Ducati fahren.

SPEEDWEEK.com hat sich mit Stefan Bradl über den aktuellen Stand der Transfergespräche unterhalten.

Stefan, deine Situation hat sich in den letzten zehn Tagen deutlich verbessert. Letzte Woche hast du noch gesagt: «Wer weiß, womöglich muss ich aufhören.» Aber jetzt liegen konkrete Angebote für 2017 auf dem Tisch. Hat dich das Interesse überrascht?

Nein, überrascht hat es mich nicht. In der Superbike-WM ist das Interesse an mir stark, da haben sich einige Möglichkeiten aufgetan.

In der MotoGP-Klasse sind die Felle davon geschwommen, die guten Plätze sind immer rarer geworden. Das ist dann an die Manager in der Superbike-WM durchgedrungen, so haben sich die Kontakte dort vertieft.

Du hast schon nach dem Barcelona-GP gesagt, die Superbike-WM würde dich mehr reizen als die Moto2-WM?

Ja, weil dort die Anforderungen, die das Motorrad an den Fahrer stellt, ähnlich sind wie in MotoGP. Ich will nicht sagen, dass Moto2 leicht oder einfach ist. Die Moto2 ist halt vom Konzept her mit den 600-ccm-Einheitsmotoren eine völlig andere Kategorie. Die Superbike-WM hingegen ist nicht so weit entfernt von der MotoGP, speziell wenn man die Rundenzeiten vergleicht. Es gibt Strecken, da existiert nicht viel Unterschied. Dazu kommt, dass ich mich nach fünf Jahren ganz gut auf die 1000-ccm-Motorräder eingestellt habe. Deshalb sagt mir mein Bauchgefühlt, dass die Superbike-WM ein bisschen interessanter wäre als eine Rückkehr in die Moto2.

Außerdem habe ich bei Aprilia die Vorteile eines Werksteams miterlebt und erlebe es jetzt noch mit. Da gibt es mehr Manpower, mehr Budget und so weiter. Deshalb reizt es mich, in einem Top-Superbike-Team anzutreten.

Ich will nicht behaupten, die Superbike-Teams haben sich um mich gerissen. Aber es haben gute Gespräche stattgefunden. Ich spüre, dass man mir in der Superbike-WM einiges zutraut.

Die Superbike-Manager sind überrascht, dass ein 26-jähriger MotoGP-Fahrer zum Umstieg bereit ist. Viele Vorgänger sind erst in höherem Alter umgestiegen, wenn ich an Checa, Melandri, Biaggi oder Hayden denke.

Die Situation im Aprilia-Werksteam hat schon Spaß gemacht. Das war eine gute Erfahrung. Aber wenn ich die Kategorie wechsle, ist das wieder ein Neuanfang, Werksteam hin oder her.

In einem Top-Superbike-Werksteam wie Honda oder Ducati werden Siege oder Podestplätze von dir erwartet. Das wird auch kein Spaziergang.

Es bestehen Aussichten auf Podestplätze, das macht es sicher interessant. Das ist mir lieber, als in der MotoGP-WM dauernd auf Startplatz 18 zu stehen. Ich denke ergebnisorientiert.

Honda bringt für die Superbike-WM ein neues Motorrad. Nicky Hayden hat dort einen Zwei-Jahres-Vertrag unterschrieben, der bis Ende 2017 läuft. Schwebt dir auch so etwas vor? Oder willst du dir für 2018 die Rückkehr in die MotoGP offen lassen?

Das ist alles noch offen und Verhandlungssache. Zuerst muss geklärt werden. ob ich mit Honda, Ducati, Yamaha oder Aprilia in die Superbike-WM gehe. Oder ob ich doch noch bei Avintia Ducati in der MotoGP weiter fahre.

Manche Fans versehen nicht, warum du die Avintia-Offerte nicht sofort annimmst. Immerhin ist bei diesem Team Héctor Barberá in der aktuellen WM-Tabelle Siebter – vor Aleix Espargaró und vor den Werkspiloten Iannone und Dovizioso.

Ich bin am Überlegen. Avintia Ducati ist der letzte Platz, der noch verfügbar ist. Das Team hat mir bis zum Sachsenring-GP Bedenkzeit gegeben. Es wird inzwischen sogar ein 2016-Bike angeboten. Bis Mitte Juli muss ich überlegen, welche Option für mich die Beste ist. Mein Teamkollege Alvaró Bautista wolle unbedingt in der MotoGP-WM bleiben. Dafür habe ich Verständnis, klar.

Anderseits treten 2017 in der MotoGP-WM sechs Werksteams an, dazu Spitzenteams wie Pramac Ducati, Tech3 Yamaha, Marc VDS Honda, LCR und so weiter. Hervé Poncharal hat sich kürzlich beschwert, weil seine Fahrer nächstes Jahr um Platz 13 streiten werden.

Wie gesagt: Ich denke ergebnisorientiert. Deshalb überlege ich den Umstieg in die Superbike-WM, wenn ich dort ein Team und ein Motorrad finde, mit dem ich berechtigte Chancen auf Top-3-Plätze habe.

Wenn Honda eine neue Fireblade bringt, ist das ein guter Zeitpunkt für einen Einstieg. Wir haben ja gesehen, wie rasch Honda in der Moto3-WM gewonnen hat, nachdem sie sich zum Bau einer Werksmaschine entschlossen haben. Und wie schnell sie 2016 in der MotoGP nach den schwachen Wintertests den Spieß umgedreht haben.

Du bist jetzt 26 Jahre alt. Angenommen, du bleibst mal zwei Jahre in der SBK: Wäre dann eine Rückkehr in die Königsklasse vorstellbar?

Das ist zu weit weg... Aber eine Rückkehr ist nicht ausgeschlossen. Wenn ich so schaue, dann sind Dovizioso, Crutchlow, Bautista und Pedrosa vier Jahre älter als ich, auch Lorenzo, Rossi ist mehr als zehn Jahre älter. Sie werden nicht mehr ewig fahren. Wenn der Erfolg bei den Superbikes passt, gibt es immer Mittel und Wege, in die MotoGP zurückzukehren. Ich habe in den zehn oder elf GP-Jahren gelernt, dass man in diesem Sport nichts ausschließen kann.

Aber ich konzentriere mich nicht auf die ferne Zukunft und darauf, was sich in zwei oder drei Jahren entwickeln könnte. Ich schaue nicht auf 2018 oder 2019, sondern ich konzentriere mich auf das Hier und Jetzt und auf das, was in der zweiten Saisonhälfte 2016 und 2017 auf mich zukommt. Der Rest wird sich ergeben.
Ich glaube, es gab in der Vergangenheit einige Superbike-Fahrer wie Edwards, Toseland und Hodgson, die auch keine Teenager mehr waren, als sie noch MotoGP-Verträge bekamen.

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