Randy Krummenacher (2.): Wie Márquez mit mehr Hirn
Wenige Minuten vor Rennstart schob das Team von Randy Krummenacher seine Yamaha R6 aus der Startaufstellung, statt von Platz 6 musste der Schweizer vom letzten Platz losbrausen.
Was ist passiert, fragte SPEEDWEEK.com beim 28-Jährigen nach. «Mein Benzinmann hat kein Benzin reingemacht, zum Nachtanken muss man außerhalb der Strecke sein», schilderte Krummi. «Ich bin der Dorna dankbar, dass sie in so einer seltsamen Situation ruhig blieben. Natürlich musste ich die Strafe schlucken und als Letzter starten.»
Der Zürcher Oberländer weiter: «Zum Glück hatte mein Chefmechaniker einen sechsten Sinn. Er machte den Tankdeckel auf und schaute rein, das hat er noch nie gemacht, und hat gesehen, dass Benzin fehlt. Er kann sich auch nicht erklären, weshalb er das gemacht hat. Der Benzinmann hat mir das Rennen vermiest, der Chefmechaniker hat es gerettet. Ich denke, der Mechaniker muss heute Abend mehr als das Bier bezahlen. Das war eine sehr schwierige Situation für mich. Ich spüre viel, ich habe sofort gemerkt, dass etwas nicht stimmt und habe gefragt. Dann ging der Teamchef und hat Benzin geholt, alle waren extrem nervös. Ich musste alle beruhigen. Ich sagte, dass wir jetzt einfach der Dorna zuhören, wir müssen vom Startplatz, geht raus, macht das Benzin rein und seid alle still. Letzte Position und los geht’s.»
Anschließend folgte das wahrscheinlich beste Rennen in Randy Krummenachers Karriere. In den ersten zwei Runden machte er 15 Plätze (!) gut, im Ziel fehlten ihm mickrige 0,291 sec auf Sieger Jules Cluzel vom NRT Yamaha.
«Das Motorrad war eine Waffe fürs Rennen», schmunzelte Krummi. «Ich habe versucht fokussiert zu bleiben, und das Motorrad jede Runde am Limit zu bewegen. Dann habe ich gemerkt, dass ich mehr im Köcher als die anderen habe und versuchte am Schluss sogar zu gewinnen.»
Alle haben damit gerechnet, dass dein finaler Angriff vor der letzten Schikane erfolgen wird, aber du hast dich für die Kurve davor entschieden. Warum? «Ich merkte, dass es dort aufgehen könnte. Aber Cluzel hat in die Linkskurve rein wirklich spät gebremst, die letzte Runde hat mir vielleicht doch ein bisschen was gefehlt. Ich habe das ganze Rennen alles gegeben und war in der letzten Runde nicht mehr so hellwach, wie ich das in einem normalen Rennen bin. Wäre ich etwas spritziger gewesen, hätte ich auch gewinnen können. Natürlich waren auch die Reifen ein Thema, aber mit dem Vorderreifen waren alle am Limit.»
Du hast es gleich gemacht wie Márquez im Argentinien-GP, der auch vom letzten Platz aus nach vorne stürmte, aber ohne Leute vom Motorrad zu fahren und ohne Rempeleien. Wie konntest du so ruhig und bedacht bleiben? Krummenacher: «Ich habe für mich als Rennfahrer die richtige Mischung gefunden. Ich war immer zu brav. Ich bin ein sehr fairer Fahrer, aber mit einer gewissen Aggressivität. Ich habe überholt, wenn es gepasst hat. Das ging alles gut auf. Mit zwei oder dreien brauchte ich etwas länger. In Assen ist es nicht so einfach zu überholen, weil es nicht so viele Anbremszonen gibt. In schnellen Kurven sind auch die, die zwei Sekunden pro Runde langsamer fahren, schnell. Da kann man nicht einfach außen herum fahren.»
Nach vier von zwölf Rennen ist Krummi WM-Zweiter und liegt nur einen Punkt hinter Weltmeister Lucas Mahias (GRT Yamaha). «Das funktioniert gut», grinste der Schweizer. «Imola liegt mir, Misano auch. Alles gut.»