Sebastian Vettel (Ferrari): Nach Baku zweiter Fehler
Der Engländer Martin Brundle (58), Sportwagenweltmeister 1988, in 158 Grands Prix mit allen Wassern gewaschen, meint zum Singapur-GP in seiner Kolumne für die britische Sky: «Ich habe meine Meinung seit der Rückreise nicht geändert. Das war jetzt der zweite Fehler von Sebastian Vettel nach Baku, eine grobe Fehleinschätzung der Situation. Eine, die ihn vielleicht sogar den Titel kostet.»
Der Le-Mans-Sieger von 1990 sagt weiter: «Ich kann mich noch daran erinnern, wie wir vor zehn Jahren nach Singapur gereist sind und einen Beitrag gedreht haben zum Thema: Was passiert eigentlich, wenn es mal regnet? Wie ist dann die Sicht in der Nacht unter diesen 1600 Lampen? Das haben wir nun ansatzweise herausgefunden.»
«Ohne Streckenkenntnis auf nasser Bahn mit Intermediates oder mit Regenreifen in einen solchen Grand Prix zu gehen, das qualifiziert alle 20 Piloten für mich zu Helden. Die Fahrer hatten keinen Schimmer, wie gut sie vom Startplatz wegkommen würden, und jeder wusste – Überholen ist hier schwierig, es ist ganz wichtig, die Position zu behaupten oder zu verbessern.»
«Vettels Start war mittelmässig, jener von Verstappen war besser, aber der Start von Kimi Räikkönen war perfekt. Ich habe diese Autos gefahren und darf sagen: Du kannst die Rückspiegel in so einer Situation gleich mal vergessen. Bei der Gischt siehst du nichts, zudem sind deine Augen auf die Linie und den optimalen Bremspunkt in die erste Kurve hinein fixiert, auf nasser Bahn ist hier der richtige Moment eher Gespür als Wissen.»
«Vettel konnte nicht wissen, dass ganz links Räikkönen dahergeprescht kommt, als er sich nach links tragen liess, um sich gegen Verstappen zu verteidigen. Aber gleichzeitig darf er nicht annehmen, dass dort niemand ist. Verstappen hatte gar nicht mehr die Möglichkeit, die Kettenreaktion zu verhindern. Zudem strebte er an, die Führung zu übernehmen. Von keinem Rennfahrer würde ich erwarten, dass er solche eine Chance in Singapur preisgibt. Das Gleiche gilt auch für Kimi Räikkönen.»
«Wenn die Rennkommissare dann entscheiden, dass es sich um einen typischen Startunfall handelte, bei dem die Schuld nicht eindeutig zugeordnet werden kann, dann ist das für mich in Ordnung. Wenn wir dennoch mit dem Finger zeigen müssten, dann weise ich auf das aggressive Verteidigen von Vettel hin. Er hätte dem Risiko einer Kollision entgehen müssen, auf die Gefahr hin, dieses Rennen nicht anzuführen.»
«Für mich hat Lewis Hamilton jetzt eine Hand an der WM-Trophäe. Denn nicht nur geniesst der Engländer 28 Punkte Vorsprung. Er steht auch in Sachen verbrauchter Motorteile besser da. Sebastian Vettel kann das noch drehen. Aber er benötigt dazu an den restlichen sechs GP-Wochenenden ein schnelleres Auto, perfekte Leistungen, ein wenig Pech von Mercedes und einen Räikkönen, der Hamilton Punkte wegnimmt. All das ist durchaus möglich.»
«Aber Hamilton und Mercedes fahren in beneidenswerter Form. Lewis hat von den letzten zehn Rennen sechs gewonnen, er war in allen Grands Prix seit der Sommerpause siegreich, und sie haben nun ausgerechnet bei ihrem Angst-GP in Singapur triumphiert. Hamilton scheint auch das Glück auf seiner Seite zu haben.»