Faule Ausreden: Red Bull Racing verhöhnt sich selber
Schein und sein: Red Bull Racing nimmt sich selber ein wenig auf die Schippe
In der Formel 1 scheint unter den Rennställen das Motto zu herrschen: Ja nichts Falsches sagen! Denn Fans und Fachleute haben ein sehr gutes Gedächtnis. So hatten beispielsweise Honda-Rennchef Yasuhisa Arai und McLaren-Chef Ron Dennis zu Beginn der angeblichen Traumehe McLaren-Honda 2015 wissen lassen: «Messt uns nicht daran, wo wir beim Saisonbeginn in Australien sind, messt uns daran, wo wir zum Schluss der Saison sein werden.» Leider lautete die Antwort: hinten. Im September 2017 zog McLaren-Direktor Zak Brown die Reissleine, Scheidung von Honda – Ron Dennis war da schon längst entmachtet.
Weil einem vollmundige Ankündigungen später gnadenlos vorgehalten werden, flüchten sich die meisten Teamchefs und Fahrer in höfliche Worthülsen der Nicht-Information. Fast alle sprechen nach einem Training von «einem positiven Tag». Auch wenn das eigene Auto nach einem Crash ein Trümmerhaufen ist. Ein Motorschaden wird gern mal totgeschwiegen. Vielleicht merkt’s ja keiner.
Alle verströmen immer verhaltenen Optimismus. Wer 2017 keine oder wenige Punkte holte, will 2018 regelmässig punkten. Wer 2017 regelmässig gepunktet hat, spricht von Podesträngen. Von Siegen traut sich abgesehen von Mercedes, Ferrari und Red Bull Racing freilich keiner zu reden. Kein Wunder – seit 2013 und Kimi Räikkönen in Melbourne haben nur noch diese drei Rennnställe gewonnen! Kimi sass damals in einem Lotus-Renault.
Oft ist davon die Rede, dass es am folgenden Tag besser laufen soll. Stoppt die Druckpresse! Eine verblüffende Feststellung wäre mal, wenn jemand zugeben würde, dass es am nächsten Tag erneut Kriechgang geben wird. Das ist wie die Feststellung eines Athleten, er werde alles geben. Entschuldigung, aber bei flottem Jetset-Leben und einem der besten Arbeitsplätze der Welt erwarte ich nichts Anderes. Oder er freue sich auf (wahlweise) Abschlusstraining oder Rennen. Das will ich doch hoffen. Sonst hätte er den falschen Job.
Red Bull Racing hebt sich gerne ein wenig ab. Da darf es zwischendurch auch mal eine erfrischende Prise Selbstironie sein. Und so zieht sich RBR in Australien selber durch den Kakao, als uns übersetzt wird, was die Teams uns jeweils mit gewissen Aussagen wirklich mitteilen wollen.
Also dann.
«Der Wagen ist noch in einem sehr frühen Stadium der Entwicklung.»
(Wir haben ein wirklich grottenschlechtes Auto gebaut und haben keine Ahnung, was wir damit anstellen sollen.)
«Wir hatten eine kleine technische Angelegenheit, die ins zwischendurch am Fahren hinderte.»
(Feuer! Feuer! Feuer! Alle Mann in Deckung!)
«Die Probleme haben uns an der Vorbereitung nicht gehindert.»
(Besser als jetzt wird es nicht mehr.)
«Die Zeiten von Freitag sind nicht aussagekräftig.»
(Die Zeiten sind überaus aussagekräftig, und am Samstag werden wir nicht über Quali 1 hinauskommen.)
«Das Feedback unseres neuen Fahrers XYZ ist exzellent.»
(Oh Gott, der Kerl ist nicht nur langsam, er ist auch blöd. Immerhin ist er reich.)
«Offenbar gibt es Raum für Verbesserungen.»
(Es gibt keine Chance auf Besserung.)
«Wir versuchen noch immer, die Reifen zu verstehen.»
(Wir verstehen die Reifen nicht und werden es auch nie.)
«Die Leistungsdichte im Mittelfeld ist sehr hoch.»
(Wir werden WM-Neunter.)
«Die Strecke von Melbourne ist nicht repräsentativ.»
(In Barcelona werden wir noch schlechter sein.)