DTM-Wirbel: Rast erklärt Push-to-Pass-«Märchen»
René Rast und Nico Müller
Gerhard Berger konnte es von Anfang an nicht glauben. René Rast vergisst es, die Push-to-Pass-Funktion zu nutzen? «Das ist Blödsinn. Ein harter Arbeiter wie Rast, ein Perfektionist, der 24 Stunden DTM denkt und stets danach trachtet sich zu verbessern, der vergisst im Rennauto nichts», sagte Berger SPEEDWEEK.com.
Rast hatte das nach dem elften Saisonrennen in Brands Hatch behauptet, wie auch schon beim Auftakt in Hockenheim. Es war in der Tat kurios.
Denn der 32-Jährige hing nach einer Aufholjagd seinem BMW-Konkurrenten Marco Wittmann zwar im Heck, ging aber nicht vorbei. Den Überholknopf Push-to-Pass, der kurzzeitig 30 PS mehr ermöglicht, setzte er aber nicht ein.
«Im Eifer des Gefechtes vergisst man das schnell. Daher habe ich leider nur DRS genutzt. Beim nächsten Mal werde ich daran denken», sagte Rast.
Bedenkt man, dass er im Ziel 0,3 Sekunden Rückstand auf den Sieger Marco Wittmann hatte, kann man sich ausrechnen, was möglich gewesen wäre. Auch wenn Wittmann nicht zu Unrecht einwarf: «Heranfahren ist hier das eine, überholen das andere.»
Rast erklärte nun, dass die Nummer mit der Vergesslichkeit offenbar ein Märchen war. Vielmehr hatte bereits die Erklärung von Audis Motorsportchef Dieter Gass nach dem Wirbel um die Stallorder im zwölften Saisonrennen angedeutet, dass Audi aus Gründen der Motorenhaltbarkeit auf den Einsatz verzichtet. Gass hatte dabei den Einsatz vor allem gegen die Konkurrenz aus dem eigenen Lager als unnötig bezeichnet.
«Warum sollte ich, wenn ich einen zweiten Platz sicher habe, in diesem Moment einen Motorschaden riskieren?», sagte Rast im Hinblick auf seine «Vergesslichkeit» gegen Wittmann.
Man habe schon öfter gesehen, dass die Motoren in diesem Jahr am Limit seien, so Rast: «Wir haben unsere Motoren auf die Nennleistung ausgelegt. Im Endeffekt nutzt man Push-to-Pass obendrauf. Man hat über den Winter damit wenig getestet und deshalb besteht immer die Gefahr, dass diese 30 PS auf die Standfestigkeit gehen.»
Es hätte deshalb schon vorher auffallen müssen, dass Audi kein Push-to-Pass gegeneinander benutzt, denn das sei nicht erst seit Brands Hatch der Fall, so Rast: «Dass man dann sagt, wir nutzen kein Push-to-Pass, weil wir uns nicht gegenseitig überholen wollen, ist falsch. Wir machen das aufgrund der Motorenlanglebigkeit.» Warum er dann zweimal erzählte, er habe es vergessen, erklärte er nicht.
Es ist aber tatsächlich so, dass zuletzt vor allem BMW Probleme mit den Motoren hatte. Die Münchner hatten in Brands Hatch aus Zuverlässigkeitsgründen die Öffnung der Verplombung dreier zusätzlicher Motoren beantragt. Dafür wurden die drei besten BMW im Samstagsrennen nicht für die Herstellerwertung gewertet.
Audi war zuletzt nach anfänglichen technischen Problemen (die auch Rast bei zwei Ausfällen in den ersten drei Rennen trafen) besser aussortiert. Bei der Vorstellung des neuen Vierzylinder-Turbomotors in Neuburg im März hatten die Verantwortlichen erstmals vor der Belastung durch den Zusatz gewarnt, da Push-to-Pass nicht von Anfang an geplant und in die Entwicklung des Aggregats eingebunden war.
Push-to-Pass gibt es seit dieser Saison, eine Reaktion auf den neuen Heckflügel, dessen DRS-Wirkung nicht mehr so groß ist wie in der Vergangenheit. Das sollte durch Push-to-Pass aufgefangen werden, als zusätzliche Überholhilfe. Die Betonung liegt dabei auf Hilfe. Denn was der Name falsch rüberbringt: Man drückt den Knopf nicht und kann sofort zu einem Überholmanöver ansetzen.
Laut Rast steht immer die Frage über allem: «Wie viel Nutzen habe ich dadurch?» Rast: «Je nach Strecke gewinnt man dadurch nur ein paar Hundertstelsekunden. Ich glaube, das wird den Leuten falsch verkauft. Dadurch wird kein Überholmanöver garantiert, sondern man kommt näher an den Vordermann ran. Da muss man seine Ressourcen gut einteilen.»