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Doppel-Krise: Rosberg-Teamchef der DTM-Pechvogel

Von Andreas Reiners
Kimmo Liimatainen hat erst am 1. Februar das Ruder als Teamchef beim Meisterteam Rosberg übernommen. Seitdem traf den Rennstall erst die Coronakrise und dann auch noch der Audi-Ausstieg. Doch der Finne blickt nach vorne.

Kimmo Liimatainen muss lachen, als die Frage kommt. Klar: Es ist eine dicke Portion Galgenhumor dabei, aber auch Trotz, eine positive Grundeinstellung. Was definitiv keine schlechte Eigenschaft in diesen Zeiten ist.

Ist er einer der großen Pechvögel der DTM und fragt er sich manchmal, was er verbrochen hat?

«Der Gedanke kommt schon mal, aber ich bin nicht der Typ, der den Kopf in den Sand steckt. Es bringt nichts, jetzt rumzuheulen. Ich muss versuchen, das Beste aus der Situation zu machen», sagte der Finne im Gespräch mit SPEEDWEEK.com.

Für den neuen Teamchef des DTM-Meisterteams Rosberg lief in den vergangenen Wochen so viel schief – die Rückschläge kamen geballt und komprimiert.

Bescheidenes Timing

Am 1. Februar übernahm Liimatainen offiziell den Teamchef-Job von Arno Zensen, der sich nach 25 Jahren in den Ruhestand verabschiedet. Kurz danach kam die Coronakrise mit voller Wucht, seine 22 Mitarbeiter musste er in Kurzarbeit schicken. Ende April folgte dann der von Audi für nach der Saison 2020 angekündigte Ausstieg aus der DTM.

Was für ein unfassbar bescheidenes Timing.

Doch Liimatainen schaut nach vorne. Was hilft: Er hat bei Rosberg schon eine Menge erlebt, fing bei dem 1994 von Ex-F1-Weltmeister Keke Rosberg gegründeten Rennstall 1999 an, damals noch als Fahrer.

Seitdem ist er bis auf ein Jahr Unterbrechung (2001) dabei, seit 2003 als Teammanager für diverse Projekte wie die Formel 3, Formel BMW, A1-GP, GT3 und schließlich die DTM. Seit 2006 ist Rosberg Werksteam von Audi. 2017 und 2019 feierte die Mannschaft aus Neustadt an der Weinstraße die größten Erfolge, als René Rast den Fahrer- und Rosberg den Teamtitel holte.

Keine Frage: Die Sorge um die Zukunft, sie ist da.

«Das ist aber auch normal. Die Motorsport-Welt war nie sicher, weshalb ich vielleicht ein wenig abgehärtet bin», sagte er. Auch wenn eine Krise wie durch das Coronavirus für alle neu ist.

Hinzu kommt: Zensen hat ihn gut vorbereitet in den letzten Jahren. «Ich habe Schritt für Schritt von ihm übernommen. Was ich von ihm lernen kann ist die Ruhe, die Abgeklärtheit. Er ist öfter auf die Schnauze gefallen und hat schwierige Zeiten erlebt. Er weiß, wie man Ruhe reinbringt und ausstrahlt. Das versuche ich auch, vor allem für mein Team», sagte er. Ohne Frage ein guter Mix für den Kampf um eine Zukunft.

Unter dem Strich war die Audi-Entscheidung für Liimatainen ein Schock, aber aufgrund der Gesamtsituation keine große Überraschung mehr. Zum einen traf Corona den Autobauer hart, zum anderen soll in Zukunft der Fokus noch mehr auf Elektromobilität gelegt werden.

«Die Welt geht in die Richtung Elektromobilität. Das muss man akzeptieren. Ich hätte es gerne anders gesehen», sagte er. Das Thema Elektromobilität findet er persönlich «schwierig. Es wird viel diskutiert, ob das der richtige Weg ist oder ob es keine Zukunft hat. Da gibt es noch Fragezeichen für mich. Aber die Hersteller sind natürlich nach ihren Analysen tiefer im Thema drin als ich.».

Das große Fragezeichen

Das größte Fragezeichen steht jedoch hinter der Zukunft des Teams: Wie geht es weiter?

Antworten inmitten der Coronakrise zu finden ist die Herausforderung, denn natürlich weiß niemand, wie der Motorsport danach aussehen wird. Welche Teams überleben, welche Serien? Wo kann ein Traditionsteam einen Platz finden? Heißt: «Man muss verschiedene Konzepte analysieren und schauen, ob davon etwas funktioniert. Etwas Neues finden: Das ist das Wichtigste», so Liimatainen.

Mit Audi werden Gespräche geführt, ob es als Werksteam Alternativen gibt. Die DTM ist im Moment das einzige Standbein, Ende 2018 hatte man sich dazu entschieden, das GT-Programm einzustellen. Nicht nur deshalb wäre es immens wichtig, dass 2020 noch gefahren wird, und das so schnell wie möglich. Liimatainen weiß: «Ohne Saison wird es schwer, sonst fehlen wichtige Umsätze.»

Nicht machbar, weil zu teuer

Und danach? Was die DTM angeht, ist Liimatainen skeptisch. «Ich hoffe, dass es nicht vorbei ist. Aber in dieser Konstellation mit den Class-1-Autos ist es wahrscheinlich nicht machbar, weil es zu teuer ist», sagte der 41-Jährige.

Fünf bis sechs Millionen Euro müsste Rosberg als Privatteam aufbringen, um den Einsatz von zwei Autos in der DTM zu finanzieren. WRT macht das seit 2019 erfolgreich, «doch wer soll das finanzieren?», fragt Liimatainen: «Das WRT-Paket hat funktioniert. Aber der Fahrer, der Geld mitbringt, hat auch eine Vision, einen Plan wie zum Beispiel einen Werksvertrag. Doch wenn es diese Möglichkeit nicht mehr gibt, ist es dann noch interessant? Das ist die Frage. Und wer hat heute einen Sponsor, der das Geld bringt? Vor allem in dieser Coronakrise?»

Und auch bei einem GT3-Modell wie vom ehemaligen DMSB-Präsidenten Hans-Joachim Stuck vorgeschlagen stellt sich die Frage nach den Finanzen. «GT3-Autos haben wir gemacht, und das war schon eine Materialschlacht. Man kommt immer wieder auf das Finanzielle zurück. Hinzu kommt: Ein GT Masters gibt es ja auch bereits. Wir müssen abwarten, was die ITR plant und dann analysieren, ob es für uns Sinn macht. Ausgeschlossen ist für uns nichts.»

Er betonte, dass man nicht alles schwarz sehen dürfe. Doch positive Einstellung hin oder her: «Realistisch sollte man schon sein.»


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