Hilferuf: Kiefer Racing steht vor Scherbenhaufen
Lukas Tulovic, Jochen Kiefer und Thomas Gradinger (v.l.)
Von der Teamvereinigung IRTA erhielt der deutsche Traditionsrennstall Kiefer Racing für 2020 keinen Startplatz mehr in der Moto2-WM und entschied sich deshalb für den Wechsel in die Supersport-WM.
Von Promoter Dorna bekam das Team von Jochen Kiefer zwei Startplätze zugesprochen, Ende November wurden Lukas Tulovic und Thomas Gradinger als Fahrer verlautbart. Anfang Dezember war Kiefer beim Yamaha Austria Racing Team (YART) und bestellte die Motorräder für die Ende Februar in Australien beginnende Weltmeisterschaft.
Jetzt droht das gesamte Projekt zu scheitern.
«Kiefer hat das Budget nicht beisammen», sagte Tulovic-Manager Peter Bales gegenüber SPEEDWEEK.com, der auch dem Teamchef beratend zur Seite steht. «Jochen kämpft, aber er wird das mit dem Budget nur schaffen, wenn Yamaha und die Dorna mitmachen. Für die Sponsoren ist die Supersport-WM nicht so interessant wie Moto2 oder MotoGP – teilweise wurden die Budgets halbiert. Dadurch fehlt Jochen natürlich Geld. Die Sponsoren ziehen alle mit, aber nicht in den Höhen wie bislang. Jochen konnte vorab nicht wissen, wie die Sponsoren reagieren.»
Springt Yamaha Deutschland, Yamaha Europa oder Promoter Dorna nicht als Retter ein, verliert die deutsche Rennsportszene das erfolgreichste deutsche Team der letzten 20 Jahre. Kiefer Racing gewann mit Stefan Bradl (Moto2) und Danny Kent (Moto3) zwei WM-Titel.
Oder durch den Hilferuf finden sich neue Partner, die den Wert von Kiefer Racing erkennen.
Teamchef Jochen Kiefer gehört zu einer aussterbenden Art: Er nimmt ein Projekt erst dann in Angriff, wenn er vor der Saison das gesamte Budget gesichert hat. Viele WM-Teams sichern vor der Saison nur einen Teil davon und treiben während der Saison den Rest auf.
«Betriebswirtschaftlich ist das nachvollziehbar und sauber von Kiefer, aber das macht kaum ein Team», bemerkte Bales. «Das ist momentan der Knackpunkt, wir wissen gar nicht, ob Yamaha oder die Dorna mit ins Boot müssten. Aber Jochen startet nicht, wenn er nicht das gesamte Geld vorab zusammen hat. Den Mechanikern, Sponsoren, Partnern und der Dorna gegenüber ist das sehr seriös.»
Wird Kiefer Racing nicht in letzter Sekunde von einem potenten Partner oder Gönner gerettet, stehen auch die Fahrer Gradinger und Tulovic vor dem Nichts. «Wir haben keinen Plan B für sie», unterstrich Bales.
Während Tulovic zumindest seinen Startplatz in der MotoE sicher hat, wäre Gradinger tatsächlich arbeitslos. Sein Manager Andi Ledermann spricht derzeit mit diversen Teams aus der Supersport-WM, ob der talentierte Österreicher doch noch woanders unterzubringen wäre, sollte der GAU eintreten.
Es ist höchste Eile geboten: Am 22. Januar beginnen in Jerez die Wintertests, bereits am letzten Februar-Wochenende ist auf Phillip Island Saisonstart. Nur die Europa-Rennen zu bestreiten ist keine Option, weil auch dafür das derzeitige Budget nicht reicht.