Folter und Mord in Indien: Vijay Mallya will Schutz
Vijay Mallya
Der indische Geschäftsmann und Mitinhaber des Force-India-Rennstalls Vijay Mallya versucht mit allen Mitteln zu verhindern, dass er nach Indien ausgeliefert wird. Die Anhörung des Falles am Amtsgericht Westminster ist auf Montag, 4. Dezember festgelegt.
Worum geht es? Der Oberste Gerichtshof von Indien ist im Mai 2017 zum Urteil gekommen, der Unternehmer Vijay Mallya habe eine Anweisung des Gerichts missachtet. Ihm war verboten worden, 40 Millionen Dollar aus einer Abfindung des Getränkekonzerns Diageo an seine Kinder zu überweisen. Stattdessen hätte das Geld gemäss Anordnung des Gerichts zum Abbau des gewaltigen Mallya-Schuldenbergs verwendet werden müssen.
Mehr als ein Jahr hatte das Kräftemessen zwischen dem Diageo-Konzern und Mallya im Ringen um die Kontrolle über die milliardenschwere «United Breweries Group» gedauert. Schliesslich zog sich Mallya aus der Führungsriege zurück. Diageo musste ihm für seinen Rückzug 75 Millionen Dollar bezahlen. Was Mallya noch viel wichtiger war: Der Konzern verzichtete darauf, dem 61jährigen Inder finanzielle Unregelmässigkeiten, die bei internen Untersuchungen angeblich aufgetaucht waren, weiter zu verfolgen. Mallya selbst zeigte sich zufrieden. Das Erbe seiner Kinder sei gesichert, ausserdem plane er ohnehin, seine Zukunft in England zu verbringen.
Nachdem eine Gruppe von 17 Banken (mit der «State Bank of India» als Anführer) das Höchste Gericht von Neu-Delhi gebeten hatte, den indischen Unternehmer Vijay Mallya verhaften zu lassen und seinen Reisepass sicherzustellen, musste General-Staatsanwalt Mukul Rohatgi kurz darauf zugeben – leider zu spät, der Unternehmer hatte das Land bereits anfangs März verlassen. Und zwar komplett legal. Die Entrüstung unter den Gläubigern war gross: Wie konnte es passieren, dass man sich den Mitbesitzer des Force-India-Rennstalls durch die Lappen gehen liess? Finanzminister Arun Jaitley in der Zeitung «The Hindu»: «Die Banken hätten viel früher bei den Behörden vorstellig werden müssen, um zu ihrem Geld zu kommen.»
Mallya hatte sich für seine Kingfisher-Airline sehr viel Geld geliehen, die Rede ist von einer Milliarde Euro. Es ist also kein Wunder, dass die Bank Ansprüche beispielsweise auf jene Abfindung Mallyas erhebt, die ihm seitens Diageo zugesprochen worden ist.
Vijay Mallya: Angst vor Folter und Mord
Am 18. April 2017 stellte sich Mallya in England, der Druck war ihm offenbar zu gross geworden. Der Haftrichter des Amtsgerichts Westminster legte eine Kaution in Höhe von 650.000 Pfund fest (773.000 Euro), die Mallya bezahlte. Der Force-India-Mitbesitzer ist nur deshalb auf freiem Fuss, weil er das Land ohnehin nicht verlassen kann: kein Reisepass.
Mallya gibt zwar zu, dass er verschiedenen Banken einen Betrag im Bereich von umgerechnet 710 Millionen Euro schulde, aber er beteuert bis heute, er habe nichts falsch gemacht und werde für seine Schulden geradestehen. Wie er das genau machen will, hat er nie thematisiert.
Am 8. Februar 2017 ist aus Indien offiziell ein Auslieferungsantrag eingegangen. Seither liegt der Ball bei Grossbritannien. Bis zum 4. Dezember.
Gemäss der «Times of India» haben die Anwälte von Mallya beim Londoner Gericht nun darum gebeten, von einer Auslieferung abzusehen. Denn Mallya fürchte um sein Leben. Folter und Mord gehörten in indischen Gefängnissen zur Normalität, so sei Manjula Shetye im Gefängnis von Byculla umgebracht worden. Der Tod der 41jährigen Shetye hatte über die Grenzen Indiens hinaus Schlagzeilen gemacht. Sie soll am 23. Juni von Gefängniswärtern zu Tode geprügelt worden sein. Sie sass wegen Mordes an ihrer Schwägerin hinter Gittern.
Die Rechtsvertreter von Mallya werden vor Gericht beantragen, auf die Auslieferung Mallyas zu verzichten. Seitens des britischen Gerichts soll es bereits eine Antwort geben: Eine Auslieferung an Indien sei an die Bedingung geknüpft, dass Mallya sicher an Leib und Leben untergebracht sei.
Sollte Mallya wirklich zurück nach Indien müssen, erwartet ihn eine ganze Serie von Prozessen, Kern ist der Konkurs seiner früheren Fluggesellschaft Kingfisher 2012. Die Altlasten dieser Milliardenpleite sind bis heute nicht aufgeräumt. Aber es geht nicht nur um Schulden, es geht auch um den Vorwurf des Betrugs und der Geldwäscherei.